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«Ich war ganz unten – tiefer gehts nicht»

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Autor: Imelda Ruffieux

«Es fing schon an, als ich sechs Jahre alt war», sagt Charly. Der heute 57-jährige Freiburger erinnert sich gut daran, wann er zum ersten Mal Bier getrunken hat. Sein Onkel gab ihm Grenadine mit Bier, manchmal war mehr Bier drin als Sirup. «Es war süss und deshalb gut», erzählt Charly.

Trauer ertränkt

Als 14-Jähriger verlor Charly seine ältere Schwester, zu der er stets einen guten Bezug hatte. Es war kurz vor Weihnachten und er ertränkte seinen Kummer in Alkohol. «Statt in die Messe ging ich in die Beiz.» Er habe den Verlust nie ganz überwunden, auch heute nicht.

Während der Lehre sei er von den Eltern recht streng gehalten worden: Wochentags gab es keinen Ausgang und auch am Wochenende war er beschränkt. «Deshalb hatte ich später das Gefühl, etwas nachholen zu müssen», erzählt Charly. «Später kam die RS und dann die WK. Schon wenn ich nur Militärkleider gesehen habe, bekam ich Durst», macht er heute einen Spass, meint es aber im Grunde ernst.

Und noch eins

Er habe sich oft anstacheln lassen, als Mann von nicht so grosser Statur, möglichst am meisten Bier zu vertragen. «Oft habe ich am nächsten Tag nicht mehr gewusst, wo ich am Vorabend war. Das Portemonnaie war leer und ich hatte keine Ahnung, wie das gekommen ist.» Charly war viel mit Kollegen zusammen und auch in einem Turnverein. «Wir haben vorher eins getrunken und danach auch noch eins oder zwei.» Wenns gut lief an einem Turnier, wurde der Sieg gehörig gefeiert, wenns schlecht lief, ertränkte man den Frust in Bier. Er habe ohne Probleme eine halbe Kiste Bier trinken können.

Längst wurde nicht nur nach Feierabend und am Wochenende gebechert, sondern auch tagsüber. Trotzdem sei er in der Lage gewesen, sein Alkoholproblem zu verstecken. «Ich habe kein einziges Mal gefehlt», sagt er. Seine Familie wusste wohl von seiner Sucht, gesprochen habe man aber nie gross darüber. Das ging so weiter bis vor zehn Jahren. Ab und zu habe er schon daran gedacht, aufzuhören oder weniger zu trinken. Aber der Vorsatz hielt meist nur bis zum nächsten Bier. Mit der Zeit fing er morgens mit einem Bier an. «Oft hatte ich bis nach dem Mittag bereits sechs Bier getrunken.»

Dann ging sein Leben bachab: Führerausweisentzug, Kündigungsandrohung, Scheidung. «Das war schlimm. Das hat mich richtig hergenommen», erinnert sich Charly. Dann habe es bei ihm «Klick» gemacht. «Ich habe mir dann fest vorgenommen, morgen höre ich auf.»

Jeden Mittwoch bei den AA

Er sei sich bewusst geworden, dass er Hilfe brauchte, und suchte sie: erst beim Sozialdienst seines Arbeitgebers, dann bei einem Arzt und schliesslich im Centre Le Torry, wo er sich einem fünfwöchigen Entzug unterzog. Während dieser Zeit war er unter Aufsicht und der Verzicht war nicht schwer. «Aber was dann, wie geht es weiter?», fragte er sich. Auch die Anonymen Alkoholiker wurden ihm während des Entzugs als Möglichkeit präsentiert. «Das brauche ich nicht, dachte ich anfangs.» Dann ging er doch einmal an eines der Treffen – und ist den AA seither treu geblieben. Jeden Mittwoch geht er zu den Gesprächstherapien. «Ich bin ein anderer Mensch. Ich brauche es und es tut mir gut», erklärt er. «Es ist keine Sekte und es gibt keine hochstehenden Gespräche. Wir wissen alle, wovon wir sprechen.»

Es gebe lustige Gespräche, aber auch emotionale, alles ohne Zwang. «Es ist eine wirklich gute Hilfe für Leute mit Alkoholproblemen.» Wenn er ein Problem habe, das er mit niemanden sonst besprechen könne, finde er dort meistens Rat. «Früher habe ich es in mich reingefressen und mit Bier betäubt.» Und weil es ihm heute wesentlich besser geht, stellt er sich auch zur Verfügung, anderen zu helfen, etwa als Ansprechsperson der AA.

Immer noch gefährdet

Seit rund zehn Jahren ist Charly also trocken, hat keinen Tropfen Alkohol mehr angerührt. Aber geheilt von der Sucht sei er deshalb noch lange nicht, ist er sich bewusst. «Ich muss immer noch aufpassen», sagt er. Zwar bestelle er heute in einer Beiz automatisch einen Kaffee oder ein Wasser. Aber ein möglicher Rückfall sei immer präsent. Das Zwölf-Schritte-Programm der AA hat er längst auch auf den Alltag übertragen, zum Beispiel, immer nur einen Tag nach dem anderen zu nehmen, sich nicht zu viel vorzunehmen.

Leuten, die in der gleichen Lage sind, wie er vor zehn Jahren, rät er, unbedingt Hilfe zu suchen. «Alleine geht es nicht. Und es gibt gute Hilfsangebote.» Wo er heute wäre, hätte er damals nicht die Handbremse gezogen, weiss Charly mit Sicherheit: «Ich wäre drei Meter unter der Erde.» Er sei sicher, dass er alles verloren und sich aufgegeben hätte. «Ich war ganz unten, tiefer gehts nicht.»

Er ist sich aber auch bewusst, dass er die Kehrtwende nicht geschafft hätte, wenn er nicht selber die Notbremse gezogen hätte. «Der Wille war da. Ich wollte da raus.»

*Name geändert

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