Auf den ersten Blick sieht es aus wie eine dicke Überraschung: Das bisherige Schlusslicht gewinnt auswärts gegen den bisherigen Leader. Ganz so überraschend ist es jedoch nicht, dass Hans Kossmann gestern in seinem ersten Spiel als Trainer von Ambri mit seinem Team die beeindruckende Heimserie seines Ex-Klubs beendet hat. Gottérons erste Niederlage im zehnten Heimspiel ist durchaus erklärbar, ja fast schon logisch. Es hat sich deutlich gezeigt, dass das Kader der Freiburger auch in diesem Jahr nicht breit genug ist, um gleich mehrere gewichtige Ausfälle wegzustecken. Es kam allerdings auch wirklich knüppeldick für das Team von Gerd Zenhäusern. Mit Andrei Bykow, Jérémie Kamerzin und Marc Abplanalp fehlten ohnehin bereits wichtige Pfeiler des Teams verletzungsbedingt, zu allem Überfluss war gestern auch noch Sakari Salminen abwesend, weil er krank war – und Greg Mauldin schied zu Beginn des Mitteldrittels verletzt aus. So spielten die Freiburger über weite Strecken des Spiels nur mit zwei Ausländern.
Monnet und Birbaum tun Freiburg weh
Gottéron spielte denn auch keineswegs wie ein Leader. Bereits im Startdrittel war nicht zu sehen, welche Mannschaft verunsichert im Tabellenkeller steckt und welche einen grandiosen Saisonstart hinter sich hat; fehleranfällig wirkten beide. Zwar gingen die Freiburger durch einen Ablenker von Tristan Vauclair und einen tollen Handgelenkschuss von Ryan Gardner zweimal in Führung. Zweimal profitierten die Tessiner jedoch von Gottérons lascher Abwehrarbeit, um postwendend auszugleichen. Beim 1:1 entwischte der ehemalige Gottéron-Stürmer Thibaut Monnet in Unterzahl, beim 2:2 wurde Cory Emmerton im Slot viel zu viel Platz gewährt. Auch bei diesem Treffer hatte ein Spieler, der einst in Freiburg als Sündenbock trotz laufenden Vertrags davongejagt wurde, seinen Stock im Spiel; Alain Birbaum gab den entscheidenden Pass.
Gleich zwei Shorthander
Im Mitteldrittel hatte Gottéron offensiv kaum noch etwas zu bieten, blieb allerdings defensiv nachlässig. So war es nicht verwunderlich, dass Ambri entscheidend davonzog. Bereits nach 48 Sekunden traf Alexandre Giroux ein erstes Mal. Wie schon beim zweiten Gegentreffer standen bei Freiburg das Verteidiger-Duo Alexandre Picard/ Yannick Rathgeb sowie der ausgelaugt wirkende Center Marc-Antoine Pouliot auf dem Eis. Beim letztlich bereits entscheidenden 2:4 in der 34. Minute sah schliesslich auch Torhüter Benjamin Conz nicht gut aus. Er liess sich von Giroux, der einen Pass antäuschte, verladen, so dass ein Schuss mitten auf das Tor letztlich ausreichte, um Conz zu bezwingen.
Danach fragte man sich, wer aus Freiburgs Rumpfteam noch für die Wende sorgen soll. Man fragte es sich bis zum Schluss. Offensiv brachte das Heimteam kaum noch etwas zustande. Den Deckel drauf machte Ambri in der 46. Minute. Unmittelbar nachdem Rathgeb im Powerplay mit einem Pfostenschuss den Anschlusstreffer knapp verpasst hatte, schloss Emmerton einen Konter zum 2:5 ab. Klar ist: Wer gegen das statistisch schlechteste Unterzahl-Team zwei Shorthander kassiert, hat ein Problem. Eines von Zenhäuserns Problemen ist momentan, dass ihm kaum Verteidiger zur Verfügung stehen, die ein Powerplay aufziehen können. So lässt er jeweils in der sogenannten Umbrella-Formation spielen – mit vier Stürmern und nur einem Verteidiger. Wenig überraschend, dass die Gefahr von Shorthandern dadurch steigt.
