Hohe Steuern schrecken Gutverdienende ab
Mit weniger Landwirtschaft und mehr High-Tech-Firmen höheres Wachstum generieren
Die einzelnen Wirtschaftsregionen im Kanton Freiburg besitzen – mit Ausnahme der Region Murten – kaum das Potenzial für ein langfristiges Wachstum. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Credit Suisse (CS), welche für alle Kantone einen Standortqualitätsindikator errechnet hat.
Von WALTER BUCHS
In einer Studie «Westschweiz – Struktur und Perspektiven» hat die wirtschaftspolitische Abteilung der CS die Strukturen und Perspektiven der Westschweiz untersucht. Auf der Basis eines einheitlich errechneten «Standortqualitätsindikators» (SQI) werden die Ergebnisse der sechs Westschweizer Kantone und ihrer Wirtschaftsregionen einander gegenübergestellt und mit dem schweizerischen Mittel verglichen. Die Verantwortlichen der Region Freiburg der CS haben Unternehmensverantwortliche und Politiker am Donnerstagabend eingeladen, um ihnen die Ergebnisse bekannt zu geben und sie zur Diskussion zu stellen (siehe Kasten).
Freiburg an 21. Stelle
Die Hauptautorin der Studie, Sara Carnazzi Weber, gab den gut 50 Gästen bekannt, dass Freiburg sich in der Liste des SQI aller Kantone an 21. Stelle befinde und klar unter dem Landesdurchschnitt liege. Die anderen Westschweizer Kantone Neuenburg, Wallis und Jura sind allerdings noch schlechter gestellt. Die Regionen Saane und Murten liegen dabei ziemlich genau im schweizerischen Mittel, die anderen darunter, namentlich Glane/Vivisbach.
Bildungsstand unterdurchschnittlich
In allen Regionen des Kantons Freiburg ist die Besteuerung der natürlichen Personen höher als der Landesdurchschnitt, wobei auch hier der Süden des Kantons am schlechtesten wegkommt. Bei den juristischen Personen liegt die Steuerbelastung der Unternehmen in der Region Murten unter dem Landesdurchschnitt, im Sensebezirk entspricht sie genau diesem Mittel und in den anderen Regionen ist sie – allerdings nur geringfügig – darüber.
Mit einer gewissen Zurückhaltung und Skepsis nahmen die Teilnehmenden der CS-Informationsveranstaltung die Ergebnisse über den Ausbildungsstand im Kanton zur Kenntnis. Danach liegt, was Freiburg betrifft, nur gerade in der Region Saane die Verfügbarkeit hoch qualifizierter Arbeitskräfte klar über dem nationalen Durchschnitt. In der Region Murten liegt sie leicht darüber. Murten ist zudem die einzige Freiburger Region, in der der Bildungsstand der Bevölkerung über dem Landesmittel liegen soll. Die anderen Regionen des Kantons liegen sowohl in Bezug auf Verfügbarkeit hoch qualifizierter Personen als auch und insbesondere in Bezug auf den Bildungsstand unter dem Durchschnitt aller Kantone.
Die verkehrstechnische Erreichbarkeit wird für die Regionen Saane, Sense und Murten als gut eingestuft. Die Bewertung für Broye und Glane/Vivisbach wird als durchschnittlich und jene im Greyerz als problematisch eingestuft. Angesichts der Tatsache, dass Freiburg sowohl punkto Eisenbahn als auch Autobahn an den Hauptverkehrsachsen liegt, blieb diese Beurteilung bei einigen Teilnehmenden der Informationsveranstaltung vom Donnerstagabend nicht unwidersprochen.
Bevölkerungsdynamik
Die CS-Studie untersucht im Weiteren die Bevölkerungsentwicklung sowie die Pendler- und Migrationsbewegungen. Bekanntlich ist im Kanton Freiburg die Bevölkerung zwischen 1900 und 2003 überdurchschnittlich gewachsen, dies nicht zuletzt auch dank Migration. Mit einer Zunahme von über 20 Prozent verzeichnete dabei die Agglomeration Bulle sogar den höchsten Zuwachs des Landes. Angezogen durch die nahegelegenen Pole Bern und Lausanne sind die Freiburger zudem besonders pendlerfreundlich. Diesbezüglich wird namentlich die Region Sense als Wohnregion bezeichnet.
