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«Die Zweisprachigkeit als Chance oder Übel?»

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

«Bonjour», «Salut», «Ça va?», «Ta gueule!». Noch mal: «Bonjour», «Salut», «Ça va?», «Ta gueu­le!» Wenn man diese Wörter häufig hintereinander aufsagt, stellt sich ein Rhythmus ein, und man muss aufpassen, dass man diese Wortfolge nicht dem Nächstbesten an den Kopf schleudert. Ähnlich verhält es sich, wenn man morgens müde vor der Milchtüte sitzt und schon fast zwanghaft vor sich hin murmelt: «Milch, Lait, Latte», «Milch, Lait, Latte». Aber die Wortspielerei macht irgendwie auch Spass. Und en passant lernt man erst noch eine andere Sprache. Sozusagen im Flug.

Die Umfrage zur Zweisprachigkeit in der Stadt gibt’s weiter unten.

Das erleben auch Armin, Ilir, Almir, Drin und Rilind. Die Jungs wohnen auf dem Schönberg in der Stadt Freiburg. Einige von ihnen spielen beim FC Schönberg Fussball. Heute ist Training und sie geben bereitwillig Auskunft darüber, wie es sich mit dem Deutschen und Französischen in ihrem Quartier verhält. Die Muttersprache von Armin, Ilir, Almir, Drin und Rilind ist Albanisch. Deutsch ist ihre Zweitsprache, denn sie sind hier aufgewachsen und gehen in die deutschsprachige Primarschule Schönberg respektive in die Deutschsprachige Orientierungsschule DOSF. Nach einigen Minuten am Spielfeldrand wird aber klar, ohne Französisch geht es nicht. Denn die meisten Kinder sind frankofon. Und weil viele unter ihnen auch noch eine weitere Sprache reden, ist der kleinste gemeinsame Nenner in einer mehrheitlich französischsprachigen Stadt eben Französisch. Die deutschsprachigen Kids haben damit kein Problem: «Ich habe den französischen Kindergarten besucht», erzählt Ilir. «Ich habe Französisch beim Spielen im Quartier und beim Fussball gelernt», sagt Almir. «Meine älteren Brüder haben mit ihren Kollegen Französisch gesprochen, so habe ich es auch gelernt und mit dem Fernsehen», ergänzt Drin.

Guter Einstieg

Natürlich bestehe das Stras­senfranzösisch vor allem aus knappen Sätzen und mit Vorliebe auch aus wüsten Wörtern, aber: «Man hat bereits einen gewissen Wortschatz, wenn man in die Schule kommt. Ich habe so in der Schule schneller Französisch gelernt und dadurch auch bessere Noten geschrieben», erzählt Drin. «Salut», «Merci», «De rien»: Ri­lind zählt auf, welche Wörter er zwischen den Wohnblocks gelernt hat. «Das sind nur so ein paar Wörter, aber es gibt einem ein Gefühl für die andere Sprache.» Wenn sie mit ihren welschen Kollegen redeten, würden sie manchmal auch die Sprachen mixen oder einander beim Übersetzen helfen, so Drin.

Es sei auch schon vorgekommen, so Almir, dass die französischsprachigen Jungs gesagt hätten «Die Deutschen sind blöd», «aber das stört mich nicht, ich ignorier es einfach». Das sei wie beim Fussballspielen, so Drin: «Am Anfang sind wir Konkurrenten. Man will wissen, wer stärker ist. Aber irgendwann beginnt man sich auch zu verstehen, und plötzlich ist ein französischsprachiger Gegner dein Freund.»

Die Jungs sind sich einig: Die Zweisprachigkeit bringt viele Vorteile. «Wenn du in Bern kein Deutsch sprichst, dann hast du ein Problem», meint Armin. «Überhaupt kannst du dich mit Französisch und Deutsch in der ganzen Schweiz verständigen – ausser in Lugano vielleicht», fügt Almir an.

