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«In der Evolution geht es nicht um Wellness»

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«In der Evolution geht es nicht um Wellness»

Forscher von der Uni Freiburg entdecken ein Gen, das im Wurm C. elegans Langlebigkeit negativ beeinflusst

Wird das Gen Tor im Wurm C. elegans mutiert oder verändert, verlangsamt sich der Alterungsprozess. Diese Entdeckung machten Freiburger Forscher vom Departement für Biologie. Das Gen ist der molekulare Link zwischen Ernährung und Langlebigkeit.

Von JEAN-LUC BRÜLHART

Man nehme einen ein Millimeter langen Fadenwurm, den so genannten C. elegans (siehe Kasten), vermindere die Funktion des Gens Tor (target of rapamycin) und schon lebt der Wurm einen Monat lang – mehr als doppelt solange wie bisher. Eine Freiburger Forschungsgruppe um Fritz Müller vom Departement für Biologie an der Universität Freiburg publizierte die Ergebnisse der Forschungsarbeit in der britischen Wissenschaftszeitschrift «Nature» (FN vom 17. Dezember 2003).

Langlebigkeit auf Kosten der Fertilität

Das Tor-Gen im Wurm ist ein Schlüssel-Gen für die nahrungsabhängige Regulation von Wachstum und Stoffwechsel. In Abwesenheit von Nahrung vermindert das Gen seine Aktivität und organisiert – in einer Art Kriegshaushalt – das Überleben. Die Freiburger Forschungsgruppe konnte zeigen, dass das Ausschalten des Tor-Gens zu einer Verlangsamung des Alterungsprozesses führt, dies jedoch auf Kosten von Reproduktion und Fertilität. Der Zusammenhang zwischen Langlebigkeit und Ernährung ist schon einige Zeit bekannt, aber erst mit der Forschungsarbeit, an der ebenfalls der am Institut tätige Ungar Tibor Vellai massgeblich beteiligt war, wurde die molekulare Verknüpfung nun aufgedeckt.

Untersuchungen haben ergeben, dass junge Ratten, die wenig Kalorien zu sich nehmen, ebenfalls älter werden und zudem weniger an typischen Alterskrankheiten leiden. Ein Mensch, wollte man den gleichen Effekt erzielen, müsste laut Evolutionsbiologe Tadeusz Kawecki ständig hungern. Menschen, die extreme Strapazen zu erleiden hatten (wie zum Beispiel Überlebende von KZ), seien oft ebenfalls alt geworden. «Der Umgang mit Kalorien ist ausschlaggebend», betont Fritz Müller, Molekularbiologe an der Universität Freiburg.

Gleiche Vorgänge bei
Menschen und Pflanzen?

Das Tor-Gen existiert in allen höheren Organismen und wird ebenfalls an Taufliegen, Labormäusen, Pflanzen und Hefepilzen untersucht. Es bestehe die Möglichkeit, dass das Tor-Gen auch beim Menschen einen entscheidenden Einfluss auf den Alterungsprozess ausübt. Um diese Frage abzuklären,weichen die Forscher auf so genannte Modellorganismen aus, weil am Menschen keine Experimente durchgeführt werden.

Die Frage nach dem langen Leben ist nicht nur eine rein biologische und wissenschaftliche, sondern auch eine philosophische. «Die Natur hat hohes Alter und die damit verbundenen Krankheiten nicht vorgesehen, es ist ein vom Menschen erzeugtes Problem», sagt Müller. Die in der Natur lebenden Tiere und der Mensch in primitiven Kulturen würden selten ein hohes Alter erreichen.

«Eine Ausnahme bildeten Primaten», sagt der Evolutionsbiologe Tadeusz Kawecki. Er führt dies darauf zurück, dass die Tiere in einer Herde, einer Gesellschaft leben und ständig ein Wissenstransfer stattfindet. So wird zum Beispiel das Wissen um Wasservorkommen bei Dürreperioden von Generation zu Generation weitergegeben – ähnlich wie beim Menschen.

Unterschied Keimbahn – Soma

Im Gegensatz zum Menschen, der als Individuum denkt und sich mit seinem Körper identifiziert, spielt in der Evolution nicht der Körper (das Soma) eine entscheidende Rolle, sondern die Keimbahn (eine Linie der Zellen, von denen Eier und Spermien entstehen, und die keiner Seneszenz unterworfen sind). «In der Evolution geht es nicht um die Wellness des Individuums und auch nicht um das Überleben an sich, sondern darum, die eigenen Gene weiterzugeben», sagt Kawecki.

