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Günstigen Wohnraum wollen beide

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Der frühere Grossrat der Grünen, Laurent Thévoz, wohnt in der Stadt Freiburg. Er ist Sekretär der Wohngenossenschaft des Auquartiers sowie von Frimoup, einem im November gegründeten Zusammenschluss von zehn Freiburger Wohnbaugenossenschaften. Die SVP-Grossrätin Gilberte Schär arbeitet im Immobilienmarkt und präsidiert die Uspi, die Union Suisse des professionnels de l’immobilier. Sie wohnt in Murten. Die beiden kreuzen in einem Streitgespräch zur Initiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» des Schweizer Mieterverbands die Klingen.

Im Kanton Freiburg liegt der Leerwohnungsbestand bei 1,83 Prozent – und damit über dem Schweizer Schnitt. Es gibt also genügend leere Wohnungen im Kanton. Braucht es eine Initiative, die überall in der Schweiz zehn Prozent Genossenschafts­wohnungen fordert?

Laurent Thévoz: Diese zehn Prozent würden ja nicht in jedem Kanton, in jeder Gemeinde gelten, sondern schweizweit. Kantone und Gemeinden erhielten bei Annahme der Initiative die Möglichkeit, etwas für mehr bezahlbaren Wohnraum zu tun. Sie wären nicht dazu verpflichtet. Die Kantone könnten ein Vorkaufsrecht für Gemeinden von bestimmten Grundstücken einführen. So würden die Besonderheiten in allen Kantonen und Gemeinden berücksichtigt.

Gilberte Schär: Da bin ich gar nicht gleicher Meinung. Eine Annahme der Vorlage würde dazu führen, dass bei allen Neubauten zehn Prozent der Wohnungen Genossenschaftsbauten sein müssten. Dabei gäbe es bessere Wege, um zu mehr günstigen Wohnungen zu kommen. Von der Uspi her bieten wir den Gemeinden beispielsweise die Möglichkeit, die Bedürfnisse ihrer Einwohnerinnen und Einwohner besser kennenzulernen. Wenn eine Gemeinde sieht, dass dreissig Prozent der Bevölkerung älter als 55 Jahre ist, wird sie darauf schauen, dass vor allem günstigere und kleinere Wohnungen für Seniorinnen und Senioren gebaut werden. Es braucht keine neuen Vorschriften in der Verfassung.

Thévoz: Vielleicht verstehen wir uns sprachlich nicht. Die Ini­tia­tive führt keine Verpflichtung ein, zehn Prozent Genossenschaftswohnungen zu bauen; sie eröffnet die Möglichkeit dazu. Und wenn alle Gemeinden mitspielen würden, wie das Frau Schär vorschlägt, hätten wir diese Initiative gar nicht erst starten müssen. Doch lange nicht alle Gemeinden sorgen für günstigen Wohnraum. Und wie gesagt: Die Initiative ist nicht verpflichtend, sie macht Wohngenossenschaften nicht obligatorisch.

Schär: Doch, denn im Initiativtext steht: «Der Bund strebt in Zusammenarbeit mit den Kantonen eine stetige Erhöhung des Anteils der Wohnungen im Eigentum von Trägern des gemeinnützigen Wohnungsbaus am Gesamtwohnungsbestand an.»

Thévoz: «Der Bund strebt an», steht da – das ist doch kein Obligatorium. Und auch wenn zehn Prozent der Neubauten von Genossenschaften gebaut würden – die restlichen neunzig Prozent der Neubauten blieben im Markt. Zehn Prozent sind doch marginal. Der Immobilienmarkt bliebe intakt.

Schär: Es geht doch nicht an, dass überall in der Schweiz Genossenschaftswohnungen gebaut werden müssen.

Thévoz: Das wäre auch nicht überall so. Die Gemeinden könnten wählen, ob sie das umsetzen wollen.

Schär: Wir haben bereits genügend Mittel, um günstigen Wohnungsbau zu fördern.

Thévoz: Davon wird aber nichts umgesetzt, sonst gäbe es die Problematik der zu teuren Wohnungen nicht. Darum braucht es nun diese Initiative.

Schär: Die Gemeinden könnten die Frage des günstigen Wohnraums auch über den Ortsplan lösen. Sie könnten dort Zonen für bestimmte Wohnungsgrössen ausscheiden.

Thévoz: Im Kanton Freiburg besitzen die meisten Gemeinden kein Land, sie können nicht über den Standard der Neubauten bestimmen.

Schär: Es gibt Genossenschaften, Stiftungen und Private, die in solche Bauten investieren. Die Gemeinden können die Investoren auffordern, bestimmte Wohnungstypen zu bauen.

