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60 Minuten, die zu reden geben

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Bereits zum dritten Mal stimmt der Kanton Freiburg am 30. Juni über eine Verlängerung der samstäglichen Ladenöffnungszeiten von 16 auf 17 Uhr ab. Im FN-Streitgespräch ­kreuzen die beiden Grossräte ­Emanuel Waeber (SVP, St. An­toni) und Armand Jaquier (SP, Romont) verbal die Klingen zu diesem umstrittenen Thema.

 

Armand Jaquier, nennen Sie uns bitte die drei wichtigsten Gründe dafür, die samstäglichen Öffnungszeiten bei 16  Uhr zu belassen.

Armand Jaquier: Erstens sind die Arbeitsbedingungen im Verkauf immer noch extrem schlecht. Zweitens würde eine Verlängerung eine klare Verschlechterung für das Familienleben der betroffenen Angestellten bedeuten. Denn es bedeutet, dass sie keinen freien Samstag zur Verfügung haben. Und schliesslich entspricht die Forderung nach Verlängerung in keiner Weise einer Notwendigkeit. Ganz einfach, weil die Umsatzzahlen exakt die gleichen bleiben dürften. Man wird lediglich den Moment des Konsums verschieben. Und das wird die Situation des Detailhandels in unserem Kanton sowie seiner Angestellten überhaupt nicht verbessern. Im Gegenteil: Die neue Regelung würde die Grossverteiler gegenüber den kleinen Geschäften weiter bevorzugen.

Emanuel Waeber, welches sind Ihre Hauptargumente für längere Öffnungszeiten?

Emanuel Waeber: Einmal geht es darum, dem Konsumverhalten, das sich in den letzten Jahrzehnten völlig verändert hat, gerecht zu werden. Im Jahr 2017 wurde in der Schweiz mit Internet-Einkäufen ein Umsatz von 8,6 Milliarden Franken generiert. Wenn ich heute über die Romontgasse oder die Lausannegasse gehe, stelle ich fest, dass alle paar Monate ein Geschäft schliesst und ein neues kommt. Für die Kleinbetriebe ist der Samstagnachmittag einfach wichtig, denn dieser ist gerade für unsere KMU die umsatzstärkste Zeit. Sie stehen in Konkurrenz mit den Grossen, und da gibt es eine Ungleichheit. Zweitens gilt es, dem Einkaufstourismus nach Lausanne, Bern oder Payerne einen Riegel zu schieben. Drittens geht es aber auch um die Gleichbehandlung von Detailhandel und Gastronomie.

Jaquier: Es ist wahr, dass die Internetverkäufe zunehmen. Man muss aber wissen, dass 40  Prozent aller Internet-Einkäufe in der Schweiz bei Coop und Migros getätigt werden. Die richtige Reaktion darauf kann nicht eine Verlängerung der Ladenöffnungszeiten sein, sondern nur eine generelle Weiterentwicklung des Detailhandels. Was den Einkaufstourismus betrifft: Man nennt oft Avenches oder Oron als Beispiele. Bei diesen zählen aber auch grosse Freiburger Gebiete zum unmittelbaren geografischen Einzugsgebiet. Avenches ist nur zwei Kilometer von der Kantonsgrenze entfernt. Natürlich gibt es aber auch Konsumenten, die nach Bern oder Lausanne geben, vor allem im deutschsprachigen Kantonsteil. Das liegt aber sicher auch am dortigen, breiteren Angebot. Dazu kommt, dass die Verkäufer in Bern im Unterschied zu Freiburg immer die Muttersprache der Konsumenten sprechen, und so ist es für diese viel einfacher, dort einzukaufen. Generell gibt es aber etwa Läden wie Ikea nur in den Agglomerationen von Bern und Lausanne, nicht aber im Freiburgischen.

Sehen Sie das auch so?

