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Hohe Erwartungen an den Staat

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Hohe Erwartungen an den Staat

Umfassende Liste öffentlicher Aufgaben und neue Finanzordnung

Wenn im Rahmen der Ausarbeitung der neuen Kantonsverfassung beanstandet wurde, dass der Text zu lang sei, dann war meistens auch die lange Liste der öffentlichen Aufgaben gemeint. Der Verfassungsrat hat diese zwar am Schluss noch ein wenig gestrafft, doch konnten die Zweifel an der Finanzierbarkeit nicht ganz ausgeräumt werden.

Von WALTER BUCHS

Die geltende Staatsverfassung enthält keine geordnete Auflistung der Aufgaben, welche die staatlichen Organe wahrzunehmen haben. Im Entwurf für das neue kantonale Grundgesetz ist der IV. Titel nun ganz den öffentlichen Aufgaben gewidmet (Art. 52-80). Dies wird auch in der Bundesverfassung und in den neueren Kantonsverfassungen so gehandhabt.

Hartnäckiges Seilziehen

Die lange Liste der Staatsaufgaben reicht von Massnahmen für die materielle Sicherheit über die Wirtschaftsförderung zu Bildungsfragen bis hin zur Katastrophenvorbeugung und öffentlichen Sicherheit. Viele dieser Aufgaben sind heute in der Gesetzgebung bereits vorgesehen und werden jetzt in den Verfassungsrang erhoben. In anderen Bereichen wird der Staat neu aktiv werden müssen (z. B. Förderung der humanitären Hilfe und von Freizeitbeschäftigungen).

Bei der Behandlung der öffentlichen Aufgaben prallten die unterschiedlichen Weltanschauungen im Verfassungsrat immer wieder hart aufeinander. Die Verantwortung des Individuums und die Rolle des Staates (Subsidiaritätsprinzip), die Ziele der Schule sowie die Ausgestaltung des Gesundheitswesens waren zentrale Elemente, mit denen die Fraktionen zum Teil hartnäckig versuchten, ihre Sicht eines Gesellschaftssystems umzusetzen.

In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass sich die Forderung nach der Bestimmung eines Mindestlohns schlussendlich nicht durchsetzen konnte, wohl aber die im ersten Entwurf nicht vorgesehene Möglichkeit für die anerkannten Kirchen, im Rahmen der obligatorischen Schulzeit, Religionsunterricht zu erteilen. Im Gesundheitswesen wurde als Kompromiss darauf verzichtet, bereits in der Verfassung festzulegen, auf welcher Ebene das Spitalwesen und die sozialmedizinischen Dienste organisiert werden.

Familien- und Jugendförderung

Familie und Bildung nehmen im Rahmen der öffentlichen Aufgaben eine zentrale Rolle ein, wobei die Vorgaben für eine umfassende Familienpolitik tatsächlich als innovativ bezeichnet werden können. Dabei wird als zentrale Massnahmen neu der Grundsatz «ein Kind – eine Zulage» in der Verfassung verankert.

Dies würde ein Abrücken von der heute geltenden Kinder- und Ausbildungszulagenordnung bedeuten. Die Familienzulagen wären nicht mehr abhängig von der Lohnbezügerstellung der Eltern, sondern das einzelne Kind hätte Anspruch auf eine Leistung, was von verschiedenen Seiten als Mittel für eine Geburtenförderungspolitik begrüsst wird. Die Neuerung wird aber namentlich von Arbeitgeberkreisen bekämpft, weil sie am heutigen, von den Sozialpartnern getragenen System festhalten und weil die Neuordnung zusätzliche Staatsausgaben verursachen würde.

