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«Friseneit ist nur eines von vielen Puzzleteilen»

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Ende September will der Kanton Freiburg den kantonalen Richtplan – ein 700-seitiges Dokument darüber, wie sich der Kanton bis 2035 entwickeln soll – dem Bund zur Genehmigung vorlegen. Bevor dies geschieht, ist das Dossier Thema im Grossen Rat – auch wenn die Grossrätinnen und Grossräte den Bericht nur zur Kenntnis nehmen und nicht darüber abstimmen können. Aus Sensler Sicht ist die überraschende Streichung des neuen Autobahnzubringers in Friseneit bei Bösingen ein zentraler Punkt. Dieses Projektblatt hatte der Sensler Gemeindeverband Region Sense eingereicht, und es ist auch Bestandteil der regionalen Richtplanung Sense, die der Kanton 2014 bewilligt hat. Baudirektor Jean-François Steiert (SP) bezieht Stellung.

Jean-François Steiert, verstehen Sie, dass die Region Sense enttäuscht ist über den Entscheid, Friseneit auszuklammern?

Ich habe teilweise Verständnis dafür. Aber in der Vernehmlassung haben sich mehrere Sensler Gemeinden gegen die Idee Friseneit geäussert. Schmitten zum Beispiel war gegen die Variante, die in der Verkehrsstudie Sense-Unterland propagiert wurde. Ich habe das Thema mit verschiedenen Sensler Grossräten diskutiert und bin mit ihnen einig, dass es eine Gesamtsicht der Mobilität braucht, für den Kanton im Allgemeinen und für den unteren Sensebezirk inklusive des oberen Seebezirks im Speziellen. Friseneit ist nur ein Puzzleteil eines Ganzen. Es gibt auch andere Ideen und Szenarien, etwa eine Ausfahrt Fillistorf oder gar eine Teilausfahrt in Bundtels. Erst wenn klar ist, welche Variante was für Auswirkungen auf die Mobilität hat, kann ich weiterplanen. Die letzte Studie von 2009 ist nicht mehr aktuell.

Das heisst, dass Sie eine neue Studie in Auftrag geben?

Diese interne Studie ist bereits in Auftrag. Ich brauche mehr Fakten, um dann mit den verschiedenen Partnern auf kommunaler, kantonaler und Bundesebene zusammenzusitzen und eine Lösung zu suchen. Es gibt viele Visionen, wie diese aussehen könnte, aber noch nichts Konkretes.

Bis wann sollen die Resultate dieser Studie vorliegen?

Wir sollten im nächsten Frühjahr über Resultate verfügen.

Aber warum genau hat der Kanton die Autobahnausfahrt Friseneit aus dem Richtplan herausgenommen?

Es gibt mehrere Gründe, formelle und taktische. Wenn alle Sensler Gemeinden geschlossen für Friseneit gewesen wären, hätte die Sache vielleicht anders ausgesehen. Man weiss heute, dass es 20 bis 25  Jahre dauert, bis ein neuer Autobahnanschluss umgesetzt ist, dies vor allem deshalb, weil das Nationalstrassennetz so angelegt ist, dass nicht zu viele zu dicht aufeinanderfolgende Ausfahrten erwünscht sind. Das zeigt, wie komplex so ein Projekt ist. Deshalb braucht es dafür eine Region, die einstimmig dahintersteht. Welche Lösung auch immer man verfolgt, wenn selbst die direkt betroffenen Gemeinden – Düdingen, Schmitten, Bösingen und Wünnewil-Flamatt – nicht eine gemeinsame Position vertreten, wäre es schwierig, diese durchzusetzen.

Und was sind die taktischen Gründe?

Wir wissen, dass das Bundesamt für Strassen gegen das Projekt Friseneit ist. Wir werden unseren Richtplan nun Ende September beim Bund einreichen und vom Bundesrat genehmigen lassen. Wenn Teilbereiche wie zum Beispiel Friseneit mit bundesrätlichen Argumenten abgelehnt werden, dann wird es bei einem späteren Versuch schwierig, dieses oder ein ähnliches Projekt bei einer Richtplanrevision wieder aufnehmen zu lassen. Ein bundesrätlicher Bericht, der sich explizit gegen ein bestimmtes Projekt ausspricht, hätte bei einem späteren Entscheid zu grosses Gewicht gehabt.

Doch die Idee eines neuen Autobahnzubringers Friseneit war auch bereits Teil des regionalen Richtplans Sense, den der Kanton bewilligt hat. Ist das nicht ein Widerspruch?

