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Hans Küng will weiterkämpfen

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Wie Joseph Ratzinger, der heutige Papst Benedikt XVI, nahm auch Hans Küng als junger theologischer Berater ab 1962 in Rom am Konzil teil. Im Interview bemängelt Küng Kompromisse der Konzilsversammlung und wünscht sich, dass die vom Konzil begonnene Erneuerung der Kirche fortgesetzt wird.

 

 Hans Küng, welche Erinnerungen verbinden Sie mit dem Konzil?

Höchst gewichtige, aber zwiespältige. Einerseits haben wir grosse Erfolge erzielt, weil wir die Kirche gründlich verändert haben. Andererseits mussten von den Konzilsvätern Kompromisse eingegangen werden, die ich selber nicht billigen konnte. Es gab Themen wie etwa den Zölibat, die Frage der Ehescheidung oder nach einer Reform des Papsttums, die erst gar nicht angesprochen werden durften. Und leider wirken sich diese Mängel bis heute sehr stark aus, so dass ich ein wenig traurig bin, wenn ich an die grosse Zeit des Konzils zurückdenke.

 

 Gab es damals eine besondere Aufbruchstimmung?

Ja, der Geist des Konzils war ausserordentlich stark. Es war ein Geist der Erneuerung, der ökumenischen Verständigung, der Öffnung zur Welt. Es war damals eine Freude, katholisch zu sein. Und der Geist des Konzils hat die gesamte Kirche erfasst.

 

 Ist dieser Aufbruch heute noch spürbar?

Die Wirkungen des Konzils sind natürlich gegeben. Aber der Geist, der damals herrschte, ist verflogen. Es herrscht heute eher ein Geist der Resignation, des Defätismus, sogar des Zorns über die Reformunfähigkeit und Dialogverweigerung der Bischöfe und des Papstes, die vieles von dem, was das Konzil gebracht hat, nicht genutzt oder gar verspielt haben. Ich wünschte mir, dass der Geist des Konzils wieder wach würde und die Konzilsfeierlichkeiten viele daran erinnerten, dass wir einmal bessere Zeiten in der katholischen Kirche hatten.

 

 Zwischen 1962 und 1965 trafen Bischöfe und Theologen aus aller Welt zusammen. Wie sah damals Ihre Zusammenarbeit mit Joseph Ratzinger aus, der wie Sie als aufstrebender Nachwuchstheologe nach Rom gekommen war?

Wir waren beide damals auf der Seite der Reformer, und man hat damals keinen Zwiespalt gespürt. Ein Unterschied war, dass Joseph Ratzinger in der theologischen Kommission mitgearbeitet hat. Ich habe das abgelehnt, weil ich sah, dass eine konsequent auf dem Neuen Testament beruhende Kirchenkonstitution nicht durchgesetzt werden konnte. Insofern habe ich angefangen, mein Buch «Die Kirche» zu schreiben, das 1967 erschien und die verschiedenen Wege anzeigte, die wir bis heute gegangen sind.

 

 In den ersten Monaten nach seiner Wahl zum Papst hat sich Ratzinger mit zwei Theologen getroffen: mit Ihnen und mit Bernard Fellay, dem Oberen der Piusbruderschaft. Sehen Sie da einen Zusammenhang mit dem Konzil?

Die Piusbrüder werden oft als das eine Extrem dargestellt, meine Position und die der Reformer als das andere. Das ist falsch. Denn die Lefebvristen haben sich von Anfang an in wichtigen Positionen wie Liturgie, Religionsfreiheit und Ökumene gegen das Konzil gestellt. Ich war immer für das Konzil und stand mitten in der Kirche. Meine Freunde und ich waren im Konzil die Avantgarde; die Lefebvristen waren die letzten am Ende des Zuges.

 

 Aber was ist daraus heute geworden?

Der Papst hat sich einseitig der Rückgewinnung dieserTraditionalisten gewidmet undeinen gefährlichen Weg eingeschlagen, insofern er Errungenschaften des Konzils wie die Gewinnung einer einheitlichen, neuen Liturgie konterkariert. Ich hoffe, dass sich nach einer gewissen Zeit der Restauration der Geist der Erneuerung wieder durchsetzen wird.

 

 Wo sollte eine kirchliche Erneuerung ansetzen?

Relativ leicht zu korrigieren wäre die falsche Entscheidung in Sachen Empfängnisverhütung. Es bräuchte unbedingt die Abschaffung des Zölibatsgesetzes, weil es dem Evangelium widerspricht. Wichtig wäre auch eine Änderung der Bischofswahl, damit der Klerus und eine Repräsentation der Laien einer Diözese einbezogen sind und nicht in römischen Büros über die Bischöfe der Welt bestimmt wird.

 

 Welche Papiere haben Sie während der Zeit des Konzils für die wichtigsten gehalten?

Die Konstitution über die Kirche war grundlegend für das neue Verständnis der Kirche als Volk Gottes und der Kirchenämter als Dienste. Die alte Vorstellung einer hierarchischen Pyramide wurde ersetzt durch die Idee einer «communio»–einer Gemeinschaft aller Gläubigen. Die Liturgiekonstitution hat wohl den grössten Wandel herbeigeführt, da wir seitdem eine Liturgie des Volkes in der jeweiligen Landessprache haben. Wenn heute in den Gemeinden eine gute Liturgie gestaltet werden kann, dann ist das das Verdienst des Konzils. Sehr wichtig war auch die Erklärung über die Religionsfreiheit, die eine Neueinstellung zum Judentum, zum Islam und zu den Weltreligionen brachte.Auch hielt das Konzil fest, dass die Kirche nicht mehr die Moderne bekämpft, sondern konstruktiv in der modernen Welt mitleben und mitwirken kann.

 

 Wäre es also an der Zeit, die Konzilstexte noch einmal genau anzuschauen?

Die starken Punkte in den einzelnen Dekreten sind bekannt. Nur die Dokumente zu studieren, würde nicht helfen. Wir müssen vielmehr schauen, wie wir auf der Linie des Konzils weiterkommen. So muss klar werden, dass Fragen wie die Wiederverheiratung von Geschiedenen im Geiste des Ökumenismus beantwortet werden. Frauen müssen eine ganz andere Bedeutung in der Kirche erhalten, folglich zu allen Ämtern zugelassen werden. Da gibt es eine Menge von Impulsen des Konzils, die wir aufgreifen sollten. Wir brauchen aber eine Vision, kein blosses Studieren der Dokumente.

 

 Ist Ihr «Projekt Weltethos» vom Konzil beeinflusst?

Jedenfalls war das Konzilsdekret über die Weltreligionen eine Voraussetzung für die Öffnung, von der ich mitgetragen wurde. Es ist in den vergangenen Jahren immer deutlicher geworden–nicht zuletzt durch die jüngsten Äusserungen des Papstes im Libanon–, dass es keinen Frieden unter den Nationen ohne Frieden unter den Religionen geben kann. Daraus folgt: kein Friede unter den Religionen ohne Dialog zwischen den Religionen! Und schliesslich: kein Dialog ohne gemeinsame ethische Standards! Insofern fügt sich das Projekt Weltethos ganz ein in den Strom der Erneuerung, den das Vatikanum ausgelöst hat.

 

 Überwiegen also positive Erinnerungen an das Konzil oder Enttäuschungen über verpasste Chancen?

Ich kann nicht mit einem Auge lachen und mit dem anderen weinen. Ich nehme die Dinge, wie sie sind. Und ich kämpfe weiter für eine Erneuerung der Kirche.

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