Mauldin fehlt auch in Lausanne
Mit Ambris ebenso klarem wie verdientem Sieg sind gestern nebst Gottérons Ungeschlagenheit im St. Leonhard noch weitere Serien gerissen. So verloren die Freiburger erstmals in dieser Saison zwei Meisterschaftsspiele in Folge. Ambri war derweil nach zuvor vier Niederlagen en suite erstmals wieder erfolgreich. Ein perfekter Einstand für Hans Kossmann, der bei der Präsentation vor dem Spiel von einem Teil der Freiburger Fans mit Pfiffen empfangen wor- den war.
Gottéron ist seinerseits heilfroh, dass die fast zweiwöchige Nationalmannschafts-Pause unmittelbar bevorsteht. Der Tank ist leer, die Freiburger wirken platt und torkeln momentan nur noch irgendwie der Pause entgegen. Vor dem Break steht aber heute noch die Partie in Lausanne an. Die Vorzeichen auf einen Freiburger Sieg bei den gestern spielfreien und damit ausgeruhten Waadtländern stehen denkbar schlecht. Auch, weil gemäss Zenhäusern Greg Mauldin heute erneut nicht spielen wird. Der Amerikaner spürt offenbar die Nachwirkungen seiner in der Vorbereitung erlittenen Gehirnerschütterung wieder. Ebenfalls noch fraglich ist der Einsatz von Sakari Salminen.
Telegramm
Gottéron – Ambri 2:5 (2:2, 0:2, 0:1)
6425 Zuschauer. – SR Clément/Massy, Borga/Fluri.Tore:10. Vauclair (Schilt, Fritsche) 1:0. 12. Monnet (Gautschi, Emmerton/Ausschluss Pestoni!) 1:1. 14. (13:30) Gardner (Neukom) 2:1. 15. (14:47) Emmerton (Birbaum, Monnet) 2:2. 21. (20:48) Giroux (Duca, Mäenpää) 2:3. 34. Giroux (Pestoni, Fora) 2:4.
Freiburg-Gottéron:Conz; Camperchioli, Ngoy; Rathgeb, Picard; Maret, Schilt; Glauser; Neukom, Gardner, Brügger; Mauldin, Pouliot, Mottet; Sprunger, Schmutz, Plüss; Fritsche, Rivera, Vauclair; Pivron.
Ambri-Piotta:Zurkirchen; Birbaum, Mäenpää; Trunz, Sidler; Gautschi, Berger; Chavaillaz; Duca, Kamber, Fuchs; Pestoni, Hall, Lauper; Lhotak, Emmerton, Monnet; Grassi, Bastl, Giroux.
Bemerkungen:Gottéron ohne Bykow, Abplanalp, Loichat, Kamerzin (alle verletzt) und Salminen (krank), Ambri ohne Stucki, Bianchi (beide verletzt) und Hamill (überzähliger Ausländer). Mauldin Ende des 1. Drittels verletzt ausgeschieden.
Die FN-Besten:Gardner, Giroux.
Der heutige Gegner
Fakten zu Lausanne
• Lausanne hat in dieser Saison erst vier Powerplay-Tore geschossen. Die Lausanner treffen nur gerade in acht Prozent ihrer Überzahlspiele–klar der schlechteste Wert der Liga.
• Zuletzt hat der LHC zweimal gewonnen. Das 4:3 gegen Langnau und das 5:4 in Kloten waren dabei für die Lausanner Betonmischer untypisch torreiche Spiele.
• Mit 33 Treffern hat Lausanne dennoch klar die wenigsten Tore aller NLA-Teams erzielt.
•Topskorer ist der letztjährige Rapperswil-Stürmer Nicklas Danielsson mit zwölf Punkten.fm