Faktisch vielleicht ja, doch der Entscheid des Kantons entspricht unserer Rechtsordnung: Der Kanton ist die den Gemeinden übergeordnete Ebene und kann deren Entscheide revidieren. Wie gesagt: Es wäre ein Fehler gewesen, dies nicht zu korrigieren, da es für die Gesamtgenehmigung des Richtplans und vor allem für die Genehmigung einer neuen Autobahnzufahrt mehr geschadet als genützt hätte.

Was sagen Sie kritischen Geistern, die finden, dass Deutschfreiburg bei der Verkehrserschliessung zu kurz kommt?

Der Kanton mit seinen sieben Bezirken ist wie eine grosse Familie mit sieben Kindern – da hat jedes hin und wieder das Gefühl, zu kurz zu kommen. Alle Gemeinden haben ihre Probleme. Fragen Sie mal im Vivisbachbezirk oder in der Broye, ob man dort nicht der Meinung sei, Düdingen werde bei der Bahn bevorzugt behandelt. Als Staatsrat ist es unsere Aufgabe, Prioritäten zu setzen und zu entscheiden, welche Projekte mit den zur Verfügung stehenden Steuerfranken umgesetzt werden. Gerade in der Region Düdingen haben wir in den letzten Jahren in Bezug auf den öffentlichen Verkehr viel erreicht.

Sie sprechen den geplanten Viertelstundentakt in der Agglomeration Freiburg und den Halbstundentakt auf den Linien der Freiburger S-Bahn an?

Ja. Wenn das bis 2026 umgesetzt ist, wird Düdingen zum zweitbedeutendsten Bahnstandort im Kanton. Ein gutes Angebot im öffentlichen Verkehr hat weitreichende Wirkung: Es zieht mehr Leute zum Wohnen an und macht die Region als Arbeitsort attraktiver. Unter diesem Gesichtspunkt ist auch die Verbindungsstrasse Birch–Luggiwil zu sehen. Wir haben den Bundesämtern für Strassen und Raumplanung in mehreren Gesprächen erläutert, dass es hier nicht einfach nur um ein kleines Stück Strasse geht, sondern darum, die Arbeitszone von kantonaler Bedeutung richtig zu erschliessen. Früher ist man davon ausgegangen, dass dort grosse Industriehallen zu stehen kommen. Heute sind gute Arbeitsplätze auch im Dienstleistungssektor zu finden – um solche Unternehmen ansiedeln zu können, müssen Gebiete gut an den öffentlichen Verkehr angeschlossen sein.

Die Gemeinde Wünnewil-­Flamatt, die seit Jahren mit Verkehrsproblemen in Flamatt kämpft, hat sich darüber geärgert, in der Presse über den Entscheid des Staatsrats informiert worden zu sein.

Es war eine Frage der Verhältnismässigkeit. Der Zeitplan, um den Richtplan rechtzeitig fertigzustellen, war sehr eng. Ich musste die Prozesse massiv beschleunigen und intern zusätzliche Leute daran setzen, um ihn einhalten zu können. In der Vernehmlassung kamen 500 Seiten an Bemerkungen zusammen. Sehr viele Änderungen haben wir aufgenommen und sind dafür mit fast einem Drittel aller Gemeinden zusammengekommen. Innerhalb von drei Wochen ist eine neue Fassung des 700-seitigen Dokuments ausgearbeitet worden. Wesentliche Änderungen haben wir mit den Gemeinden besprochen. Alle anderen haben wir schriftlich informiert. Dies geschah aus Zeitgründen parallel zur Medieninformation. Jede einzelne Gemeinde vorher zu informieren wäre angesichts der sehr kurzen Zeit unverhältnismässig gewesen.

Wie sieht für Sie die ideale Verkehrserschliessung aus?

Sie umfasst nicht nur Strassen und Bahnlinien. Es braucht vielmehr eine Gesamtsicht: Wir müssen heute so bauen, dass eine effiziente Mobilität auch für unsere Nachfahren möglich ist. Der Kanton wächst, es werden in den nächsten Jahren auf demselben Gebiet immer mehr Leute unterwegs sein. Ich hoffe, dass man 2050 nicht über uns sagt: Wer hat dieses Chaos verbrochen? Mit dem Richtplan 2035 müssen wir weiter denken, als wir Politiker das normalerweise tun. Es ist unsere politische Verantwortung, unser Gebiet nach heutigem Wissensstand so zu organisieren, dass auch in Zukunft eine möglichst hohe Lebensqualität erreicht werden kann. Doch die Auffassung darüber, was gute Lebensqualität ausmacht, befindet sich im Wandel. Früher war es der Traum vom Eigenheim im Grünen. Heute denken die Jungen anders, und Städter empfinden oft eine verdichtete Bauweise – wie sie zum Beispiel im Burgquartier seit 500  Jahren besteht – längst als qualitativ gute Lebensumgebung.

