Es ist illegal. Bussen belaufen sich auf bis zu 5000 Euro. Wenns ganz schlecht läuft sogar Gefängnis. Kontrolliert wird durch Helikopter und Küstenpolizei. Ausserdem lauern überall Gefahren aller Art. Als Hasenfuss par excellence sollte ich nur beim Gedanken daran tausend Tode sterben. Und doch hab ichs diesen Sommer getan: wildcampen. Und ich bin nicht die Einzige.
Im Schatten der Holzfällerblusen und Jutesäckli hat sich klammheimlich auch die Ferienkultur von Typisch Jung verhipstert. Ferienfotos von Luxusvillen mit Spa und Cocktails am Strand sind ins Out geschlittert. Heutzutage wird mit Naturverbundenheit aufgetrumpft. Mit Abenteuerlust oder – im Hipsterjargon – Wanderlust.
Wer kanns uns verübeln? Seine Zeltstangen an einem einsamen Strand aufzubauen und dabei den Sonnenuntergang anzuschmachten hat unbestritten seinen Charme. Sein Auto an den Rand einer Klippe zu stellen und mit offenem Kofferraum Astronomie zu studieren ist authentischer als im Rhythmus der Sommerhits im Beachclub zu wackeln. Und schliesslich ist das Aufwachen wegen Sonnenstrahlen und Vogelgezwitscher erholsamer als aufgrund eines schreienden Aquafit-Animators im Hotelpool.
Auch ich wollte hip sein. Auf Sardinien. An der Costa Smeralda. Geplant gewesen wars natürlich nicht (siehe Hasenfuss-Abschnitt), aber unser unverhofft grösseres Mietauto hat sich dann doch zum darin Übernachten aufgedrängt. Die überteuerten, geometrischen und übertriebenen 4-Sterne-Campings haben uns den Rest gegeben. So haben wir jeden Abend damit verbracht, einen abgelegenen und versteckten Platz zu finden. Wenn möglich lichtdicht, lärmgeschützt, flach, weg von aller Zivilisation und mit schöner Aussicht. Easy. Während der ersten Nacht hat meine Hasenfussnatur noch verrückt gespielt. Beim Auftauchen von Scheinwerfern am Anfang unseres verlassenen Feldweges ebenfalls. Und beim Grunzen von Wildschweinen ist mir das Herz in die Hose gerutscht (was anschliessend zu einer Formel-1-würdigen Flucht-Szene geführt hat).
Wildcampen ist billig (je nach Talent, den Ordnungshütern aus dem Weg zu gehen, versteht sich), abenteuerlich und manchmal wirklich sehr erholsam. Auf jeden Fall spannender als Strandurlaub All-Inclusive. Und last but not least: Beim Wildcampen fühlen sich die Holzfällerblusen endlich mal nicht fehl am Platz an.