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Im Rausch

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Alkohol, Kokain und Baldrian hatte der polnische Avantgardekünstler Stanisław Ignacy Witkiewicz 1930 konsumiert, bevor er ein Selbstporträt von sich zeichnete, auf dem ihm seine Zerrissenheit ins Gesicht geschrieben steht. Nicht minder ausdrucksstarke Porträts fertigte er in jener Zeit von Personen aus seinem Freundeskreis an, stets unter dem Einfluss von Rauschmitteln, die er akribisch auf den Zeichnungen vermerkte. So steht auf einem Porträt, der Künstler habe Meskalin und Bier konsumiert, dafür 56 oder 57 Tage nicht geraucht; bei einer anderen Zeichnung waren es Alkohol und Kokain. Die Pastellzeichnungen sind jetzt im Zentrum Paul Klee in Bern zu sehen, in der Ausstellung «Ekstase», die sich der Ekstase in der Kunst auf vielfältige und überraschende Weise annähert.

Antwort auf die Modernisierung

Die ausgestellten Werke aus 350 Jahren reichen von einem Abguss der Skulptur der «Verzückung der Heiligen Theresa» von Gian Lorenzo Bernini aus der Mitte des 17. Jahrhunderts über Auguste Rodins «Märtyrerin» von 1885 bis zum Ausdruckstanz von Pionierinnen wie Mary Wigman oder Gret Palucca zu Beginn des 20. Jahrhunderts und zu Video- und Fotoarbeiten aus den letzten Jahren. Die Ausstellung zeichnet sich dadurch aus, dass sie alle diese Werke, so unterschiedlich sie sein mögen, miteinander in Bezug setzt und erstaunliche Verbindungen schafft, etwa in den augenfälligen Parallelen zwischen Darstellungen religiöser und sexueller Ekstasen.

Auch wenn die Ekstase gerade als religiöses Phänomen schon seit Jahrhunderten in der Kunst präsent ist, so begann sie Künstlerinnen und Künstler doch erst ab dem späten 19. Jahrhundert in besonderem Ausmass und in all ihren Facetten zu interessieren. Die Modernisierung, der wissenschaftliche Fortschritt, der Bedeutungsverlust der Religion, die Entzauberung der Welt, wie Max Weber sie propagierte, aber auch die Schrecken des Ersten Weltkriegs liessen Künstler das Unfassbare, Übernatürliche, Triebhafte und Unbewusste auf andere Weise suchen. Sie entdeckten Rauschmittel wie Opium, Haschisch oder Alkohol als Mittel der Bewusstseinserweiterung und der Inspiration. Manche fanden die Ekstase unmittelbar in ihrer Kunst, in der Ausstellung besonders schön zu sehen an Beispielen des modernen Ausdruckstanzes wie Mary Wigmans «Hexentanz». Andere nahmen die Position des Beobachters ein und stellten Rausch- und Ekstaseerlebnisse dar, etwa Paul Klee in der Serie «Potsdamer Platz», die er 1918 zum gleichnamigen Roman von Curt Corrinth schuf. Passend zu Corrinths expressionistischer Vision eines Berlins der Lust und der Begierde zeigen Klees Illustrationen die Stadt und ihre Bewohner in skurrilen, ekstatisch-verschlungenen Kompositionen. Gleich daneben findet sich, quasi als zeitgenössische Entsprechung, die Fotoserie «Head Shots» (1991–1995) von Aura Rosenberg: Die US-Amerikanerin zeigt in ihren Schwarz-Weiss-Aufnahmen die Gesichter von Männern im Moment des sexuellen Höhepunktes.

Freude, Schmerz, Kontrollverlust

Ein Schlüsselmotiv der Ausstellung ist die Ambivalenz ekstatischer Erfahrungen: Es ist ein schmaler Grat zwischen Rausch und Absturz, Lust und Schmerz, Euphorie und Wahnsinn, Befreiung und Abhängigkeit, spiritueller Grenzerfahrung und körperlicher Selbstzerstörung. «Die Ausstellung wagt den Versuch, diese Pole zusammenzubringen – und dabei in einen Bereich des menschlichen Erlebens vorzustossen, der gerade wegen seiner Unfassbarkeit die Fantasie stets neu beflügelt», schreibt Kurator Martin Waldmeier. Die Schau ist entsprechend in sechs Themenbereiche gegliedert, die sich den vielfältigen Erscheinungsformen der Eks­tase anhand von Begriffspaaren annähern: «Hochgefühl/Fall», «Augenblick/Ewigkeit», «Euphorie/Taumel», «Tanz/Wahn», «Individuum/Universum» und «Rausch/Erkenntnis».

So begegnen die Besucherinnen und Besucher der Ekstase in all ihren Facetten: Als reine Freude zum Beispiel in dem Video «The Bride» (2009) der israelischen Künstlerin Efrat Shvily, das eine junge Braut zeigt, die kurz vor ihrer Hochzeit von ihren überbordenden Gefühlen überwältigt wird. Als ruhige Erhabenheit im Gemälde «L’Exstase» (vor 1896) des französischen Malers Jean Benner. Als körperlicher und seelischer Schmerz in den Fotografien von Nan Goldin, die dabei auch vor sich selbst nicht Halt macht. Als selbstversunkene Bewegung im Ausdruckstanz von Tänzerinnen wie Isadora Duncan (1877–1927), die wiederum zur Inspirationsquelle von Malern wie Ferdinand Hodler wurde. Als Kontrollverlust in den auf Video festgehaltenen Selbstversuchen von Paweł Althamer mit bewusstseinsverändernden Substanzen, von LSD bis zum Wahrheitsserum (2003–2004).

So wird der Rundgang durch die Ausstellung selbst zum rauschhaften Trip – und bietet vielfältige Denkanstösse in einer Zeit, in welcher der «kontrollierte Kontrollverlust» in Form von organisierten Abenteuerreisen oder Selbsterfahrungsseminaren immer mehr zum reinen Konsumprodukt wird.

Zentrum Paul Klee, Bern. Bis zum 4. August. Di. bis So. 10 bis 17 Uhr. Infos: www.zpk.org

Programm

Tanz-Performances und Konzerte

Zur Ausstellung «Ekstase» gibt es ein breites Begleitprogramm mit Musik, Filmen, Vorträgen, Tanz und mehr. So finden in der Ausstellung mehrmals Tanz-Performances statt, dieses Wochenende mit Noa Van Tichel und Jack Wignall (Sa., 11. Mai, 16 Uhr, So., 12. Mai, 13 Uhr). Morgen Sonntag gibt die Camerata Bern Kurzkonzerte zur Ausstellung, mit Werken von Joaquín Turina und Arnold Schönberg (14 und 16 Uhr). Parallel lohnt sich ein Besuch der Ausstellung «Kandinsky, Arp, Picasso … Klee & Friends», die noch bis zum 1. September im Zentrum Paul Klee zu sehen ist und das Wechselspiel zwischen Paul Klee und seinen illustren Freunden anhand von zahlreichen Werken präsentiert.

cs

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