Der Platz ist beschränkt. Heisst das, dass der öffentliche Verkehr gefördert werden soll, damit weniger Autos unterwegs sind?

Wir müssen die Mobilität von morgen sinnvoll und effizient planen, ohne das Auto gegen den Bahnverkehr oder den Langsamverkehr auszuspielen. Vielmehr gilt es, jenes Fortbewegungsmittel dort einzusetzen und zu fördern, wo es am sinnvollsten oder effizientesten ist. Wer in Zollhaus wohnt und in Domdidier arbeitet, braucht nun mal das Auto. Wer aber im Zentrum von Düdingen wohnt und im Wankdorf seinen Arbeitsplatz hat, kann gut mit dem Zug fahren.

Und auch den Langsamverkehr gilt es nicht zu vergessen?

Genau, der Langsamverkehr ist in unserem Kanton unterdurchschnittlich vertreten. Das hängt auch mit der Topografie zusammen, doch heute, im Zeitalter der E-Bikes, spielt das weniger eine Rolle. Auch die Einstellung der Leute ändert sich. Verlegte man früher sportliche Betätigung wie etwa Joggen oder den Gang ins Fitnessstudio in die Freizeit, so kombinieren das heute viele mit dem Arbeitsweg: Sie fahren mit dem Velo zur Arbeit. Das ist momentan ein kleiner Anteil, aber wenn diese potenziell 10 bis 20  Prozent dafür nicht mit dem Auto oder der Bahn unterwegs sind, entlastet das die entsprechenden Strecken. Jeder ins Velo investierte Rappen ist sehr gut angelegt.

Immer wieder mal hört man die Kritik, dass Freiburg autolastig plant und baut. Stimmen Sie dem zu?

Wenn man die Anzahl Fahrzeuge pro Einwohner nimmt, stimmt das wohl. Das hat aber auch mit unserer ländlichen Struktur und der Zersiedelung zu tun. Es gibt viele kleine Siedlungen, die weit weg von Dorfzentren und damit vom Anschluss an den öffentlichen Verkehr sind. Auch hier spielt die Raumplanung eine Rolle: Neue Wohnzonen sind an die Anbindung an den ÖV gekoppelt. Arbeitsplätze sollen dort entstehen, wo Wohnraum ist. Auch die neuen Arbeitsmodelle mit Homeoffice spielen da eine Rolle.

Wie wichtig ist für Sie als Staatsrat die persönliche Überzeugungsarbeit in der Region?

Der Kontakt ist mir sehr wichtig. Sehr oft empfange ich in meinem Büro Gemeinderäte aus dem ganzen Kanton, die mir ihre Anliegen vortragen. Es gibt nicht immer gleich eine Lösung, manchmal auch keine. Doch es ist wichtig, die Sicht der anderen wahrzunehmen. Das gibt Vertrauen. Der Kanton hat eine Grösse, die es mir erlaubt, ab und zu auf einem Markt oder an einem Match mit der Bevölkerung in Kontakt zu kommen. Die Leute sprechen mich an. So erfahre ich manchmal Dinge, die ich auf dem normalen Weg nicht erfahre.

«Der Kanton mit ­seinen sieben Bezirken ist wie eine grosse Familie mit sieben Kindern – da hat jedes hin und wieder das Gefühl, zu kurz zu kommen.»

Jean-François Steiert

Bau- und Raumplanungsdirektor

Reaktionen

Autobahnzubringer Friseneit: Differenzierte Meinungen

Der Sensler Oberamtmann Manfred Raemy teilt teilweise die Auffassung von Staatsrat Jean-François Steiert zur Ausfahrt Friseneit: «Wenn der Sensebezirk bei grossen Projekten etwas erreichen will, muss er geschlossen und einstimmig auftreten. Sonst machen wir es dem Kanton und dem Bund einfach, das Projekt abzuweisen.» Trotzdem bedauert er, dass der Staatsrat der von der Region Sense portierten und im regionalen Richtplan genehmigten Idee eines neuen Autobahnzubringers nicht mehr Chancen gegeben hat. «Wenn Friseneit jetzt nicht im Richtplan ist, dann wird mittelfristig nicht mehr darüber diskutiert, da viele andere kantonale Strassenprojekte den Vorrang haben werden», so Manfred Raemy.

