Brillant gestartet, sich zu früh zurückgelehnt und dann Nehmerqualitäten bewiesen – so lässt sich Gottérons 4:3-Overtime-Sieg in Lugano zusammenfassen, bei dem es einen 3:0-Vorsprung verspielte und den Siegtreffer in Unterzahl schoss.
Als niemand mehr mit ihnen rechnete, jubelten die Freiburger am Ende doch noch. Mit einem Shorthander erzielte Nathan Marchon in der 64. Minute den nicht mehr für möglich gehaltenen Siegtreffer. Damit bewiesen die Gäste viel Charakter. Denn nach der frühen 3:0-Führung passte bei Gottéron nicht mehr viel zusammen. Nachdem Lugano gegen die plötzlich viel zu passiven Gäste einen Drei-Tore-Rückstand aufgeholt hatte, wäre ein goldener Treffer für die Tessiner in der Verlängerung nichts als logisch gewesen. Doch einen Leader zeichnet eben auch aus, Rückschläge wegstecken zu können und irgendwie einen Weg zum Erfolg zu finden.
Gottérons Traumstart
Zu Beginn deutete wenig auf ein derart verrücktes Spiel hin. Leader Gottéron startete grandios und hochüberlegen in die Partie. Schon in der vierten Minute brachte Benoit Jecker die Gäste in Führung. Er profitierte dabei allerdings von der grosszügigen Hilfe des Gegners. Troy Josephs schubste Gottéron-Stürmer Gaétan Jobin in Niklas Schlegel und setzte so seinen eigenen Goalie ausser Gefecht. So musste der gedankenschnelle Jecker den Puck nur noch ins halbleere Tor schiessen.
Der Treffer gab Gottéron noch mehr Sicherheit. Kompakt und sehr gut strukturiert liessen die Freiburger im Startdrittel defensiv so gut wie gar nichts zu – und warteten ihrerseits geduldig auf ihre Chancen. Und die kamen zuhauf. In der 13. Minute traf Killian Mottet in Überzahl noch bloss den Pfosten. In der 19. Minute bestrafte Gottéron die Fehler des im Startdrittel konfusen Heimteams dann aber wieder gnadenlos. Zunächst funktionierte das Backchecking der Tessiner schlecht, sodass Chris DiDomenico den Puck auf den völlig allein vor dem Tor stehenden Daniel Brodin passen konnte, der Schlegel geduldig aussteigen liess. Ein Gegentreffer, der dem Lugano-Goalie offenbar nicht guttat. Denn nur 35 Sekunden später liess er einen relativ harmlosen Schuss von Mauro Jörg aus spitzem Winkel passieren. Sechs Tage nach dem 2:0-Sieg in Davos schien Gottéron auf bestem Weg, erneut ein perfektes Auswärtsspiel abzuliefern.
Plötzlich zu passiv
Wahrscheinlich gaben die beiden Treffer am Ende des Schlussdrittels auch diesmal Gottéron noch mehr Sicherheit – nämlich zu viel Sicherheit. Im Mitteldrittel schafften es die Gäste nicht, erfolgreich auf dem schmalen Grat zwischen Spielkontrolle und Passivität zu wandern. Sie überliessen Lugano nun komplett das Spielgeschehen und brachten den Gegner so zurück ins Spiel. Dass Romain Loeffel in der 29. Minute auf 1:3 verkürzte, kam alles andere als überraschend. Noch weniger, dass Mark Arcobello fünf Minuten später der 2:3-Anschlusstreffer gelang. Nur eine halbe Minute vorher hatte Elia Riva bereits den Pfosten getroffen.
Lugano drückte auch danach weiter. Und weil Gottéron-Trainer Christian Dubé dem Geschehen weiter tatenlos zuschaute, mussten die mitgereisten Freiburger Fans das Schlimmste befürchten. Zum Glück für die Gäste nahmen sich die Tessiner mit zwei Strafen bis zum Ende des Mitteldrittels gleich selbst ein wenig den Wind aus den Segeln. In diesen Minuten hatte Gottéron mehrere Chancen, das Geschehen wieder in die gewünschten Bahnen zu lenken. Doch David Desharnais (35.), Killian Mottet (40.) und Chris DiDomenico zu Beginn des Schlussdrittels, als die zweite Strafe noch lief, vergaben gute Möglichkeiten.