Eine Sprache spielend lernen

Die Sprachvermittlung durch gemeinsame Handlungen und Aktivitäten sei sehr effektiv, weiss auch die Freiburger Linguistin Claudine Brohy. «Beim Spielen, Bergsteigen oder Arbeiten steht die Handlung im Vordergrund, die Sprache tritt in den Hintergrund.» Beiläufig nehme man plötzlich Wörter aus einem anderen Dialekt, einer anderen Sprache auf oder übernehme eine andere Sprachmelodie. Darum finde Fremdsprachenunterricht heute auch handlungsorientiert statt. Der natürliche Sprachenkontakt bringe es zudem mit sich, dass zwischen den Sprachen hin- und hergewechselt werde, in der Fachsprache heisst das Code-Switching. Früher sei das in Freiburg sehr verpönt gewesen, weil man es mit dem Bolz in Verbindung gebracht habe, nach dem Motto: «Die in der Unterstadt können weder das eine, noch das andere.» Dabei sei es auch dem Code-Switching zu verdanken, dass es so viele Wörter in der jeweils anderen Sprache, also im Deutschen respektive Französischen, gebe. Mixen sei heute akzeptiert. Je nachdem, mit wem man spreche, könnte es aber auch unangebracht sein, betont Brohy.

Radio FR macht es vor

Eine Meisterin dieser Technik ist Delphine Bulliard. Sie ist französischsprachige Redaktorin bei Radio FR. «Si tu veux des Töne, je peux les amener», richtet sie das Wort an einen deutschsprachigen Redaktionskollegen. Seit die beiden Redaktionen von Radio Freiburg und Radio Fribourg unter einer Leitung stehen, nämlich jener des welschen Radiomachers Philippe Huwiler, werden die Redaktionssitzungen zwei Mal pro Woche in deutscher Sprache und drei Mal in französischer Sprache abgehalten. Deutsche und welsche Kollegen sitzen an einem Tisch und besprechen die Themen, die auf den beiden Sendern behandelt werden sollen. Huwiler, dessen Mutter eine Deutschschweizerin ist und der sich als Kind weigerte, Deutsch zu sprechen, leitet heute problemlos die Sitzung auf Deutsch. Nur manchmal sucht er nach Wörtern. «Also, da ist eine Geschichte, bei der das ORP, ähm …» «…das RAV», kommt ihm der deutschsprachige Yves Kilchör zu Hilfe. «Ach ja, bei dem das RAV …», und schon ist die Sprachhürde überwunden. «Also, ich würde sagen, wenn Sie einen angle finden, wie wir das Thema angehen können», spricht Huwiler weiter. Und Pierre Meyer fällt ihm ins Wort: «Mais c’est juste aujourd’hui.» Huwiler: «Je n’ai aucune info sur Lehrerverband.» Kilchör: «Also, Sarah kann sich bei mir melden, vielleicht finden wir ja noch einen Ansatz.»

Nach der Sitzung erzählen die Redaktoren von ihren Erfahrungen in einem zweisprachigen Team. Und davon, dass auch sie, die eigentlichen Kommunikationsprofis sind, ständig daran arbeiten müssten, die sprachlichen und kulturellen Hürden zu überwinden. «Es gibt Kollegen, die noch nie ein Wort Deutsch mit mir gesprochen habe», stört sich Kilchör. «Das finde ich respektlos.» Andere wiederum, etwa Del­phine Bulliard, gäben sich richtig Mühe: «Sie macht sogar Wortwitze auf Deutsch, das finde ich super.» «Ja», meint diese, «ich war ein Jahr in England und habe gemerkt, will man kommunizieren, dann muss man einfach reden. Egal ob mit oder ohne Fehler.» In den zehn Jahren, in denen sie bisher bei Radio Fribourg gearbeitet habe, habe sie ihr Deutsch klar verbessert, «weil ich auch Interviews für die Kollegen von Radio Freiburg mache. Cela permet de se faire l’oreille.» Aber auch die Deutschschweizer würden mit der Zeit immer besser Französisch sprechen, stellt Delphine Bulliard fest.

