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Halbdurchlässige Sprachgrenze

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Viele Medienanalysen, die wir für verschiedene Auftraggeber hier an der Uni durchführten, gingen auch auf Fragen nach einer unterschiedlichen Wahrnehmung und Behandlung von Themen in den Schweizer Sprachregionen ein. Dabei fanden sich teilweise deutliche Unterschiede.

Ein sehr augenfälliges Beispiel zeigte sich etwa im Vergleich der Berichterstattung zu illegalen Drogen. So bestand etwa die Drogenberichterstattung in der von uns untersuchten Presse der Romandie zu rund der Hälfte aus Beiträgen der Kategorie «Unglücksfälle und Verbrechen», also Fälle von Verhaftungen, Beschlagnahmungen oder Drogenschmuggel. In der Tessiner Presse betrug dieser Anteil an Kriminalia sogar über zwei Drittel, während er in der Deutschschweiz lediglich 20 Prozent ausmachte. Dort wurde hingegen deutlich häufiger über politische oder therapeutische Aspekte aus dem Drogenbereich publiziert.

Diese unterschiedliche Schwerpunktsetzung in der Drogenberichterstattung ist nun weder richtig oder falsch, zusammen mit der weiteren inhaltlichen Behandlung des Themas ist sie aber Ausdruck einer bestimmten, von den Redaktionen getroffenen Wahl und einer unterschiedlichen Wahrnehmung der Drogenthematik. Das Obenstehende betrifft eine Phase von sieben Jahren in den 1990er-Jahren und stützt sich auf eine Auswahl von rund 12 000 einzelnen Artikeln; mittlerweile sind illegale Drogen als öffentliches Problem praktisch aus den Medien verschwunden – und zwar in allen Sprachregionen.

Sprachregionale Unterschiede der Berichterstattung können auch anderswo ausgemacht werden: So lässt sich das Ressort «Inland» beziehungsweise «Schweiz» der Pressetitel auf deren jeweiligen Anteile an der Berichterstattung aus anderen Sprachregionen analysieren. Berichtet also beispielsweise eine Neuenburger Zeitung über einen Naturpark im Entlebuch oder findet man in einem Bündner Blatt Artikel zu Strassenprojekten im Genfer Seebecken?

Dabei zeigt sich, dass die meisten Titel der Deutschschweizer Tagespresse in ihrer nationalen Berichterstattung zu einer fast exklusiven Beschränkung auf das eigene Sprachgebiet neigen. Ausnahmen finden sich vor allem bei Aufsehen erregenden Kriminalfällen und kantonalen oder – seltener – kommunalen Wahlen. Demgegenüber finden sich in der Romandie deutlich grössere Anteile an Artikeln, welche über Ereignisse aus anderen Sprachregionen berichten.

Jetzt könnte man natürlich einwenden, dass hierzulande die berichtswürdige Post eben in der Deutschschweiz und nicht in der Romandie abgehe, dass also die Titel der Deutschschweiz kaum Erwähnenswertes in der französischen Schweiz finden. Dass dem nicht so ist, zeigt sich nicht zuletzt darin, dass einzelne Zeitungen der Deutschschweiz eben doch eine recht ausgebaute Berichterstattung zur Romandie aufweisen, wobei das sowohl vom Selbstverständnis der Zeitung, der Entfernung von der Sprachgrenze und vom Budget abhängig ist. Auch hier geht es um eine zumindest teilweise bewusste Entscheidung der Redaktionen, die bewirkt, dass die Sprachgrenze für Nachrichten nur teilweise durchlässig ist.

Boris Bollerist Ethnologe. Er studierte, lebte und arbeitete lange in Freiburg. Nun beschäftigt er sich bis auf weiteres von Bern aus mit den Belangen der Zweisprachigkeit und pendelt zwischen den beiden Städten. Als Gastkolumnist macht sich Boris Boller in den FN regelmässig Gedanken zur Zwei- und Mehrsprachigkeit.

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