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«Ich bin nicht der kühle Polizist»

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«In der Schule hatte ich einen Poncho», erzählt Christoph-Mathias Mueller lachend. Der 53-jährige Dirigent ist ab nächstem Jahr künstlerischer Leiter der Murten Classics. Er wird Nachfolger von Kaspar Zehnder, der das Festival nach 22  Jahren verlässt. Mueller verbrachte seine ersten drei Lebensjahre im Norden Perus, wo seine Eltern als Lehrer arbeiteten. «Ich selber erinnere mich zwar nicht mehr an diese Zeit. Aber die peruanische Kultur war Teil meiner Kindheit.» Prägender als der Poncho sei für ihn die peruanische Musik gewesen – eine rhythmische Musik, wie Mueller sagt. «Vielleicht ist mir der Puls in der Musik deshalb so wichtig.» Peru habe sein Kulturverständnis geprägt. «Für mich war es früh selbstverständlich, dass es auch ausserhalb Europas Hochkulturen gibt.»

Toscaninis Drive als Vorbild

2001 holte der grosse Claudio Abbado Mueller als Assistenzdirigent zum Gustav-Mahler-Jugendorchester. Auch beim Lucerne Festival arbeiteten die beiden Dirigenten zusammen. Bei einem berühmten Dirigenten lerne man unter anderem, mit Machtstrukturen und Druck umzugehen. «Abbado arbeitete im Scheinwerferlicht und stand deshalb mehr unter Druck als andere Kollegen.» Musikalisch habe er von Abbado beispielsweise gelernt, wie man mit einem Orchester atme. Neben Abbado nennt Mueller auch Hermann Scherchen und Arturo Toscanini als frühe Vorbilder. «Das sind allerdings rein musikalische und nicht unbedingt menschliche Vorbilder.» Gerade Toscanini galt auf dem Podest als Tyrann. Aber: «Er hatte musikalisch einen unglaublichen ­Drive», sagt Mueller.

Steht Christoph-Mathias Mueller selber vor einem Orchester, ist ihm die klangliche Balance wichtig. «Das Publikum soll auch die Mittelstimmen hören.» Er habe einen analytischen Zugang zur Musik, ohne dabei die Emotionen zu verlieren. Ein Video auf Muellers Website legt nahe, dass er eher expressiv dirigiert. Mueller sagt dazu: «Ich habe nie vor dem Spiegel geübt, das hat mich nie interessiert. Aber es stimmt, ich bin als Dirigent sicher nicht der kühle Polizist.»

Breites Repertoire

Christoph-Mathias Mueller sagt von sich selber, dass er ein ungewöhnlich breites Repertoire pflege. «Gäbe es Orchesterwerke aus der Renaissance, würde ich sie sofort aufführen.» Zu seinen Spezialgebieten gehören Komponisten in Diktaturen wie etwa der russisch-jüdische Musiker Alexander Veprik.

In Muellers Diskografie fallen zahlreiche Aufnahmen mit Werken wenig bekannter Komponisten auf. Er habe durchaus auch Musik prominenter Komponisten eingespielt, sagt Mueller. Aber: «Der Markt an Tonträgern ist übersättigt. Oft verkaufen sich selbst Beethoven-Zyklen berühmter Dirigenten nur schlecht.» Er nutze deshalb eine Nische und bringe unbekanntere Komponisten dem Publikum näher.

Von 2005 bis 2018 war Chris­toph-Mathias Mueller Generalmusikdirektor in Göttingen. In dieser Funktion erhielt er 2017 einen Echo Klassik, einen der renommiertesten Musikpreise im deutschsprachigen Raum. Die lokale Presse äussert sich wohlwollend über den «Mann mit dem sympathischen Schweizer Akzent». Mueller habe auf und neben dem Podest Stil, schreibt etwa die «Hessische/Niedersächsische Allgemeine». Er habe seine Musiker gefordert, aber die Fluktua- tion im Orchester sei gering gewesen.

Sympathie für Murten

Sein letztes Konzert mit seinem Göttinger Orchester leitete Christoph-Mathias Mueller ausgerechnet im Murtner Schlosshof. «Das war ein emotionaler Abend», erinnert sich Daniel Lehmann, Präsident der Murten Classics. Er habe damals schon gespürt, dass Mueller eine grosse Sympathie für die Region und das Festival habe. Als Kaspar Zehnder kurz darauf seinen Rücktritt als künstlerischer Leiter ankündigte, habe die Festivalleitung schnell einmal an Mueller gedacht. «Für uns war wichtig, dass der neue Leiter das Festival mitträgt.» Natürlich solle Mueller mit seinem Beziehungsnetz und seiner Erfahrung das Festival voranbringen. Das alleine reiche aber nicht: «Der neue künstlerische Leiter muss zu unserem Festival passen.»

Weiterhin mit Festivalmottos

Fragt man Mueller nach seinen Ideen für die Murten Classics, betont er zuerst die Kontinuitäten. So soll es auch künftig Festivalmottos und ein Kernrepertoire geben. Gleichzeitig will Mueller das Programm mit seinen Ideen erweitern. So soll die Musik aus dem 20.  Jahrhundert mehr Platz erhalten. «Es gibt gerade aus Frankreich oder Skandinavien so viele melodiöse und harmonische Musik, die sich auch für ein breites Publikum eignet», sagt Mueller.

«Ich habe nie vor dem Spiegel geübt, das hat mich nie interessiert.»

Christoph-Matthias Mueller

neuer künstlerischer Leiter der Murten Classics

Finanzen

Gönner und Gemeinden zeigen sich grosszügig

Wie andere Festivals ­können auch die Murten Classics dieses Jahr nicht stattfinden. Die Corona-Pandemie liess ein Festival in der bisherigen Form nicht zu. Die Absage stellte die Organisatoren finanziell vor Ungewissheiten. «Mittlerweile sind wir aber wieder zuversichtlich», sagt Daniel Lehmann, Präsident der Murten Classics und Oberamtmann des Seebezirks. Die Loterie Romande habe angekündigt, dass sie die Subventionen für das Festival trotz Absage auszahlt. Auch die Gemeinden hätten ihre Beiträge zumindest teilweise ausbezahlt. Die Gemeinde Mont-Vully habe ihren Beitrag sogar erhöht. Und von den privaten Gönnern habe niemand sein Geld zurückgefordert.

Nur moderater Verlust

Dank dieser Solidarität schliessen die Murten Classics das Jahr 2020 wohl nur mit einem moderaten Verlust ab. «Die Zukunft der Murten Classics ist deshalb vorerst nicht gefährdet», stellt Lehmann fest. Allerdings bleibe ein grosses Fragezeichen: Das Coronavirus wird wohl auch in den nächsten Jahren nicht verschwinden. «Müssen wir das Festival mit Schutzmassnahmen durchführen, könnte unsere Situation sehr schwierig werden.» Um die Abstandsregeln einzuhalten, müssten die Organisatoren im Murtner Schlosshof die Zahl der Sitzplätze reduzieren. Bei Massnahmen wie einer Maskenpflicht wäre zudem unklar, ob Firmen weiterhin bereit wären, ihre Kundenanlässe an den Murten Classics durchzuführen. Ohnehin sei das Sponsoring in den letzten Jahren anspruchsvoller geworden. «Das Coronavirus dürfte diese Situation noch verschärfen», so Lehmann.

sos

 

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