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Gott auf nackter Haut

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Aus dem Atelier von Dan Tschanz an der Zentralstrasse  122 im aargauischen Wettingen dringt ein surrendes Geräusch. Es kommt aus dem Innern des Raumes, auf dem ein Mann auf einem Schragen liegt. Ihm wird mit feinsten Nadeln und flüssiger Tinte ein Tattoo auf die Brust graviert.

Dan Tschanz, der seit über 20  Jahren in seinem eigenen Studio die Wünsche seiner Kunden erfüllt, hat ein volles Auftragsbuch. Tattoos boomen. Das weiss der Mann mit den tätowierten Armen auch von der letzten «Tattoo Convention», die im Sommer in Bern stattgefunden hat. Die vielen Motive von Jesus, Maria, Engeln und Kreuzen in seinem Atelier lassen unschwer erkennen: Dan Tschanz ist spezialisiert auf Tattoos mit Motiven aus der Welt der Religion. Seine Kundschaft wächst, denn Tattoos dieser Art sind gefragt.

Warum man sich tätowiert

Zu Dan Tschanz kommen Leute aus allen Schichten, die sich einen Engel, ein Kreuz oder eine Madonna auf die Haut stechen lassen wollen. «Darunter sind Banker, Pfarrer oder Lehrer. Tätowieren lassen sich längst nicht mehr nur Rocker oder Leute am Rand der Gesellschaft, wie es früher war», sagt er. Weshalb aber ist es heute so attraktiv, sich mehrere Stunden unter die Nadel zu legen, um sich grossflächige Bilder, oftmals in verschiedenen Farben, auf den Körper stechen zu lassen? Eine Antwort findet man vielleicht in dem von Christoph Türcke verfasstem Buch mit dem Titel «Erregte Gesellschaft, Philosophie der Sensation». Angesichts einer mit Emotionen aufgeladenen Gesellschaft, so der Leipziger Wissenschaftler, gebe es immer mehr Menschen, die nach der Maxime lebten: «Du musst dich selbst zum Bild machen.» Der grassierende Selfie- und Influencer-Wahn habe diese Entwicklung noch verstärkt.

Michael Goldberg analysierte in seiner Masterarbeit «Glaube, der unter die Haut geht» an der Universität Luzern vor einem Jahr ebenfalls die Beweggründe, warum sich Leute tätowieren lassen. Er fand heraus: Das Tattoo erinnert Menschen an besonders einschneidende Ereignisses in ihrer Lebensgeschichte wie den Tod eines Angehörigen, die Geburt eines Kindes oder die Heirat. Die Körperbemalung kann auch für die Überwindung von Krisen stehen. Das Tattoo bietet einigen zudem Schutz und Begleitung im Alltag. Auffällig ist, dass für viele die Aussagen ihrer Tattoos Ewigkeitswert haben. Nicht zuletzt bedeuten Tattoos mit religiösen Motiven wie Kreuzen für viele das Bekenntnis zum eigenen Glauben – nicht aber unbedingt das Bekenntnis zur Institution Kirche.

«Rite de passage»

Der Schritt, sich unter die Nadel zu legen, kostet noch immer Mut. Doch die Mühsal scheint belohnt zu werden. Für den Experten Markus Anscar Friedrich muss sich beim Tätowieren etwas Aussergewöhnliches ereignen, wie er in Gesprächen mit Tätowierten herausgefunden hat. In einem Artikel über Religion und Tattoos im «Magazin für Theologie und Ästhetik» schreibt er: «Der zu Tätowierende passiert die Schwelle des Tattoo-Studios und überwindet auch eine innere Schwelle, entscheidet sich, vollzieht einen Schritt in ein verändertes und unumkehrbares Körperbild hinein.» Das Tätowierungsgeschehen sei ein Schwellenritual, ein ­«rite de passage». Im Atelier von Dan Tschanz findet sich Fachliteratur, in der viel Wissenswertes über die Ursprünge von Tattoos zu finden ist. Der Wettinger, der sein Tattoo-Handwerk Mitte der 1990er-Jahre in Ostdeutschland erlernt hat, weiss: «‹Tattoo› kommt von ‹tatau›, dem tahitianischen Wort für ‹Wunden schlagen›.» Tattoos und deren Bedeutung wurden innerhalb einer Epoche verschieden gedeutet. Unter den ersten Christen galt die Tätowierung als Erkennungszeichen. Sie trugen die Initialen Christi in Form des «X» oder als «I. N.», oder auch einen Fisch, ein Kreuz oder ein Lamm auf der Stirn. Andererseits wurden zweifelnde Christen durch Tattoos gebrandmarkt und stigmatisiert. Die Beziehung zwischen der Kirche und der Kultur der Tattoos ist vielschichtig und widersprüchlich. Lange waren die Körperzeichen unter Christen selbst umstritten und wurden abgelehnt. Im Alten Testament heisst es im Dritten Buch Mose unter den kultischen Geboten: «Für einen Toten dürft ihr keine Einschnitte auf eurem Körper anbringen, und ihr dürft euch keine Zeichen einritzen lassen» (3. Mose 19,28). Andererseits wird vermutet, dass Paulus tätowiert war. Im Brief an die Gemeinde der Galater schreibt er: «In Zukunft soll mir niemand mehr solche Schwierigkeiten bereiten. Denn ich trage die Zeichen Jesu an meinem Leibe» (Galater 6,17). Wissenschaftler vermuten weiter, dass später Papst Adrian am Konzil von Calcuth im britischen Northumberland im Jahr 787 Christen das Tätowieren untersagte. Andererseits lassen sich Pilger nach Erreichen ihres Ziels seit Jahrhunderten tätowieren. An Orten wie Bethlehem hat dieser Brauch bis heute überlebt. Wem die Religion wirklich unter die Haut geht, der sucht das Tattoo-Studio von Walid Ajasch auf. Der katholische Palästinenser hat sich als Tätowierer von christlichen Bildthemen und Bibelversen einen Namen gemacht. Koptische Christen lassen sich bei ihm ein Kreuz auf die Hand oder den Unterarm tätowieren.

Das Thema Tattoo ist auch bei hiesigen Pfarrern angekommen. Die Plattform «Fresh Expressions» berichtete von einem Pfarrer, der ein Tattoo-Geschäft aufsuchte und die Eigentümerin einlud, in der Kirche über Tattoos und Gott zu sprechen.

«‹Tattoo› kommt von ‹tatau›, dem tahitianischen Wort für ‹Wunden schlagen›.»

Dan Tschanz

Tätowierer

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