In Verbindung zur Bevölkerungszunahme steht im Kanton Freiburg auch das tiefere Lohnniveau als im Landesdurchschnitt, wie dies ebenfalls im Jura und in Neuenburg der Fall ist. Demzufolge ist das durchschnittliche Haushalteinkommen relativ tief. Es stellt im Kanton Freiburg gemäss den in der CS-Studie publizierten Daten lediglich knapp 82 Prozent des Landesmittels und 88 Prozent des Westschweizer Durchschnitts dar. Für die nahe Zukunft wird weiterhin ein unterdurchschnittliches Wachstum vorausgesagt.
Der Analyse der Branchenstruktur wird in der CS-Studie eine zentrale Bedeutung beigemessen, weil diese für das Leistungspotenzial einer Region ausschlaggebend ist. Der Dienstleistungssektor, in dem die Wertschöpfung pro Beschäftigten in der Regel höher liegt als in den anderen Sektoren, hat zwar im Kanton Freiburg markant zugelegt. Trotzdem ist die kantonale Volkswirtschaft nicht entsprechend gewachsen, da der überwiegende Teil der neuen Arbeitsplätze des Dienstleistungsbereichs im öffentlichen Sektor geschaffen wurde.
Wachstum durch mehr Wertschöpfung
Dann wird festgestellt, dass der Freiburger Sekundärsektor eine Spezialisierung in zwei Kategorien aufweist: in der traditionellen Industrie (z. B. Nahrungsmittelverarbeitung) und Energie. Hier ist die Wertschöpfung vergleichsweise tiefer als in den anderen Industriezweigen. Schliesslich sind in der Freiburger Landwirtschaft bedeutend mehr Personen beschäftigt als im Landesdurchschnitt. Die Tatsache, dass der Staat Freiburg für den Bereich Volkswirtschaft bedeutend mehr ausgibt als andere Kantone, wird unter anderem auf diesen Umstand zurückgeführt (Subventionen).
High-Tech im Grünen
Für die Autoren der CS-Studie könnte die vergleichsweise starke Ausrichtung des Kantons auf den sekundären Sektor trotzdem zur gesuchten Wachstumssteigerung beitragen. Voraussetzung wäre, dass einige wertschöpfungsintensivere Industriebereiche wie z. B. Elektronik oder der Maschinenbau an Bedeutung gewännen, was vom Kanton seit Jahren bereits gezielt gefördert wird.
Was die Wertschöpfung pro Beschäftigten anbelangt, ist diese aufgrund der veröffentlichten Zahlen lediglich in der Region Saane höher als im Landesdurchschnitt. Mittelfristig besitze unter den heutigen Gegebenheiten im Kanton lediglich die Region Murten ein Wachstumspotenzial, das über dem Schweizer Mittel liege.
Methode der CS-Studie
Um die Standortqualität der verschiedenen Kantone und Regionen messen und untereinander vergleichen zu können, haben die Autoren der Studie «Westschweiz – Struktur und Perspektiven» einen Standortqualitätsindikator (SQI) entwickelt. Bei den Vergleichen, die aufgrund dieses Indikators schweizweit gemacht werden, wurden Wirtschaftsregionen gebildet. Die Westschweiz wurde dabei in 28 Wirtschaftsregionen unterteilt.
Der SQI beruht auf fünf Faktoren: der Steuerbelastung sowohl von natürlichen als auch juristischen Personen, der Verfügbarkeit von hoch qualifizierten Arbeitskräften, dem Ausbildungsstand der Bevölkerung sowie der verkehrstechnischen Erreichbarkeit. Die Autoren weisen darauf hin, dass es sich um einen relativen Index handelt, bei dem der Wert für die ganze Schweiz bei Null liegt. Zudem seien qualitative Faktoren, die zwar auch eine Bedeutung haben, nicht einbezogen worden, da sie nur schwer objektiv quantifizierbar sind. wb
Schulden am besten im Griff
Ausser in Freiburg haben die anderen Westschweizer Kantone ihre Schuldenquote seit 1900 annähernd verdoppelt. Neben der generell höheren