Waeber: Das Argument der Nähe ist für mich nicht stichhaltig. Orte wie Oron oder Avenches stellen durchaus eine Konkurrenz für die Freiburger Betriebe dar. Ich wünsche mir zudem generell, dass die Konsumenten möglichst in der Nähe ihres Wohnorts einkaufen. Kurze Wege tun auch dem Klima gut, denn sie bedeuten weniger Fahrkilometer und weniger CO2-Ausstoss. Vor allem aber gilt es, die Läden in der Freiburger Innenstadt vor dem Aussterben zu retten. Und da ist der Samstagnachmittag für sie umsatzmässig wesentlich, vor allem für die kleinen Betriebe. Wie ich in regelmässigen Gesprächen mit dem Verkaufspersonal der Läden erfahren habe, ist das grösste Problem für sie übrigens nicht der Samstagnachmittag, sondern der Donnerstagabend. Da gibt es vergleichsweise wenig Kundschaft, und doch müssen sie lange an ihrem Arbeitsplatz verweilen. Man darf zudem nicht vergessen, dass auch die Gastronomie und die kulturellen Angebote von längeren Öffnungszeiten profitieren, weil die Leute dann nach ihren Einkäufen vermehrt in der Stadt bleiben würden.

Jaquier: Es stimmt, dass die Abendverkäufe nicht funktionieren. Man muss sich aber bewusst sein, dass die bestehenden Ladenöffnungszeiten auf einem Kompromiss beruhen. Die Grossverteiler wollten einen Abendverkauf, aber auch einen Ladenschluss um 19 Uhr an den restlichen Werktagen. Dem wurde unter der Bedingung zugestimmt, dass der Ladenschluss am Samstag um 16 Uhr erhalten bleibt. Mit einem Ja zu längeren Samstagsöffnungszeiten würde man nun den Grossverteilern Tür und Tor öffnen, noch mehr Marktanteile an sich zu reissen. Den Preis dafür würden die kleinen Geschäfte bezahlen, die gezwungen wären, bei den Öffnungszeiten mitzuziehen, und zwar auf Kosten der Arbeitsbedingungen. Ich bestreite auch, dass der Samstag – abgesehen vom Monatsende – wirklich so viel umsatzstärker ist als die anderen Wochentage. Vor allem aber generiert diese eine geforderte, zusätzliche Stunde keinerlei Mehrumsatz. Das ist erwiesen, und das hört man auch immer wieder von den Verkäufern.

Waeber: Die KMU stehen den Grossverteilern gegenüber tatsächlich unter einem enormen Konkurrenzdruck. Dies beweisen die vielen Kunden in den Supermärkten der Bahnhöfe, die auch sonntags geöffnet haben, sei es in Freiburg, Bern oder Lausanne. Bei den KMU handelt es sich demgegenüber oft um Familienbetriebe, die eine gewisse Flexibilität haben. Von längeren Öffnungszeiten am Samstag würden daher meiner Meinung nach vor allem sie profitieren.

Denken Sie, dass es bezüglich des Einkaufsverhaltens Unterschiede zwischen Deutschfreiburg und dem welschen Kantonsteil gibt?

Jaquier: Ich glaube, dass die Unterschiede nicht gross sind. Man sah dies namentlich bei der Unterschriftensammlung im Hinblick auf diese Vorlage. Es stimmt aber, dass das Verständnis des Einkaufens an sich als Freizeitaktivität im Seebezirk wohl weiter verbreitet ist als im Rest des Kantons. Das hat aber gesellschaftliche Gründe.

Waeber: Murten als Touristenort hat schon heute längere Öffnungszeiten. Die Menschen, die dort leben, haben sich an diesen Rhythmus gewöhnt. Im Sensebezirk wie auch in der Stadt Freiburg ist die Bevölkerung weniger homogen.

Man muss zugeben: Der Kanton Freiburg ist mit Luzern zusammen eine Insel: Es sind die einzigen Kantone, in denen die Läden am Samstag bereits um 16 Uhr schliessen. Was meinen Sie dazu?

