«Krieg» – Gastkolumne in der FN-Ausgabe vom 7. April 2022
Franz Engel hat recht, Wolfgang Borcherts dringlichen Appell «Sag Nein!» (zum Krieg) zu beschwören. Schon vor dem Zweiten Weltkrieg gab ein anderer Dichter zu bedenken: «Stell dir vor, es ist Krieg – und keiner geht hin.» Was soll in der Tat dieser künstlich inszenierte Irrsinn in der Ukraine, eine Ausgeburt kranker Macho-Hirne? Trotzdem sei die Frage erlaubt: Hilft gegen Krieg stets nur der Krieg? Wie viele Milliarden geben wir jährlich für das Einüben und wie viele für die Verhinderung des Kriegs aus? Dazu gehörte die Schaffung einer gerechteren Welt und nicht zuletzt das Erlernen des gewaltfreien Widerstands wie zum Beispiel im Unabhängigkeitskampf Indiens, der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung oder sogar im Prager und DDR-Frühling. Das seit Jahrtausenden «bewährte» Rezept «Auge um Auge, Zahn um Zahn» kann jedenfalls im nuklearen Zeitalter die ganze Menschheit mit in den Abgrund reissen. Zynisch gesagt, ist das Klimaproblem dann mitgelöst, und die Erde kehrt in den menschenleeren Naturzustand zurück. – Bevor es dazu kommt, wäre bei den Kriegstreibern anzusetzen, bei Putins Männerliga, wo die Frauen durch Abwesenheit glänzen. Diese sind nämlich wieder die ersten Leidtragenden, nicht nur in der Ukraine, auch in Russland. Je mehr russische Särge mit sinnlos geopferten jungen Söhnen dorthin zurückkehren, desto lauter kann sich die Stimme der Soldatenmütter erheben und wie schon im sowjetischen Afghanistan-Krieg zu einer Macht werden, der sich auch ein Putin beugen muss.
Jean-Pierre Anderegg, Freiburg
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