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«Ich nehme nicht einfach den Hut»

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Der Muntelierer Ruedi Lüthy hat vor genau einem Jahr die Gesamtleitung seiner Klinik in der Hauptstadt von Simbabwe, Harare, abgegeben. Seither ist er als medizinischer Direktor tätig. In diesem Krankenhaus werden seit 2003 Menschen behandelt, die an der Immunschwächekrankheit Aids leiden oder das HI-Virus tragen, das Aids auslöst. Für verschiedene Aufgaben zugunsten seiner Stiftung Swiss Aids Care weilte Lüthy diese Woche in der Schweiz und genoss die Ruhe seines Zuhauses.

 

 Wenn Sie in die Schweiz kommen, ist das für Sie wie Ferien, Ruedi Lüthy?

Ich bin drei bis vier Mal pro Jahr in der Schweiz, diesmal allerdings nur für eine Woche. Ich versuche, jeweils meine Sommerferien in der Schweiz zu verbringen. Denn in dieser Zeit ist es in Harare kalt. Ich geniesse den Sommer hier. Doch einen grossen Teil meines Lebens verbringe ich in Harare. Wenn ich in die Schweiz komme, habe ich meistens einen Grund. Um Vorträge zu halten, zum Beispiel. Zurzeit bin ich hier für eine Stiftungsratssitzung.

 

 Sie wohnen in Harare und in Muntelier. Aber wo fühlen Sie sich zu Hause?

Ich wohne gerne in Muntelier. Und ich fühle mich auch wohl in Harare, obwohl dort viele Annehmlichkeiten fehlen, die hier selbstverständlich sind. Zum Beispiel haben wir selten mehr als zwölf Stunden Strom pro Tag, ab und an gar nur vier. Doch die Arbeit in der Klinik gefällt mir sehr, so dass ich sagen kann: Ich fühle mich auch dort zu Hause.

 

 Wenn Sie wieder nach Harare zurückreisen: Was erleben Sie an einem normalen Tag als medizinischer Direktor?

«Normalität» gibt es kaum. Ich habe zu Beginn immer wieder versucht, meinen Tagesablauf zu planen. Meistens erfolglos. Ein typischer Tag beginnt mit einer Fortbildung mit den Ärzten. Sie stellen Fälle vor, die wir miteinander besprechen. Wir versuchen, jedes Mal medizinisch etwas Neues zu erarbeiten. Einmal pro Woche organisieren wir eine Fortbildung für die Krankenschwestern und das Personal. Das hat dem Selbstvertrauen der Krankenschwestern Auftrieb gegeben, denn sie gehören zu den sozial tieferen Klassen. Sie sind heute gut ausgebildet, wissen, wie man Patienten betreut. Dann halte ich Kurse für Gesundheitspersonal aus dem ganzen Land. Wir bilden sie in der Betreuung von HIV- und Aids-Patienten aus. Das ist eine Herausforderung, denn ihr Bildungsniveau ist oft niedrig. Wir geben ihnen die Grundlagen und Selbstvertrauen. Dieser Unterricht macht mir Freude.

 

 Sie stehen aber dennoch auch an der medizinischen Front, nehme ich an …?

Die Ärzte rufen mich zu Patienten mit Problemen, die sie selbst nicht lösen können. So sehe ich leider nicht die vielen Patienten, deren Krankheitsverlauf sich positiv entwickelt und bei denen die Therapie Erfolg hat, sondern die schwierigeren Fälle. Das ist eine Herausforderung, aber ich liebe meinen Beruf über alles und freue mich jedes Mal sehr, wenn wir Erfolg haben und jemandem helfen können. Deshalb bin ich auch froh über die Entlastung im administrativen Bereich, diese Verpflichtungen hatten Überhand genommen. Unser neuer Direktor Matthias Widmaier kümmert sich nun um diese Aufgaben. Ich widme mich voll der Ausbildung und der Patientenbetreuung.

 

 Man bekommt von aussen den Eindruck, dass die moderne Medizin Aids langsam in den Griff bekommen hat. Braucht es Ihre Klinik noch?

Das ist natürlich nur die schweizerische oder europäische Sicht. Wir haben hier seit Jahrzehnten eine effektive Präventionsarbeit, Krankenkassen, ein funktionierendes Gesundheitssystem mit der entsprechenden Infrastruktur. Im Gegensatz dazu: Im südlichen Afrika leben zwei von drei HIV-Infizierten auf dieser Welt. Allein in Simbabwe sind etwa 15 Prozent der Bevölkerung HIV-positiv. Das sind etwa 1,6 Millionen Einwohner. Das HI-Virus ist zusammen mit der Tuberkulose in dieser Region das mit Abstand grösste Gesundheitsproblem. In den letzten zehn Jahren hat praktisch jede Familie in Simbabwe Familienangehörige wegen Aids verloren. Diese Krankheit ist so präsent, wie wir uns das hier in der Schweiz nicht vorstellen können.

Dann hat die Krankheit in Afrika ihre Dramatik noch immer nicht verloren?

