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«Das Zeichnen ist eine Sucht»

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Als junger Geschichtsstudent machte Marco Ratschiller einst seine ersten Schritte als Journalist – als Praktikant auf der FN-Redak­tion. Damals begann er auch, gelegentlich für die Zeitung zu zeichnen. Seit zwanzig Jahren erscheinen seine Karikaturen wöchentlich, immer als Illustration zum Hauptthema auf der Front-Seite. Im Interview sagt der Zeichner mit dem Pseudonym Karma, der inzwischen hauptberuflich Chefredaktor des Satiremagazins «Nebelspalter» ist, warum er auch nach zwanzig Jahren noch nicht FN-müde ist, warum er den Zeitdruck bei der Tageszeitung liebt und wie eine «Karma»-Zeichnung entsteht.

 

Du arbeitest seit zwanzig Jahren als Karikaturist für die FN. Kannst du dich noch an deine allererste Zeichnung erinnern?

Genau genommen ist das sogar schon zweiundzwanzig Jahre her, aber das war damals noch kein festes Engagement. Die erste Auftragsarbeit für die FN war eine Illustration zum Thema Atomkraftwerk Mühleberg im Jahr 1996. Noch früher zeichnete ich bereits für die FN-Fasnachtszeitung Fasburgera. Diese Zeichnungen hatte ich damals einfach eingeschickt, ohne grosse Hoffnungen, dass sie publiziert werden würden – aber dann hat die Redaktion gleich mehrere abgedruckt. Übrigens hatte ich mich sogar schon einmal als Gymnasiast als fester Karikaturist bei den FN beworben, aber das wurde natürlich abgelehnt …

Du hast also schon als Jugendlicher gezeichnet. Wie kam es dazu?

Das lag am «Nebelspalter», der damals bei uns zu Hause immer herumlag. Die Satire-Zeitschrift gefiel mir, und ich wollte auch so zeichnen. Schon als Primarschüler schlug ich in langweiligen Schulstunden die Zeit mit Zeichnen tot. Meine typischen Nasobol-Männchen mit den grossen Nasen haben dort ihren Ursprung. Ich erinnere mich, dass ich einmal zu einem Skilager einen ganzen Comic zeichnete.

Und wie kamst du später zur Pressezeichnung?

Auch das fing schon in meinem politisch interessierten Elternhaus an. Kabarett und Satire hatten bei uns zu Hause einen hohen Stellenwert. Radiosendungen wie «Spass­partout» und «Zytlupe» waren die Hochämter meines Vaters. Diese Art, Aktuelles zu verdichten, lag mir – nur dass ich es mit Papier und Zeichenstift machte. Dazu kam sicher das Erfolgserlebnis, wenn meine Zeichnungen gesehen wurden und Reaktionen auslösten. Einfach nur für mich selber zeichne ich heute praktisch nicht mehr.

Wie hast du dich seit diesen Anfängen als Zeichner entwickelt?

Die markanteste Veränderung war sicher, dass vor etwa fünf Jahren die Nasen meiner Figuren kleiner wurden. Ich hatte mich lange dagegen gewehrt, weil die Nasen ein Markenzeichen waren und weil der Wiedererkennungswert für einen Karikaturisten sehr wichtig ist. Etwas so Prägendes kann aber auch einschränken. So störten die grossen Nasen etwa, wenn ich bekannte Persönlichkeiten darstellte. Insgesamt finde ich selber, dass mein Stil nicht so klar definiert ist wie bei anderen Zeichnern, dass ich dafür vielleicht etwas mehr ausprobieren kann. Das geübte Auge erkennt einen «Karma» vermutlich dennoch recht zuverlässig.

Gibt es Zeichnungen, die dir besonders in Erinnerung geblieben sind?

Nicht viele, meistens verblasst das sehr schnell. Am besten erinnere ich mich an Zeichnungen, auf die es besonders viele Reaktionen gab. Ich werde nie vergessen, wie ich einmal in einer Karikatur einen fiktiven Namen benutzte, von dem sich dann herausstellte, dass es tatsächlich jemanden gibt, der so heisst und dessen Geschichte auch noch zum Thema des Artikels passte. Darauf reagierten viele Leute, nicht nur der Betroffene selbst.

Bekommst du denn viele Rückmeldungen aus der Leserschaft?

Nein, aber das liegt wohl auch daran, dass ich schon lange nicht mehr in Freiburg lebe. Die meisten Reaktionen kommen aus meinem direkten Umfeld. Insgesamt sind die Rückmeldungen oft ausgerechnet dann am positivsten, wenn mir wenig Zeit bleibt, ich gleich die erste Idee umsetzen muss und dabei einfach und direkt bleibe. Der erste Gedanke ist oft der beste.