Ausgeglichener Finanzhaushalt

Hart wurde im Verfassungsrat ebenfalls über die künftige Finanzordnung gerungen. Die jetzt vorgeschlagene Lösung ist zwingender als die heutige Verfassungs- und Gesetzesbestimmung. Letztere verpflichtet zur Erhöhung des Steuerfusses, wenn das im Staatsbudget vorgesehene Defizit drei Prozent des Gesamtertrags übersteigt. Die neue Verfassung sieht nun vor, dass der Voranschlag der laufenden Rechnung grundsätzlich ausgeglichen ist. Wenn die konjunkturelle Lage ungünstig ist oder ausserordentliche Finanzbedürfnisse bestehen, sind Defizite zulässig. Diese müssen aber «in den folgenden Jahren» ausgeglichen werden. Nach dem heutigen Finanzhaushaltgesetz gibt es lediglich einen indirekten Zwang, die Schulden gering zu halten.

Die Diskussion im Verfassungsrat drehte sich insbesondere um die Frage, innert welcher Frist Verluste auszugleichen sind. Es wurde darauf hingewiesen, dass der Staat die Möglichkeit zu antizyklischer Finanzpolitik haben müsse und dass die Dauer von Konjunkturzyklen nicht voraussehbar seien. In der Vernehmlassung hatte die SP sogar mit der Ablehnung des Verfassungsentwurfs gedroht, wenn punkto Budgetausgleich eine starre Haltung sich durchsetzen sollte. Die Formulierung, dass «Verluste in den folgenden Jahren auszugleichen sind», ist einer der zahlreichen Kompromisse, auf die sich die Fraktionschefs geeinigt hatten.

Unvollständig und unklar

Das Kapitel der öffentlichen Aufgaben enthält 29 Artikel. Im Gegensatz zum Bund braucht der Kanton für die von ihm zu verrichtenden Aufgaben keine Verfassungsgrundlage. Die meisten im Verfassungsentwurf genannten Aufgaben sind daher bereits auf Gesetzesstufe verankert, andere vom Staat auszuführende Aufgaben werden darin jedoch nicht erwähnt. Die Aufzählung der Staatsaufgaben ist somit unvollständig.

Ein vorgeschlagener Katalog der Aufgaben in nur einem Artikel, wie ihn zum Beispiel die Verfassung von Neuenburg vorsieht, wurde leider verworfen. Zudem sind viele Artikel unklar formuliert. Was heisst zum Beispiel «angemessen wohnen können» in Artikel 56? Oder was bedeutet es konkret, wenn der Staat Freizeitbeschäftigungen oder die Erwachsenenbildung fördern muss?

All diese Artikel erwecken zum Teil falsche Hoffnungen. Kommt dazu, dass die Bürgerinnen und Bürger aus diesen Artikeln keinerlei direkten Anspruch gegenüber dem Staat ableiten können.

Fabian Vollmer,
Verfassungsrat FDP, St. Antoni

Sparsamer Einsatz der Gelder

Ob bei Annahme der neuen Verfassung der Gesamtaufwand des Kantons sinken oder steigen wird, wird mehrheitlich erst bei deren Anwendung durch die Behörden und das Volk entschieden. Eindeutig ist jedoch der Wille des Verfassungsrates, die Vorschriften für den sparsamen und wirksamen Einsatz der Steuergelder zu verschärfen.

So verlangt der Entwurf grundsätzlich, dass der Staatsvoranschlag ausgeglichen ist. Bisher sind Ausgabenüberschüsse von bis zu drei Prozent des Gesamtvolumens zulässig gewesen. Auch müssen die Subventionen regelmässig überprüft und Steuerbetrug und -hinterziehung aktiv bekämpft werden.

Um die Lastenunterschiede zwischen den Gemeinden zu vermindern, wird ein neuer Finanzausgleich eingeführt. Als wichtige Volksrechte bleiben das obligatorische und das fakultative Finanzreferendum bestehen. Zudem soll jedermann in den Voranschlag und die Rechnung des Staates sowie seiner Anstalten Einsicht nehmen können.

Anton Brülhart,
Verfassungsrat CVP, Düdingen

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