Jaquier: Die Insel ist weniger klein, wenn man bedenkt, dass es im Kanton Waadt auf Gemeindeebene definiert wird, wie lange die Öffnungszeiten sind. Es ist wahr, dass die Öffnungszeiten im Genfersee-Raum länger als bei uns sind. Aber in vielen anderen Gebieten der Schweiz unterscheiden sie sich nicht so stark von den Vorgaben im Kanton Freiburg.

Waeber: Damit bin ich nicht einverstanden. Freiburg stellt meines Erachtens tatsächlich eine Insel dar, und wir stehen in starker Konkurrenz zu Bern und Lausanne. Ich stelle das vor allem im unteren Sensebezirk fest, wo sehr viele Einwohner in Bern einkaufen gehen. Aber auch im Vivisbach- und Glanebezirk erledigen viele Konsumenten ihre samstäglichen Einkäufe in Lausanne, oft verbunden mit einem Ausflug. Auf diese Situation müssen wir reagieren, und die nun zur Diskussion stehende Vorlage könnte da Abhilfe schaffen. Denn wer geht am Samstagnachmittag noch in die Stadt, wenn die Läden bereits um 16  Uhr schliessen? Eröffnen wir uns doch diese Möglichkeit!

Würden längere Öffnungszeiten am Samstag denn auch mehr Arbeitsplätze schaffen?

Jaquier: Das glaube ich nicht, und zwar aus dem einfachen Grund, weil sie sich eben nicht auf den Gesamtumsatz der Geschäfte auswirken dürften. Ausserdem gibt es gerade im Verkauf viel Arbeit auf Abruf. Dadurch ist bei einer zusätzlichen Stunde kein zusätzliches Personal nötig.

Waeber: Aufgrund der Tatsache, dass der Samstagnachmittag für den Umsatz wesentlich ist, bin ich überzeugt, dass die Verlängerung zusätzliche Arbeitsplätze schaffen wird. Wenn der Umsatz steigt, steigt auch das Angebot, und dann kann die Zuwachsrate bei den Internet-Einkäufen irgendwann vielleicht etwas eingedämmt werden.

Machen längere Öffnungszeiten Freiburg nicht auch für Touristen attraktiver?

Waeber: Absolut! Wer schon mal im Ausland in den Ferien auf Shoppingtour ging, hat gemerkt, dass es fast überall undenkbar wäre, dass am Samstag um 16 Uhr überall Ladenschluss ist. Längere Öffnungszeiten stellen ganz klar eine Attraktivitätssteigerung dar. Ich war auch schon an wunderschönen Samstagnachmittagen zwischen 17  und 18 Uhr in der Stadt ­Freiburg, und die Stadt war leer. Wenn die Geschäfte geschlossen sind, werden zudem auch die Touristen wählerisch und gehen dann lieber nach Lausanne oder Bern.

Jaquier: Das glaube ich nicht. Wenn man eine Stadt besucht, interessiert man sich doch in erster Linie für die Sehenswürdigkeiten und nicht für die Läden. Die touristische Attraktivität einer Stadt hat ihre Ursache doch in erster Linie in den Sehenswürdigkeiten und kulturellen Aktivitäten, nicht beim Shopping.

Und was ist mit dem Argument, dass das soziale Leben der Arbeitnehmer bei längeren Öffnungszeiten Schaden nimmt?

Waeber: Dieses Argument ist für mich falsch, denn die eine zusätzliche Stunde verändert für die Arbeitnehmer kaum etwas an den Möglichkeiten ihrer Freizeitgestaltung. Ich sehe da keine Beeinträchtigung des Familienlebens, vor allem, wenn man bedenkt, dass etwa Polizeibeamte oder Menschen im Gesundheitswesen oft noch unregelmässigere Arbeitszeiten haben. In all diesen Berufsfeldern gibt es zudem die Möglichkeit, die Freizeit an einem anderen Wochentag zu kompensieren.