Die meisten Redaktionsmitglieder haben keine Berührungsängste mit der Partnersprache. Manuela Paganini von der deutschen Redaktion hat ihr Schulfranzösisch bereits an ihrem ehemaligen Arbeitsplatz in Lausanne verbessert und bleibt mit ihrem welschen Freund in Übung. Frédérique Bugnon von Radio Fribourg absolviert ein zweisprachiges Studium. Und der schweigsame Pierre Meyer? «J’avais la matinale, aber eigentlich kann ich auch Schwyzerdütsch, ich habe in Bern studiert.» Und sogleich gibt er zum Erstaunen der deutschsprachigen Kollegen ein Müsterchen. «Ah, mit Dir sollte man mehr Deutsch sprechen», zieht ihn Manuela Paganini auf. «Ja», lacht der, «aber auf Deutsch muss ich mich schon mehr konzentrieren.» Das stellt auch Philippe Huwiler bei sich fest: «Wenn dich ein Thema nicht betrifft, schaltest du schneller ab.»

Hier die Umfrage:

 

Grundsätzlich glaubt Kilchör, dass die Sprachenfrage bei den deutschsprachigen Redakteuren präsenter ist. «Beim Radio brauchst du immer einen O-Ton auf Deutsch. Wenn wir dann keinen Interviewpartner bekommen, der einigermassen gut Deutsch spricht, bekommen unsere Kollegen unseren Frust ab.» Diesen Umständen kann Paganini indes auch etwas Positives abgewinnen: «Wir bestehen auf Deutsch. Damit erzeugen wir bei den Politikern einen gewissen Druck: Entweder sie sprechen Deutsch, oder sie sind nicht auf unserem Sender.»

Zum Schluss des Gesprächs meint Yves Kilchör treffend: «Die Frage, die sich in Bezug auf die Zweisprachigkeit stellt, ist doch die: Sehen wir sie als Chance oder als Übel?»

«Ich war ein Jahr in England und habe gemerkt, will man kommunizieren, dann muss man einfach reden. Egal ob mit oder ohne Fehler.»

Delphine Bulliard

Stellvertretende Chefredaktorin Radio FR

Tag der Sprachen

Rendez-vous und Speed-Dating bilingue

Jedes Jahr am 26. September findet der europäische Tag der Sprachen statt. Anlässlich dieses kontinentalen Events wurde 2015 auf Initiative des Jugendrates vom Grossen Rat der Tag der Zweisprachigkeit eingeführt. Institutionen, Unternehmen, Organisationen und Vereine werden am Samstag, 23. September, mit Ständen in der Romontgasse am «Rendez-vous Bilingue» vertreten sein. Nach einer musikalischen Einlage um 11 Uhr wird Gustav sein Projekt einer zweisprachigen Musikakademie vorstellen. Zum Abschluss der Veranstaltung werden die Preise für den Wettbewerb zum Tag der Zweisprachigkeit verliehen, der sich dieses Jahr an die Schulen richtete. Nur wenige Schritte entfernt, auf dem Georges-Python-Platz, findet zeitgleich der traditionelle Bio-Markt statt, der von der einzigen zweisprachigen Sektion von Bio Suisse organisiert wird. Zahlreiche Animationen stehen auf dem Programm, darunter das gemeinsame Kochen einer Suppe, bei dem die Namen der Zutaten in beiden Sprachen gelernt werden. Das Rendez-vous bilingue endet um 16 Uhr. Der Tag der Zweisprachigkeit 2017 wird auch in den Schulen gefeiert: Das Kollegium Heilig Kreuz öffnet erneut die Türen zu einigen seiner zweisprachigen Kurse für alle Freiburger Bürger, für die Familien und Freunde der Schülerinnen und Schüler. Das Kollegium Gambach wird am Morgen des 26. Septembers ausschliesslich zweisprachige Klassen bilden, Radio Gambach überträgt live zweisprachige Sendungen und am Mittag gibt die zweisprachige Schoolband ein Konzert. Für die Öffentlichkeit findet am 26. September von 18.30 bis 20.30 Uhr im Grenette-Saal eine Art Speed-Dating für Sprachinteressierte statt. Nach einer kurzen Einführung des Forums für Zweisprachigkeit können die Teilnehmer auf die Suche nach einem passenden Tandempartner gehen. Um das Tandemtreffen organisatorisch einfacher zu gestalten, ist für die kostenlose Teilnahme eine Online-Anmeldung auf www.zweisprachigkeit.ch Pflicht. Das ganze Programm des Tages der Zweisprachigkeit gibt es unter www.fri2frei.ch.

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