Autor: Arthur zurkinden
Mit dem Beitritt zur Interkantonalen Vereinbarung muss Freiburg bei der Betreuung und Einschulung behinderter Kinder bis zum 20. Altersjahr minimalen Anforderungen genügen, die schweizweit Gültigkeit haben. Das Konkordat tritt in Kraft, wenn es von zehn Kantonen ratifiziert worden ist, frühstens im Jahre 2011. Alle Fraktionen befürworteten am Mittwoch einen Beitritt. Die Enthaltungen stammen vorwiegend aus dem SVP-Lager, das den Beitritt als Salamitaktik zur Harmonisierung der Schweiz betrachtet, wie dies Josef Binz (St. Antoni) ausdrückte.
Integration statt Separation
Einer der vier Grundsätze des Konkordats besagt, dass integrative Lösungen separierenden Lösungen vorzuziehen seien, wenn dies dem Wohle des Kindes diene. SP-Sprecher Christian Marbach betrachtete die Integration behinderter Kinder in die Regelklassen als durchaus sinnvoll. «Sie ist aber nicht in allen Fällen anzustreben. Falsch gemeinte Integration ist diskriminierend», sagte er. «Soziale Integration ist nicht mit schulischer Integration gleichzustellen. Es macht auch keinen Sinn, einen 4.-Liga-Fussballer in die Nationalmannschaft integrieren zu wollen. Er wird dort nicht glücklicher», meinte er.
Sein Parteikollege Hugo Raemy stellte fest, dass bei den Lehrpersonen oft ein Unbehagen besteht, weil sie zu wenig unterstützt werden. Deshalb müssten bei einer Integration auch die personellen Ressourcen stimmen.
Auf diesen Punkt wies auch SVP-Sprecherin Katharina Thalmann-Bolz hin. Auch sie bezeichnete die Integration als gute Sache, äusserte aber Bedenken, werde sie zu stur angewandt. Sie wehrte sich gegen eine Integration, nur des Integrationswillens wegen, zumal in den Klassen meist auch Schüler mit einem Migrationshintergrund sitzen. Die Integration könne eine enorme Mehrbelastung für die Klasse und die Lehrperson bedeuten.
Zu viele Sonderschulen?
Katharina Thalmann wies auch darauf hin, dass in Freiburg 2,5 Prozent der Schüler in Sonderschulen für behinderte Kinder sind. «Mit diesem Anteil liegt Freiburg an 5. Stelle», sagte sie und befürchtete, dass trotz Integration die neun Sonderschulen im Kanton weitergeführt werden. Sie verlangte deshalb eine Überprüfung.
MLB-Sprecher Benoît Rey begrüsste es, dass der Meinung der Eltern künftig mehr Gewicht geschenkt wird, zumal sie schon vor der Einschulung viel Zeit in ihre Kinder investieren. Er wie auch Andrea Burgener (SP, Freiburg) forderten, dass Freiburg weiter geht als die Vereinbarung, die bloss minimale Standards vorschreibt.
Erziehungsdirektorin Isabelle Chassot und Kommissionssprecher Markus Bapst wiesen darauf hin, dass die Umsetzung der Vereinbarung mit den entsprechenden Massnahmen in einem kantonalen Konzept festgehalten werde. 200 Personen seien in Arbeitsgruppen und Untergruppen daran, dieses zu entwerfen. Der Grosse Rat werde dann Gelegenheit haben, sich zu den Massnahmen zu äussern, wenn die betreffenden Gesetze revidiert werden müssen.
Freiburg als Vorbild
Isabelle Chassot bestätigte, dass es Ziel der Vereinbarung sei, eine Integration in die Regelklassen anzustreben. «Ansonsten müssen die Ausnahmen gerechtfertigt werden.» Sie rief aber in Erinnerung, dass Freiburg bereits seit 1999 ein Konzept für die Integration habe und diesbezüglich oft als Vorbild betrachtet werde.