Jaquier: Das sehe ich anders. Es ist klar, dass Verkäuferinnen und Verkäufer, deren Läden samstags erst um 17 Uhr schliessen, in der Regel ihre Arbeit erst um 17.30 oder 18 Uhr beenden können. Wenn dann noch der Arbeitsweg dazukommt, bleibt wenig Zeit für soziales Leben am Samstag. Und dieses soziale Leben findet in einem Kanton wie dem unseren nun mal vor allem an den Wochenenden statt.

Es ist nicht das erste Mal, dass im Kanton Freiburg über dieses Thema abgestimmt wird. Inwiefern muss man diesen Aspekt in Betracht ziehen, wenn es um das potenzielle Abstimmungsverhalten geht?

Jaquier: Ich bin überzeugt davon, dass die Freiburger es satthaben, eine Abstimmung über eine Frage wiederholen zu müssen, die bereits zwei Mal verworfen wurde. Es bringt nichts, systematisch immer und immer wieder mit diesem Thema zu kommen. Daher bin ich ziemlich sicher, dass das Stimmvolk die längeren Öffnungszeiten erneut verwerfen wird.

Waeber: Die letzte Abstimmung war 2009. Aber genau in diesen letzten zehn Jahren ist etwas geschehen. Die Geschäftswelt in der Freiburger Innenstadt hat sich seither völlig verändert. Viele kleinere Betriebe sind nicht mehr da, und auch das Konsumverhalten ist anders, nicht zuletzt wegen des Internets. Die Bevölkerung ist sich dessen bewusst, und sie hat die Veränderungen in den letzten zehn Jahren wohl auch so wahrgenommen.

Jaquier: Das Argument, dass die Zeiten sich verändern, wurde allerdings bereits bei der ersten Abstimmung über dieses Thema 1999 vorgebracht. Es stimmt, dass es viele kleinere Geschäfte schwierig haben. Aber längere Öffnungszeiten verändern daran nichts. Vielmehr müssten die Mieten eine erträglichere Höhe haben. Auch müsste das Angebot verbessert werden, ebenso wie die Art der Präsentation der Produkte. Das gilt freilich gleichermassen für unsere Nachbarkantone.

«Es geht darum, dem Konsumverhalten, das sich in den letzten Jahrzehnten völlig verändert hat, gerecht zu werden.»

Emanuel Waeber

Grossrat (SVP, St. Antoni)

«Die neue Regelung würde die Grossverteiler gegenüber den kleinen Geschäften weiter bevorzugen.»

Armand Jaquier

Grossrat (SP, Romont)

Samstägliche Ladenöffnungszeiten

Die Vorlage

Ein klassischer Links-rechts- Graben

Bereits zum dritten Mal stimmt das Freiburger Stimmvolk am 30. Juni über eine Verlängerung der samstäglichen Öffnungszeiten von 16 auf 17 Uhr ab. 1999 und 2009 wurde dieses Ansinnen schon zwei Mal verworfen. Im Oktober des ver­gangenen Jahres sprach sich dann der Grosse Rat mit 68  gegen 28 Stimmen erneut für eine samstägliche Verlängerung bis 17 Uhr sowie eine entsprechende Änderung des Gesetzes über die Ausübung des Handels aus (die FN berichteten). Die SP, Mitte links – CSP, Solidarités sowie die Gewerkschaften Syna und Unia ergriffen allerdings dagegen das Referendum und brachten bis Ende Januar die dafür nötigen Unterschriften zusammen. Die Ja-Parole zu einer Verlängerung haben der Staatsrat, die CVP, die FDP, die SVP, die BDP, die Grünliberalen sowie der Verband Gastro Freiburg ausgegeben, die Nein-Parole die SP, die Mitte links – CSP sowie die EDU. Die Grünen haben Stimmfreigabe beschlossen.

jcg

 

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