Ganz fasziniert zeigen sich die beiden Biologen bezüglich der unterschiedlichen Lebenserwartung von Mäusen, Menschen oder Schildkröten, obwohl sie von der Biologie her ähnlich sind. Noch verblüffender ist das Beispiel der Fledermaus, die bis zu sechs Mal älter werden kann als eine Maus. Die zellulären und molekulären Mechanismen sind bei diesen Tieren fast identisch, doch das Tempo des Alterungsprozesses ist sehr unterschiedlich.

Müller weist auf die ethischen, gesellschaftlichen und sozialen Folgen hin, die eine massive Verlängerung des Lebens durch die Wissenschaft haben könnte. Es gehe in der Grundlagenforschung nicht darum das Leben des Menschen zu verlängern. Vielmehr interessiere die Fragen: Warum altern wir und wie können und wollen wir das ändern?

Mit den Ergebnissen der Altersforschung – falls sie einmal zur praktischen Anwendung kommen – sollte die Lebensqualität der Menschen im Alter verbessert werden. Die Wissenschaft sei in dem Sinne ethisch neutral. «Vom ewigen Leben sind wir aber noch weit weg », sagt Müller. Der Alterungsprozess sei ein sehr komplexes genetisches Problem.
Wenn der Mensch an einem Herzversagen oder einem Hirnschlag stirbt, so auch deshalb, weil der Organismus alle Organe und Funktionen im Menschen gleichberechtigt behandelt. «Es gibt keinen Sinn, wenn das Herz gesund ist, die Energie für die restlichen Organe aber nicht mehr ausreicht», sagt Kawecki. Die maximale Lebensdauer habe sich in den letzten Jahrhunderten kaum verändert. Es sei bloss die durchschnittliche Lebenserwartung gestiegen.
Der etwas
andere
Wurm

Das Spezielle am Wurm Caenorhabditis elegans oder kurz C. elegans ist, dass er beinahe eben so viele Gene hat wie der Mensch – mehr als die Hälfte seiner Gene sind zudem jenen des Menschen ähnlich. Über die Hälfte aller bekannten Krankheitsgene beim Menschen finden sich auch im Erbgut des C. elegans.

Er ist ein multizellulärer Organismus mit einer Haut, einem Darm, einem Nervensystem und mit Muskeln. Was ihm fehlt, sind Blutgefässe.

Der Wurm ist für die Forscher ein kostengünstiger Modellorganismus und ein überschaubares Forschungsobjekt: Er hat nur 959 Körperzellen, die individuell beobachtet und deren Funktionen gezielt beeinflusst werden können.

Der kleine Wurm ist für die Wissenschafter ein offenes Buch. Das weltweit erste Genompro-jekt eines mehrzelligen Lebewesens wurde an C. elegans durch-geführt. Seit 1998 ist jeder Baustein seiner exakt 19 099 Gene bekannt.

Lebenserwartung:
15 Tage

Der Wurm lebt im Boden und entwickelt sich in gut drei Tagen aus einer Eizelle zu einem kompletten Wurm, der sich wieder vermehren kann. Er lebt dann rund 15 Tage. Wenn die Lebensbedingungen aber schlecht sind, kann
er in einem Dauerzustand ver-harren. In dieser Zeit reduziert sich der Organismus auf die wesentlichen Funktionen – ähnlich dem Winterschlaf bei Säugetieren.

Auch Krebsforschung

C. elegans ist ebenfalls ein perfektes Modellsystem, um einen Aspekt von Krebserkrankungen besser zu verstehen, den so genannten programmierten Zelltod, der in Tumorzellen gestört ist. Krebs sollte es nämlich gar nicht geben: Sobald eine Körperzelle abnormal erscheint, geht eine Art Alarmanlage los und die Zelle begeht Selbstmord. Dieser zelluläre Suizid, die «Apoptose», ist in Krebszellen blockiert; die Zelle teilt sich weiter, der Tumor wächst.

Krebsforscher haben einen ersten Zusammenhang zwischen Apoptose und Krebs erkannt: Ein Kreb

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