Bildergalerie mit den Karmas in gross gibt’s ganz unten im Artikel.

Mit dem Zeitdruck, der bei einer Tageszeitung immer herrscht, hast du also keine Probleme?

Nein, ich brauche den Druck sogar, er schaltet gewissermassen erst das Kreativitätsmodul frei. Wenn ich zu viel Zeit habe, landet einfach mehr im Papierkorb. Manchmal bekomme ich die Infos aus der Redaktion erst spät, oder es gibt im letzten Moment noch eine Änderung. Dann bleiben mir vielleicht zwei Stunden zum Zeichnen. In der Regel brauche ich zwischen zwei und sechs Stunden für eine Zeichnung. Da spielt auch die Erfahrung eine grosse Rolle: Anfangs hatte ich eher noch Angst, dass mir nichts einfallen könnte, aber mit der Zeit habe ich gelernt, dass ich mich auf mich selber verlassen kann.

Wie gehst du konkret vor, nachdem du von der Redaktion das Thema erhalten hast?

Ich habe immer die Leserinnen und Leser im Kopf. Um sie abzuholen, ist es entscheidend, dass das Bild zum Text passt, vor allem zum Titel und zum Lead, denn das ist es, was man zuallererst wahrnimmt. Wenn ich eine Idee habe, mache ich zuerst eine grobe Skizze, in der es vor allem um die Aufteilung des Raumes geht, die Definition von Vorder- und Hintergrund, den Platz für die Sprechblasen. Dann zeichne ich die eigentliche Karikatur, von Hand, zuerst mit Bleistift und dann mit Finelinern. Diese Zeichnung scanne ich ein, der Rest, die ganze Farbe, kommt am Computer dazu. Das geht zwar nicht schneller als früher, als ich noch alles von Hand machte, aber es hat den grossen Vorteil, dass sich Fehler leicht korrigieren lassen.

Hast du nach all den Jahren als FN-Karikaturist noch keine Abnützungserscheinungen?

Nein, auf keinen Fall! Das Zeichnen ist immer noch das, was ich am liebsten mache. Es ist schon fast eine Sucht, darum zeichne ich auch in den Ferien. Es gibt FN-Karikaturen, die auf Bali oder auf den Malediven entstanden sind. Erst in diesem Frühling habe ich mein Arbeitspensum als Chefredaktor des «Nebelspalters» reduziert, weil ich wieder mehr Zeit haben wollte, um selber zu zeichnen – für die FN, aber auch für andere Publi­kationen.

Gibt es andere Pressezeichner, die du besonders bewunderst und die dich beeinflusst haben?

Mein erstes grosses Vorbild war der deutsche Karikaturist Burkhard Fritsche. Ihn habe ich in meiner Jugend bewundert, und er hat mich auch zu meinen grossen Nasen inspiriert. Unter den Schweizer Karikaturisten beeindrucken mich Patrick Chappatte, aber auch der «Liberté»-Zeichner Alex Ballaman.

Hast du Lieblingsthemen, die du besonders gerne illustrierst?

Ich mag politische Themen, die eine Angriffsfläche bieten. Wenn etwas die Freiburgerinnen und Freiburger aufwühlt, kann ich das in einer Karikatur akzentuieren. Schwierig sind Themen, die sich oft wiederholen oder die sehr abstrakt sind, zum Beispiel die Staatsfinanzen. Da kann es vorkommen, dass meine Zeichnung eher eine Illustration als eine eigentliche Karikatur ist.

Und wenn du zum Karma-Jubiläum ein Thema frei wählen dürftest: Welches wäre das?

Schwierige Frage … Vielleicht ich selbst, wie ich einem Boot im Wald stehe und den grossen Kapitän markiere …

Zur Person

Historiker, Journalist und Pressezeichner

Marco Ratschiller erblickte 1974 das Licht der Welt «und vermutlich kurz darauf die ersten Farbstifte», wie er selber sagt. Seine Kindheit und Jugend verbrachte er in und um Kleinbösingen. Er studierte Geschichte an der Universität Freiburg und analysierte in seiner Lizenziatsarbeit den Wandel karikaturistischer Selbstbilder und Feindbilder im 20. Jahrhundert. Parallel dazu wurde er Journalist und Pressezeichner. Seit 2005 ist Marco Ratschiller Chefredaktor des traditionsreichen Schweizer Satiremagazins «Nebelspalter». 2017 wurde seine Karikatur «Innenleben eines Wutbürgers» als Schweizer Karikatur des Jahres ausgezeichnet. Vor wenigen Wochen erschien das von ihm illustrierte Humor-Buch «Der lachende King Roger» über Tennis-Star Roger Federer. Marco Ratschiller wohnt mit seiner Lebenspartnerin in Oberglatt bei Zürich.

cs

 

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