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Gesichtsblinde und Super-Recognizer

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Der Durchschnittsmensch hat schätzungsweise rund 5000 Gesichter im Gedächtnis. Daneben gibt es Super-Recognizer («Super-Erkenner») mit einer weit höheren Kapazität, die vor allem für die Kriminalpolizei sehr inte­ressant sind. Daneben gibt es aber auch Menschen, die unfähig sind, die Identität einer bekannten Person anhand ihres Gesichts zu erkennen. Sie leiden an Gesichtsblindheit (Prosopagnosie).

Die Freiburger Neurowissenschaftlerin Meike Ramon befasst sich seit 2005 mit dem Thema Gesichtserkennung, wobei sie vor allem an der neuronalen Basis interessiert ist. «Gesichtserkennung wird nicht nur von einer Region unseres Gehirns ermöglicht», sagt sie. Vielmehr gehe es um ein komplexes Zusammenspiel eines ganzen Netzwerks von verschiedenen Gehirnregionen. Schon Kleinkinder würden bald nach der Geburt eine ausgeprägte Präferenz für Gesichter oder gesichtsähnliche Konfigurationen zeigen, so Ramon. Innerhalb weniger Tage sollen sie auch bereits ihre Mutter erkennen können. «Für die Gesichtspräferenz spielt vielleicht auch eine genetisch bedingte Komponente mit», so die Neurowissenschaftlerin.

Beim Durchschnittsmenschen erweitert sich dieses Spektrum auf mehrere 1000 Gesichter, die er erkennt – nicht nur Gesichter aus persönlicher Bekanntschaft, sondern auch historische Gesichter wie etwa Gandhi oder Hitler, die man nur von Fotos her kennt.

Nicht therapierbar

Bei den Patienten mit Prosopagnosie funktioniert dieser Erkennungsmechanismus nicht normal. Diese Störung kann angeboren sein oder aufgrund einer Hirnschädigung erst im Verlauf des Lebens auftreten. Sehr häufig ist diese Störung allerdings nicht. Laut Meike Ramon kann man nur bei den wenigsten der Hirngeschädigten mit Gesichtserkennungsdefiziten von einer puren Prosopagnosie sprechen. Die meisten leiden auch unter Objekt- und Farberkennungsstörungen. Auch sie sind in der Regel zwar fähig, ein mehr oder weniger normales Leben zu führen. Und natürlich erkennen auch sie ihren Partner oder ihre Geschwister – häufig aber anhand von Hilfsstrategien wie der Stimme, der Haarfarbe oder dem Ort und der Zeit, wo sie jemanden treffen. «Eine Patientin war Mutter von Zwillingen und konnte diese vor allem dadurch auseinanderhalten, indem sie sie unterschiedlich kleidete», so Ramon. Während nämlich der «normale» Mensch innerhalb von Millisekunden merkt, ob er ein Gesicht schon einmal gesehen hat oder nicht, kann dies der Gesichtsblinde nicht. Neuropsychologische Experimente weisen nach, dass solche Patienten auf eine für den Nichtbetroffenen fast unverständliche Art unfähig sind, ein Gesicht als Ganzes zu erfassen. Sie richten so wie wir ihren Blick auf den Mund, die Augen oder die Nase – können aber nicht die Gesamtheit des Gesichts erfassen. Heilbar sei diese Störung nicht, auch nicht therapierbar wie andere kognitive Defizite, die etwa nach Hirnschlägen auftauchen. Ob sich die aus der Erforschung dieses Phänomens gewonnenen Erkenntnisse auch für die Früherkennung der alzheimerschen Krankheit nutzen lassen, ist laut Ramon noch nicht eindeutig erwiesen. Hier gebe es noch viel Forschungsarbeit zu leisten. Das andere Ende der Skala stellen die Super-Recognizer dar. Ihnen fällt es beispielsweise auch viel leichter, ein Kindergesicht dem zugehörigen Erwachsenengesicht zuzuordnen oder ein Gesicht trotz Verfremdungseffekten wie einer Sonnenbrille oder einem Bart über verschiedene Ansichten hinweg wiederzuerkennen. Genau diese Fähigkeit – die nichts mit dem Intelligenzquotienten der entsprechenden Person zu tun habe – mache solche Menschen auch für kriminalistische Herausforderungen so attraktiv. Wie viele Menschen prozentual als Super-Recognizer bezeichnet werden können, weiss man laut Ramon allerdings noch nicht.

Berührungspunkte gibt es in Ramons Forschung nicht zuletzt auch mit der Gesichtserkennung von Computern, wie sie beispielsweise bei Digitalkameras oder Facebook zum Einsatz komme. «Noch aber ist der Mensch dem Computer weit überlegen», so die Neurowissenschaftlerin. Denn während ein Computer-Algorithmus etliche 100 bis 1000 Fotografien von ein und demselben Gesicht «lernen» muss, um eine Person in einem neuen Foto zu erkennen, gehe das beim Mensch viel schneller. Letztlich könne die Programmierung von solchen Algorithmen von ihrer Forschung nur profitieren.

Zur Person

Seit zwei Jahren in Freiburg tätig

Die Neurowissenschaftlerin Meike Ramon promovierte Ende 2010 bei Professor Bruno Rossion im belgischen Neu-Löwen zum Thema «erworbene Gesichtsblindheit und Mechanismen der Wahrnehmung persönlich bekannter Gesichter». Danach führte sie ihre eigene Forschung fünf Jahre im schottischen Glasgow weiter. Seit 2015 ist sie als Postdoctoral Researcher Associate im Psychologie-Departement der Universität Freiburg tätig. Sie publizierte unter anderem viele wissenschaftliche Artikel und hat unter anderem bereits mit der Kantonspolizei Freiburg und dem Landeskriminalamt Berlin zusammengearbeitet.

jcg

 

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