Er sieht noch einen anderen Grund, warum Deutschfreiburg beim Bundesamt für Strassen (Astra) wenig Beachtung findet. «Der Sensebezirk ist dem Astra-Standort Estavayer-le-Lac angehängt. Wir sind nur ein kleiner deutschsprachiger Zipfel, der gern übergangen wird», so Manfred Raemy. Das Astra argumentiere zum Beispiel, dass der Verkehr in Flamatt hausgemacht sei. «Das ist eine sehr einfache, einseitige Erklärung. Die Verkehrsprobleme im Sense-Unterland hängen unter anderem auch mit dem Bahnübergang in Richtung Laupen zusammen. Die Barrieren stoppen den Verkehr jede Stunde während mehrerer Minuten. Das kann zu den Hauptverkehrszeiten zu viel Rückstau führen.»

«Sehr enttäuscht»

Die Gemeinde Wünnewil-Flamatt hat damals die Projekteingabe für die Autobahnausfahrt Friseneit initiiert. «Für uns ist das Projekt sehr wichtig, denn es ist die einzige Lösung für das Verkehrsproblem in Flamatt», führt Andreas Freiburghaus, Ammann von Wünnewil-Flamatt, aus. Die Ortsdurchfahrt sei total überlastet. «Wir sind sehr enttäuscht, dass das Projekt wieder aus dem Richtplan genommen wurde. Der Staatsrat versteckt sich unserer Meinung nach hinter dem Bund, der das Projekt ablehnt.» Die Umfahrung Birch bringe aus Sicht des Gemeinderats für Flamatt nichts, sagt Freiburghaus auf Anfrage. «Wir glauben hingegen, dass eine Autobahnausfahrt Friseneit auch Düdingen entlasten würde. Ich glaube nicht so recht daran, dass es in Zukunft noch eine Lösung geben wird. Dafür müsste der Staatsrat rasch eine Studie in Auftrag geben, um die Auswirkungen auf den Verkehr, die Fruchtfolgeflächen sowie eine Umfahrung Bösingen zu analysieren.»

Differenzierter sieht Kuno Philipona, Ammann von Düdingen, den Entscheid, Friseneit aus dem Richtplan zu kippen. «Für uns hat die Verbindungsstrasse Birch–Luggiwil Priorität. Auf diese wartet Düdingen schon einige Jahre lang sehnsüchtig. Auch das Thema Umfahrungsstrasse Düdingen ist für uns wichtiger als Friseneit.» Zum Autobahnanschluss direkt wolle er sich nicht weiter äussern. Aber er habe in den letzten Jahren kaum gehört, dass der Bund neue Autobahnanschlüsse bewilligt habe mit einer so geringen Distanz zur nächstgelegenen Ausfahrt, wie dies zwischen Friseneit und Düdingen respektive Flamatt der Fall wäre.

Mehrbelastung befürchtet

Hubert Schafer, Ammann von Schmitten, erklärt, dass sein Gemeinderat gegen Friseneit war, weil er nicht glaube, dass dieses Projekt eine Chance gehabt hätte. Und: «Nur eine Autobahnausfahrt bei Friseneit ohne Verkehrskonzept für Schmitten finden wir nicht gut, weil dann der ganze Verkehr durch das Dorf käme. Dies würde eine grosse Mehrbelastung für Schmitten bedeuten. Deswegen hatten wir Bedenken und haben das Projekt abgelehnt», so Hubert Schafer.

Die Variante, die in der Verkehrsstudie Sense-Unterland damals vorgeschlagen wurde, mit einem Tunnel bei Mülital, wäre nach Meinung der ­Schmittner «viel zu gross und zu teuer gewesen». Der Gemeinderat sei aber bereit, das in Zukunft nochmals anzuschauen und über andere Lösungen zu diskutieren.

Vor- und Nachteile

Der Gemeinderat von Bösingen sei in der Frage Friseneit hin und her gerissen, sagt Syndic Louis Casali. «Für den Autobahnanschluss spricht, dass dieser eine gewisse Verkehrsentlastung bringt und Bösinger damit sehr schnell auf die Autobahn gelangen. Ich rechne damit, dass es für Bösingen eine Umfahrungsstrasse geben wird, deshalb sind unsere Befürchtungen bezüglich Verkehrsüberlastung weniger gross als zum Beispiel in Schmitten.»

Gegen den Anschluss spreche, dass sich der Verkehr womöglich verlagere und Bösingen trotzdem Mehrverkehr hätte, führt der Bösinger Ammann aus. «Wir müssen aber auch erst einmal schauen, wie sich die Situation entwickelt, wenn der Bahnhof Laupen umgebaut ist und es keinen Bahnübergang mehr gibt.» Gegen den Anschluss spreche auch, dass der Bund gegen das Projekt sei. Er könne die Beweggründe des Bundes gut nachvollziehen. «Wir sind aber auf jeden Fall bereit, in Zukunft weiter über das Projekt zu diskutieren», sagt Louis Casali.

nas/im

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