Verrückte Schlussphase
So nahmen die Freiburger den Umweg zum Sieg – und der war ausgesprochen steinig. In der 45. Minute erwischte Luca Fazzini Freiburgs Goalie Reto Berra in Überzahl zwischen den Beinen zum 3:3. Gottéron taumelte nun definitiv und schien zu hoffen, sich zumindest irgendwie in die Verlängerung zu retten. Offensiv machten die Gäste jedenfalls nicht mehr viel, da Lugano ebenfalls nicht mehr allzu zwingend war, ging das Spiel tatsächlich in die Overtime. Dort drohte Freiburg mehrmals die vierte Niederlage in der vierten Verlängerung der Saison. Früh schon musste Ryan Gunderson in extremis gegen Fazzini retten. In der 63. Minute forderte das Dubé-Team das Schicksal dann ultimativ heraus, als es eine Strafe wegen zu vieler Spieler auf dem Eis kassierte. Für Lugano die goldene Chance, den Match bei 4 gegen 3 zu entscheiden. Doch das ohnehin schon verrückte Spiel wurde noch verrückter: Desharnais und Nathan Marchon entwischten in Unterzahl, scheiterten zunächst, wurden aber für ihre Beharrlichkeit belohnt, als Marchon im dritten Versuch der Siegtreffer gelang.
Haussener macht keine Eigenwerbung
Das Duell in der Resega war auch das erste Aufeinandertreffen der Clubs, seit sie Mitte November die beiden Stürmer Yannick Herren und Timo Haussener getauscht hatten. So richtig gezeigt hat es dem Ex-Team definitiv keiner der beiden. Herren hatte gar nicht erst die Chance dazu, weil er verletzt fehlte. Und Haussener gelang nicht gerade ein Traummatch. In seinen lediglich 7:11 Minuten Eiszeit verlor er vier von fünf Bullys und kassierte zwei Zweiminutenstrafen. Die zweite davon führte zum Tessiner Ausgleich.
Nach der anstrengenden Woche mit dem viertägigen Roadtrip nach München und Lugano wird Gottéron froh sein um sein freies Wochenende. Weil der Zirkus Knie in der Stadt ist, geht es für Freiburg erst am Montag mit dem Heimspiel gegen die ZSC Lions weiter, bevor es nur einen Tag später in Zürich zu Revanche kommt.
Lugano – Gottéron 3:4 n.V. (0:3, 2:0, 1:0, 0:1)
Resega – 4942 Zuschauer – SR: Stolc/Urban (Progin/ Gnemmi)
Tore: 4. Jecker 0:1. 19. (18:10) Brodin (DiDomenico) 0:2. 19. (18:45). Jörg (Diaz) 0:3. 29. Loeffel (Boedker, Müller) 1:3. 34. Carr (Alatalo) 2:3. 46. Fazzini (Boedker/ Ausschluss Haussener) 3:3. 64. Marchon (Desharnais/ Ausschlus Mottet!) 3:4.
Strafen: 4×2 plus 1×10 (Fazzini) Minuten gegen Lugano, 6×2 Minuten gegen Gottéron.
HC Lugano: Schlegel; Müller, Loeffel; Riva, Alatalo; Guerra, Chiesa; Nodari; Carr, Arcobello, Fazzini; Bertaggia, Josephs, Traber; Boedker, Herburger, Morini; Stoffel, Walker, Vedova; Werder.
Freiburg-Gottéron: Berra; Chavaillaz, Gunderson; Furrer, Sutter; Jecker, Diaz; Dufner; Mottet, Desharnais, Marchon; Jörg; Walser, Rossi; DiDomenico, Schmid, Brodin; Jobin, Haussener, Bougro.
Bemerkungen: Lugano ohne Herren, Wolf, Thürkauf (alle verletzt), Irving und Hudacek (beide überzählig), Gottéron ohne Sprunger, Bykow (beide verletzt) und Kamerzin (überzählig). Die FN-Besten: Loeffel, Desharnais.
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