Nein, im Griff haben wir es nicht. Sonst hätten wir nicht bis zu 60 000 Neuinfektionen pro Jahr. Bis heute werden die schwangeren Frauen nicht so behandelt, dass sie keine HIV-positiven Kinder mehr auf die Welt bringen. Das wäre an sich eine einfachere Aufgabe. Das simbabwische Gesundheitssystem ist aber mangelhaft. Das Personal ist meistens ungenügend ausgebildet. Es wird mit administrativen Aufgaben eingedeckt und hat kaum Zeit für die Patienten. Medikamente fehlen oft, die Infrastruktur ist ungenügend. Das verhindert eine gute Betreuung. HIV ist in der Region noch immer ein riesiges Problem.

Ihre Stiftung gewährleistet die Finanzierung der Klinik. Wie schwierig ist das angesichts der Flüchtlingskrise und der abnehmenden Präsenz von Aids in der europäischen Öffentlichkeit?

Wir wollen die Bevölkerung hier für unsere Arbeit sensibilisieren. Aber über Jahrzehnte immer wieder auf die Aids-Epidemie hinzuweisen, damit das Elend, die Toten, die Waisen nicht vergessen gehen, ist eine schwierige Aufgabe. Dies ist im Gegensatz zu den sichtbaren und akuten Krisen wie der Flüchtlingskrise nicht einfach. Die Bewältigung dieser humanitären Katastrophe kostet viel Geld und ist notwendig. Bisher haben wir keinen Rückgang bei den Spenden verzeichnet. Dafür sind wir dankbar, denn eine Lösung für die Epidemie ist noch immer in weiter Ferne. Zwar wüsste man ja, was zu tun ist, aber es fehlt eben an allen Ecken und Enden. Das Gesundheitswesen muss in Bezug auf Aids neu organisiert werden. Wir brauchen neue diagnostische Wege, um die richtige Therapie verordnen zu können. Das ist schwierig.

 

 Sie sind heute 74 Jahre alt. Sie haben schon länger Anspruch auf den Ruhestand. Können Sie sich ein Leben nach der Arbeit vorstellen?

Mit zunehmendem Alter hat man weniger Kraft und Energie. Das spüre ich ja auch. Ich bin dieses Jahr schwer erkrankt, hatte Tuberkulose und musste mehrere Monate aussetzen. Das war ein Einschnitt in meinem Leben. Ich finde es schrecklich, wenn der Patron nicht abgeben kann. Deshalb haben wir mit grosser Sorgfalt meine Nachfolge geregelt. Ich bin ausserordentlich glücklich mit der Wahl von Matthias Widmaier zum Direktor unserer Newlands Clinic. Er hat sich sofort in das Team eingefügt. Er hat ein Herz für die Leute–was enorm wichtig ist. Ich will einfach, dass die Philosophie, die wir seit Jahren pflegen, erhalten bleibt. Aber ich weiss, dass ich irgendwann die medizinische Leitung abgeben werde. Neue, jüngere Leute bringen auch neue Ideen und Erfahrungen ein, das ist ein Gewinn. Als Arzt habe ich eine wunderbare Aufgabe und weiss nicht, wie ich damit fertig werde, wenn sie wegfällt. Aber es wird sicher ein graduelles Ausscheiden sein. Ich werde nicht einfach an meinem 75. Geburtstag den Hut nehmen. Das wäre weder für die Klinik noch für mich gut.

Zur Person

Ein Vierteljahrhundert im Kampf gegen Aids

Ruedi Lüthy, bald 75-jährig und gebürtiger Innerschweizer, studierte Medizin an der Universität Zürich und übernahm dort eine Professur. Er gründete die Abteilung für Infektionskrankheiten am Universitätsspital Zürich, die er während mehr als zwanzig Jahren führte. Lüthy war auch Mitbegründer und Leiter des Sterbehospizes «Lighthouse» in Zürich. Ende der 1980er-Jahre war Lüthy für eine nationale Studie verantwortlich, die den Umgang mit HIV und Aids in der Schweiz stark beeinflusste. Zudem war er Präsident der Eidgenössischen Kommission für Aidsfragen. Im Jahr 2003 gründete Lüthy die Stiftung Swiss Aids Care International und reiste nach Simbabwe, um in der Hauptstadt Harare die HIV-Klinik Newlands aufzubauen. Bis letztes Jahr leitete er die Klinik, seither amtet er als medizinischer Direktor. Er ist Stiftungsratsmitglied der Trägervereinigung Swiss Aids Care.fca

Zahlen und Fakten

Einsatz für die Schwächsten seit 2003

Die Stiftung Swiss Aids Care International mit Sitz in Zürich wurde 2003 mit dem Ziel gegründet, die Finanzierung der Newlands Aids-Clinic zu organisieren. Die Beiträge stammen aus Spenden und vom Bund. Die frühere Journalistin Sabine Lüthy, Tochter des Klinikgründers, leitet die Stiftung seit 2012. Die Leitung der Klinik übernahm 2014 Matthias Widmaier (47), Spezialist für Spitalmanagement und Entwicklungshilfe mit langjähriger Afrika-Erfahrung. Die Klinik behandelt Aids- und HIV-Patienten medizinisch und psychosozial. Sie kümmert sich auch um die Ausbildung von Fachleuten in Simbabwe, einem der ärmsten Länder Afrikas. In der Klinik werden jedes Jahr 5300 Patienten behandelt und rund 500 Fachleute ausgebildet. Zudem verteilt die Klinik Nahrungsmittel, bietet gynäkologische Vorsorgeuntersuchungen an und organisiert Selbsthilfegruppen für Jugendliche.fca

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