Grossrat Louis Duc behinderte Polizei
Staatsrat weist Vorwürfe wegen «Massenabführung» zurück
Die zwangsweise Ausweisung einer Familie aus einer Wohnung in Estavayer mit Polizeieinsatz bezeichnete Grossrat Louis Duc als skandalös. Nun muss er sich selber den Vorwurf gefallen lassen, die Polizei an der Arbeit gehindert zu haben.
Der Einsatz der Polizei erfolgte am 21. Januar 2005, nachdem die Familie die Miete während mehr als anderthalb Jahren nicht bezahlt hatte und der Richter schliesslich die Zwangsausweisung anordnen musste. Drei Polizisten und eine Polizistin nahmen die Ausweisung in Anwesenheit des Oberamtmannes vor. Anwesend waren auch Grossrat Louis Duc aus Forel sowie Pastor Richard.
Louis Duc gelangte in der Folge mit einer Anfrage an den Staatsrat und wartete dabei mit Vorwürfen an die Polizei, die Gerichtsbehörden und den Staatsrat auf. Er sprach von einer Ausweisung, «die mir heute noch übel aufstösst vor Abscheu, den ich gegenüber Justizentscheiden empfinde, die sich nicht im Geringsten darüber Gedanken machen, welche furchtbaren Folgen solche Räumungsbefehle haben können.»
Duc schilderte auf dramatische Weise die Räumung. Dabei störte ihn, dass gleich vier Polizisten quasi in Kampfaufmachung Gang und Treppen der Wohnung versperrten. Dem älteren der beiden Kinder, einem 10-jährigen Mädchen, das gerade von der Schule heimkam, sei der Zutritt zur Wohnung verboten worden. «Ich musste schreien, damit es zumindest ein Plüschtier holen durfte», hielt Duc in seiner Anfrage fest.
Skandalös?
Für den Grossrat aus Forel, der sich nicht zum ersten Mal gegen den Staat auflehnt und die Schwächeren der Gesellschaft in Schutz nimmt, ist es skandalös, miterleben zu müssen, wie eine vierköpfige Familie «fort muss, mit einigen Gegenständen unter dem Arm». «Eine wahre Massenabführung, die an die tragischen Jahre erinnert, deren wir in diesen Tagen gedenken», hielt Duc fest und dachte dabei zweifelsohne an Auschwitz.
Duc stritt nicht ab, dass die Familie selber auch eine gewisse Verantwortung trägt. Er warf aber den Behörden, die sich mit keinen Geldsorgen herumplagen müssen, ein taktloses Vorgehen vor, als würde es sich um einen Raub oder Tötungsfall handeln. Seiner Ansicht nach hätte psychologisch geschultes Personal beigezogen werden müssen, statt zum «letzten Ansturm» zu blasen. Die betroffene Familie habe Anspruch auf Respekt.
Gesetzmässig vorgegangen
Der Staatsrat weist nun in seiner Antwort auf die Anfrage alle Vorwürfe von Louis Duc zurück. Er schildert vorerst den langen Weg, den die Behörde gegangen ist, bevor sie die Zwangsausweisung anordnen musste, da die Familie die Wohnung nicht freiwillig räumen wollte.
Vier Polizisten seien aufgeboten worden, um den Mieter, der für seine unvorhersehbaren Charakterausbrüche und als potenziell gewalttätig bekannt ist, aus der Wohnung zu schaffen. Der Einsatz sei ab 10 Uhr erfolgt, damit er um 11 Uhr beendet sei, noch bevor die zwei Kinder von der Schule heimkamen. «Von Beginn an hat Grossrat Louis Duc sich der Polizeiaktion mündlich und physisch entgegengestellt und deren ordnungsgemässen Ablauf verhindert», entgegnet nun der Staatsrat. Dies habe dazu geführt, dass sich der Einsatz vergezögert habe, so dass das Mädchen die Ausweisung miterleben musste.
«Während des gesamten Einsatzes haben sich die Beamten der Kantonspolizei taktvoll, ruhig und menschlich verhalten. Sie sind nach dem definitiven und vollstreckbaren Gerichtsentscheid gesetzmässig und in geeigneter Weise vorgegangen», schreibt die Freiburger Regierung.
Deplatzierter Vergleich
Laut Staatsrat ist die Intervention der Kantonspolizei ohne Gewalt und unnötige Härte erfolgt. «Sie hatte in keinem Moment den Charakter einer Massenabführung, wie Grossrat Louis Duc dies behauptet», gibt er weiter zu verstehen und betrachtet einen solchen Vergleich als «völlig übertrieben und besonders deplatziert».
Der Staatsrat stellt sich am Schluss die Frage, ob nicht Personen, die am Verfahren nicht beteiligt waren, sich des Versuchs der vorsätzlichen Hinderung einer Amtshandlung zu verantworten haben. «Es ist jedoch nicht Sache des Staatsrates, sondern des Strafrichters, über diese Frage zu befinden», schliesst die Antwort. az