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Goalie bleibt man ein Leben lang

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Sie kennen das: Ein Klischee geht so lange um die Welt, bis es als wahr gilt. Da ist nichts einfältig genug: Frauen können nicht parkieren, Männer reden nicht über Gefühle, Engländer trinken andauernd Tee, Fussballer sind Mimosen und Torhüter haben einen Flick weg. Nun, ich kann Frauen am Steuer nicht gültig beurteilen. Ich weiss nicht, worüber Männer nicht reden oder was Engländer wirklich trinken. Ich habe keine Ahnung, wie die weltweit 265 Millionen Fussballer im Schnitt so sind. Aber ein Klischee kann ich einschätzen. Jenes über Goalies. Der Befund ist kompliziert. Aber fangen wir am Anfang an.

Was macht den Sport aus? Was unterscheidet ihn von der Oper, vom Film, von einem industriellen Produkt? Vieles natürlich, aber eines sticht heraus: Ein Match folgt keinem Drehbuch, das Resultat ist bis zuletzt offen, das Produkt «Sport» lässt sich nur bedingt planen. Sport entsteht live im Stadion, es kann so oder anders herauskommen. Sport ist in hohem Masse emotional geprägt, vieles kommt auf die Tagesform an, auf Glück oder Pech, auf das Publikum und den Schiedsrichter, manchmal sogar auf das Los. Sport ist die Welt der Duelle, zum Drama verdichtet beim Penalty. Da ist alles drin: Können, Zufall, Kaltblütigkeit, Nervenflattern. Man sagt, bei solchen Duellen könne der Goalie nur gewinnen und der Feldspieler nur verlieren. Weil das Tor das erwartete Ende sei und nicht die Abwehr. Weil beim Penalty die Verantwortung nicht beim Torhüter liege. Ist das so?

Von wegen Verantwortung: Die Welt des Goalies ist eine Welt voller umgekehrter Vorzeichen. Hinter ihm ist bloss noch die Linie, dann das Netz. Seine Fehler kann keiner mehr ausbügeln. Im Tor trägt man die letzte Verantwortung, oft im entscheidenden Moment, in dem ein Spiel ins Gute oder Schlechte kippt. Ganz hinten vor der Linie gibt es nichts zu delegieren – keine Querpässe, Rückgaben oder Tändeleien. Keine Fleissleistung, kein Alibispiel, kein zweiter Versuch. Der Ball steht nie kurz still, damit du überlegen kannst, was zu tun ist. Jede Aktion ist ein Ernstfall. Torhüter sind das, was an Hoffnung übrig bleibt, wenn der Ball in der Luft ist. Entweder du hältst, dann bist du der Held. Oder du hältst nicht und hast versagt. Vor aller Augen. Es gibt keinen schlechteren Ort, sich zu verstecken, als im Tor. Dort bist du allein. Umringt, aber allein.

Sind Goalies denn überhaupt Mannschaftssportler? Schon ihr Dress grenzt sie aus – er hat eine andere Farbe. Sie kämpfen letztlich gegen den Ball und nicht gegen einen Gegner. Torhüter sind eine Art Endstation. Und doch sind sie Teamplayer! Nicht nur, aber auch, weil Verteidigung und Goalie ein eingespieltes Ganzes bilden. Weil man zusammen trainiert, schwitzt, rennt, leidet, hofft, bangt, jubelt, weint. Weil man sich bis ins Innerste kennt. Weil man gemeinsam gewinnt oder gemeinsam verliert. Und doch ist der Posten zwischen den Pfosten speziell. Handball könnte man statt mit sechs auch mit fünf oder sieben Feldspielern spielen, Fussball mit neun oder zwölf, Eishockey mit vier oder sechs. Einen Feldspieler könnte man im Regelbuch weglassen oder einen weiteren dazugeben – aber ohne Goalie geht es nicht. Es braucht diesen hintersten Mann oder diese hinterste Frau, sonst ist das Spiel unspielbar. Es braucht diese Wächter vor dem Netz, die ihren Körper in die Schussbahn werfen. Dieses Vetorecht im Angriffswirbel.

Egal, ob im Hand- oder im Fussball: Ein Goalie-Dasein beginnt schon auf dem Pausenplatz, mit aufgeschundenen Knien und zerrissenen Hosen. Mit Schimpfis zu Hause und dem Klischee vom Flick weg, den man ihnen so gerne nachsagt. Goalies sind unverstanden. Wer über sie spricht und selber keiner ist, weiss nichts von der Unmöglichkeit, dass einem andere einen Fehler noch ausbügeln. Stand nie blamiert im Rampenlicht. Wurde nie eine Flasche genannt. War andersherum aber auch nie der siegrettende Held. Vielleicht gibt es deshalb unter Torhütern einen Kitt, den man unter Flügeln, Verteidigern oder Linkshändern nicht findet. Vielleicht ist es auch diese unteilbare Verantwortung für den letzten Zentimeter. Dieses «Entweder-oder». Dieser Zwang, im entscheidenden Moment alles oder nichts zu bringen, ohne Chance zum Nachbessern. Vaclav Havel hat das so gesagt: «Einen Abgrund kann man nicht in zwei Sprüngen überspringen.» Das prägt einen dann. Jede Karriere findet irgendeinmal ihr Ende, Goalie bleibt man hingegen sein Leben lang. Es ist eine Aufgabe und nicht bloss ein Job. Denn es gibt immer einen letzten, alles entscheidenden Zentimeter zu verantworten. Das hört nicht nach sechzig Minuten auf.

 

Daniel Eckmann ist Jurist, Partner im Beratungsunternehmen Klaus-Metzler-Eckmann-Spillmann sowie Lehrbeauftragter für strategische Kommunikation an der Universität Bern. Zuvor war er Stellvertretender Generaldirektor des Medienunternehmens SRG SSR und zwölf Jahre Delegierter für Kommunikation von Bundesrat Kaspar Villiger. Eckmann war von 1969–1981 Goalie des BSV Bern und 95-facher Internationaler. 1975 lehnte er dem Studium zuliebe ein Profi-Angebot von Atletico Madrid ab.

 

 

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