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Im Kopfstand die Spiritualität entdecken

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Mitte Oktober erschien mit «Kopfstand. Aus meiner Beziehungskiste mit Gott» das neue Buch von Thomas Binotto. In dieser Sammlung von Kolumnen und kurzen, persönlichen Texten fordert er Leserinnen und Leser auf, einmal eine neue Sichtweise auf alte Fragen und Probleme zu riskieren. Im Interview mit den FN vertieft er einige Aspekte des neuen Buchs.

Thomas Binotto, ich spüre in einigen Kolumnen eine gewisse Distanz zur Kirche. Stimmt dieser Eindruck?

Das ist etwas paradox. Emotional habe ich überhaupt keine Distanz, die katholische Kirche ist meine Heimat. Aber in der Reflexion bin ich im Lauf meines Lebens distanzierter geworden. Für mich ist es schon lange keine Frage mehr, ob nun die katholische Kirche die richtige ist, oder die reformierte oder eine Freikirche. Ich glaube letztlich, dass wir viel mehr Gemeinsamkeiten haben als Unterschiede. In der Reflexion bin ich nicht mehr so symbiotisch mit der katholischen Kirche verbunden wie früher.

Sie sprechen trotz einer kritischen Haltung nirgends von einer Kirchenreform. Vielmehr soll die Kirche ständig auf der Suche sein nach dem Evangelium. Was heisst das?

Ich finde den Begriff Reform problematisch. Er bringt zum Ausdruck, dass es einmal eine perfekte Form gegeben habe, die wir der Kirche wieder zurückgeben wollen. Das ist ein überheblicher Anspruch: Die Kirche war nie perfekt. Ein besseres Bild ist das eines Provisoriums. Die Gottessuche ist eine lebenslange Suche – wie eine Partnerschaft, die zu keinem Zeitpunkt perfekt ist und die immer wieder neu entdeckt werden muss.

Sie schreiben, die Kirche sollte nicht den Leuten hinterherrennen und keine Spartengottesdienste anbieten. Sind Ihnen leere Kirchen egal?

Nein, überhaupt nicht. Mich stören leere Kirchen auch. Wir müssen uns als Katholiken aber auf eine kleinere Kirche einrichten.

Wünschen Sie sich eine elitärere Kirche?

Nein, ich möchte, dass es eine offene Kirche ist, und nicht eine Kirche der letzten Getreuen. Ein «Gesundschrumpfen» wäre mir ein Gräuel. Wir sollten mit mehr Gelassenheit darauf reagieren, dass Junge auch mal sagen, ich probiere jetzt etwas anderes aus. Wir müssen nicht krampfhaft den Jungen hinterherrennen. Es ist wie beim Gleichnis des verlorenen Sohns – der Vater sagt zum Sohn: «Du kannst zurückkommen, wenn es für dich stimmt.» Ich finde die Vorstellung einer Volkskirche toll. Nicht wegen der Grösse, sondern wegen ihres Anspruchs. Man muss nichts leisten, um zur Volkskirche dazuzugehören.

Das Buch stellt die persönliche Beziehung des Menschen zu Gott in den Mittelpunkt. Sie offenbaren eine bedingungslose Hingabe an Gott. Woher kommt dieses blinde Vertrauen in Gott?

Ich habe vieles gelernt aus Beziehungen und aus der Familie. Die Beziehung zu Gott ist nicht viel anders als die Beziehung zu anderen Menschen. Manchmal funktioniert es nur mit Vertrauen auf Vorschuss. Es ist aber nicht ein blindes Vertrauen. Ich bin ein «elender Gfrögli». Ich bin nie zufrieden mit den Antworten und schaue genau hin. Es ist mehr eine Form von Urvertrauen, die ich nicht erklären kann. Es ist ein kindliches Vertrauen, etwas in mir drin, das daran glaubt, dass es den lieben Gott gibt. Dieses Urvertrauen empfinde ich als Geschenk.

Das Alte Testament scheint es Ihnen besonders angetan zu haben mit seinen Geschichten von Helden und Gefühlen. Was können uns die teils blutigen Geschichten heute noch lehren?

Es sind einfach Urgeschichten, die unabhängig von ihrem religiösen Gehalt von Menschen erzählen. Sie wurden über Jahrhunderte immer wieder neu adaptiert, in immer gleichen Grundkonstellationen: Der Bruderkonflikt, der Vater-Sohn-Konflikt und so weiter. Wenn man das Alte Testament so liest, sind diese Urgeschichten wohltuend unmoralisierend. Die Geschichten werden nüchtern erzählt, eigentlich recht modern. Zum Beispiel die Geschichte vom König David, sie ist einfach eine Super-Story. Geschichten faszinieren mich, und das Alte Testament hat einfach coole Geschichten.

Das letzte Wort im Buch gilt Bruce Springsteen, der auch gute Geschichten erzählt. Sie erlebten an einem Rockkonzert einen spirituellen Moment. Zeigt das, dass jeder Mensch Spiritualität anders erfährt, auch im Alltag?

Für mich persönlich erfahre ich Spiritualität beim Schreiben. Da passieren Sachen, die ich mir nicht ganz erklären kann. Spirituelle Momente kommen bei mir aber auch bei Konzerten oder im Kino vor. Bei einer guten Predigt in der Kirche falle ich nicht von der Kirchenbank, denn da erwarte ich so etwas ja! Aber im Kino oder bei einem Konzert erwarte ich es eigentlich nicht. Wenn es mich da trifft, ist die Überraschung viel grösser, darum geniesse ich das an solchen Orten auch viel mehr.

2020 ist bislang geprägt von Leid, Krankheit und Isolation. Wie kann uns ein Kopfstand in so einer Situation helfen?

Mir kommt es im Moment vor wie eine Autofahrt auf einer unbekannten Strasse. Man weiss nie, was hinter der nächsten Kurve kommt. Dieses Unbekannte ist eine grosse Herausforderung. Aber man muss nicht immer alles kontrollieren können. Die Kopfstandübung besteht hier darin, zur Erkenntnis zu kommen, dass die Unsicherheit auch zum Leben gehört. Wir dürfen als Menschen auch mal Angst haben. Mir hilft in dieser Situation auch mein Glaube. Ich bin nicht auf mich alleine gestellt. Da ist jemand, mit dem ich auch hadern kann. Das hat eine entlastende Funktion. Auszurufen «He, gopferdeckel, was soll das?», das setzt auch neue Kräfte frei. Aus der Ohnmacht heraus kann auch eine Kraft entstehen.

Zur Person

Philosoph, Publizist und Filmjournalist

Thomas Binotto (geb. 1966) absolvierte eine Primarlehrerausbildung und studierte Philosophie. Der gebürtige Luzerner ist Buchautor, Publizist und Filmjournalist. Er ist Chefredaktor des Ma-gazins «Forum» der katholischen Kirche Zürich und wohnt in Schaffhausen.

vau

Thomas Binotto: «Kopfstand. Aus meiner Beziehungskiste mit Gott». Paulusverlag, Einsiedeln 2020. 192 S.

«Ich bin ein ‹elender Gfrögli›. Ich bin nie zufrieden mit den Antworten und schaue genau hin.»

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