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Die Beobachterin

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Die irisch-schweizerische Autorin Clare O’Dea erscheint pünktlich zum Interview im Café und bestellt einen Schwarztee mit Milch. Und schon sind wir bei den Klischees: Alle Schweizer sind immer pünktlich, und alle Iren trinken ständig Schwarztee mit Milch. Mit der Schweiz, Irland und Klischees kennt sich Clare O’Dea aus. Die Journalistin und Autorin aus Irland ist 2003 der Liebe wegen nach Freiburg gezogen. Und sie hat eben ihr zweites Buch veröffentlicht. Es heisst «The Naked Irish», zu deutsch «Die nackten Iren», und beschäftigt sich mit Klischees über Iren. Ihr erstes Buch hiess «The Naked Swiss», in der deutschen Ausgabe «Die wahre Schweiz», und geht zehn Klischees über die Schweizer nach (siehe Kasten).

«Ich lese oft in englischsprachigen Medien Berichte über die Schweiz und habe vielfach das Gefühl, dass die Schweiz missverstanden wird», sagt Clare O’Dea. Daraus sei die Idee zum ersten Buch entstanden. «Ich wollte einige Dinge klarstellen.»

Am Wendepunkt

Als sie das Buch 2015 zu schreiben begann, befand sie sich zudem an einem Wendepunkt im Leben: Einerseits verliess sie nach rund zehn Jahren Arbeit als Journalistin die Newsplattform «Swiss­info». «Ich hatte während all der Jahre so viele Leute getroffen und so viel gelernt. Ich hatte viel zu erzählen.» Andrerseits wollte sie die Schweizer Staatsbürgerschaft erlangen. «Ich wollte mich auch darum noch mehr mit dem Land auseinandersetzen, dessen Bürgerin ich werden wollte.»

Die Schweiz von Freiburg aus zu beobachten, habe sich als Vorteil erwiesen. «Von hier aus hat man zwei Sprachgemeinschaften im Blick.» In der Deutsch- oder auch in der Westschweiz sei es einfach, die jeweils anderen Gemeinschaften zu vergessen. «Ich habe aber beobachtet, dass die beiden Sprachgemeinschaften sich in Freiburg nicht wirklich mischen», fährt sie fort. Zwar sprächen viele Leute beide Sprachen, aber Freundeskreise seien selten zweisprachig.

Kirche und Bräuche

Wenn wir schon bei Freiburg sind: Würde Clare O’Dea ein Buch über Freiburg schreiben, welche Klischees würden darin vorkommen? Sie muss nicht lange überlegen. «Der Katholizismus.» Auch wenn nicht alle Freiburgerinnen und Freiburger im persönlichen Leben besonders religiös seien, sei die katholische Kirche im öffentlichen Leben doch erstaunlich präsent. «Sogar noch mehr als in meiner ebenfalls sehr katholischen Heimat Irland.»

Sie erwähnt die Fronleichnamsprozession, St. Nikolaus, und sagt dann: «Nicht nur die Häuser in der Unterstadt sind jahrhundertealt, auch die Bräuche sind es.» Die Traditionen seien nicht so verwässert von der amerikanischen Kultur, wie das in Irland der Fall sei.

Und noch ein Klischee fällt ihr ein: «Jeder kennt jeden hier.» Das gelte besonders für den Sensebezirk, aus dem ihr Mann stammt.

Wissenslücken gefüllt

Aber zurück zur Schweiz und zu Irland: War es schwieriger, über die Heimat oder über das neue Zuhause zu schreiben? «Das erste Buch über die Schweiz war schwieriger, aber vor allem, weil es mein erstes Buch war.» Sie habe aus einem grossen Fundus schöpfen können dank ihrer Arbeit als Journalistin bei «Swissinfo» und dank ihren Erfahrungen im Alltag in der Schweiz. «Weil ich von aussen komme, beobachte ich im täglichen Leben ständig alles.» Sie habe aber auch gemerkt, dass sie einige Wissenslücken füllen musste.

Das sei bei der Arbeit am Buch über Irland anders gewesen: «Ich bin dort aufgewachsen und kenne die kulturellen Codes und das Land viel umfassender.» Gleichzeitig habe sie es die letzten sechzehn Jahre von aussen beobachtet und so auch weniger Material gehabt, auf das sie habe zurückgreifen können. «Ich bin da­rum letztes Jahr drei Monate in Irland herumgereist und habe mit zahlreichen Menschen gesprochen.» Clare O’Dea überlegt kurz und sagt dann: «Das Buch steht stellvertretend für all die Artikel über Irland, die ich nie geschrieben habe, weil ich das Land verlassen habe.»

In ihrer Stimme schwingt ein bisschen Wehmut mit. Sie vermisse Irland zuweilen in der Schweiz: einerseits, weil sie ihren Beruf als Journalistin hier nur beschränkt ausüben könne, weil sie die Landessprachen zwar gut, aber eben nicht gut genug beherrsche. Zum anderen sei die Kommunikation hier ganz anders. «Die Iren sind ein Volk von Geschichtenerzählern.» Man gehe öfter abends weg und erzähle aus seinem Leben. «Man hat in Irland fast die Pflicht, die Leute zu unterhalten.» Das erlebe sie in der Schweiz nicht.

Doch Clare O’Dea schätzt in der Schweiz den hohen Lebensstandard – und nicht zuletzt werden ihre drei Kinder hier gross. Zudem hat sie Wege gefunden, ihr Heimweh zu lindern. «Ich mag die hügelige Landschaft des Sensebezirks und die Wälder hier.» Sie sei an der Küste aufgewachsen, wo es nur einzelne Bäume gebe. «Ich liebe es, mit unserem Hund durch den Wald zu streifen. Die Stimmung und das Licht tun mir gut.»

Zu den Büchern

Klischees unter der Lupe

In «Die wahre Schweiz» untersucht die irisch-schweizerische Journalistin und Autorin Clare O’Dea zehn Klischees über die Schweizer, von schmeichelhaften wie: «Die Schweizer sind brillant», bis zu weniger schmeichelhaften wie: «Die Schweizer sind sexistisch». Mithilfe von Statistiken, historischen Exkursen und persönlichen Lebensgeschichten zeichnet sie ein umfassendes, zuweilen witziges, aber auch schonungsloses Bild des Landes. Ähnlich aufgebaut ist auch ihr zweites Buch, «The Naked Irish», das Klischees über Iren nachgeht. Es ist im September erschienen und bisher nur auf Englisch erhältlich.

nas

Clare O’Dea: Die wahre Schweiz. Ein Volk und seine zehn Mythen. Basel: Helvetiq, 2018. 276 S.

Clare O’Dea: The Naked Irish. Portrait of a Nation Beyond the Clichés. Dublin: Mentor Books, 2019. 220 S.

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