Thévoz: Genau: Sie können die Investoren dazu auffordern. Sie können ihnen aber nichts vorschreiben.

Schär: Der Immobilienmarkt reguliert sich selber. So wie jetzt, wo die Mieten sinken. 2014, als die Unterschriften für die Initiative gesammelt wurden, herrschte in der Schweiz Wohnungsnot. Das ist nicht mehr so.

Thévoz: Bisher hat der Markt versagt. Es gibt Städte, in denen es nicht genügend bezahlbaren Wohnraum gibt. Warum sollte sich der Markt nun plötzlich so regulieren, dass es billigere Wohnungen gibt?

Schär: Genau: Das Problem der teuren Mieten besteht doch vor allem in den grossen Städten, nicht in ländlichen Gebieten. Warum braucht es da eine Verfassungsänderung, die alle Kantone betrifft?

Thévoz: Das stimmt, Städte wie Genf und Basel sind besonders betroffen. Da haben kinderreiche Familien, Alleinerziehende sowie Bezüger von IV- oder AHV-Renten grösste Mühe, günstige Wohnungen zu finden. Aber auch in anderen Gebieten gibt es immer weniger bezahlbaren Wohnraum. Auch in der Stadt Freiburg.

Schär: Ich habe in den FN die Anzeigen für Mietwohnungen angeschaut. Es gibt günstige Wohnungen. In Alterswil und Tafers können Sie eine Fünfeinhalbzimmerwohnung für monatlich 1740 Franken haben, eine Dreieinhalbzimmerwohnung für 1045 Franken – inklusive Nebenkosten. Das ist doch nicht teuer. Ich bin im Immobilienmarkt tätig, und ich kann Ihnen sagen, dass wir auch in Murten, wo es einen eher tiefen Leerwohnungsbestand hat, die Mieten senken müssen, um die Wohnungen wegzubringen.

Wurde im Kanton Freiburg zu viel gebaut, dass Sie die Mieten senken müssen?

Schär: Angesichts der jetzigen Nachfrage wohl schon. Die Pro­gnosen sind von einem sehr grossen Bevölkerungswachstum ausgegangen, doch nun sind weniger Leute zugezogen, als man dachte. Darum muss man aus heutiger Sicht sagen, dass zu viel gebaut worden ist. Zudem investieren all die Pensionskassen in Immobilien, da sie bei den Banken Negativzinsen bezahlen. Die Pensionskassen verwalten unser aller Geld und garantieren so unsere künftigen Renten. Das alles beeinflusst den Wohnungsmarkt. Aber wenn jemand eine Wohnung gar nicht bezahlen kann, gibt es ja die Sozialdienste. Auch wir vom Uspi arbeiten mit den Sozialdiensten zusammen, um Menschen in finanziellen Schwierigkeiten den Zugang zum Wohnmarkt zu garantieren.

Sollte der Lohn nicht ausreichen, um eine Wohnung zu bezahlen?

Schär: Doch, der Lohn sollte für die Miete reichen.

Thévoz: Alles, was bisher gesagt wurde, stimmt: Es gibt günstige Wohnungen in Alterswil und Tafers. Aber es ist eben auch wahr, dass es in der Stadt Freiburg an günstigem Wohnraum fehlt. Es stimmt: Es gibt zu viele Wohnungen und einen hohen Leerbestand. Aber eben nicht überall. Und, noch wichtiger, nicht alle können sich diese Wohnungen leisten. In den letzten Jahren wurde nicht nur zu viel gebaut, es wurden auch zu teure Wohnungen gebaut. In einigen Jahren steigen die Mieten wieder an. So funktioniert die Selbstregulierung des Markts.

Sind denn die neuen Wohnungen an den falschen Orten gebaut worden?

Thévoz: Vor allem wurden in den letzten Jahren zu teure Wohnungen gebaut. Für ein gewisses Segment an Leuten gibt es einfach nicht genügend günstigen Wohnraum. Und Frau Schär, auch unsere Wohngenossenschaft arbeitet mit den Sozialdiensten zusammen. Unsere Wohnungen kosten die Allgemeinheit einfach etwas weniger als die Ihrigen. Die Entwicklung des Immobilienmarkts in den letzten Jahren zeigt, dass es ein kleines Gegengewicht braucht, denn der Markt reagiert nicht wie gewünscht.

Schär: Es gibt heute bereits genügend Mittel, um günstigen Wohnraum zu fördern. Sagen wir Nein zur Initiative, stockt der Bundesrat den Fonds de Roulement, mit welchem Wohnbaugenossenschaften finanziell unterstützt werden, um 250 Millionen Franken auf.

Thévoz: Eine weitere Frage ist die der Sanierungen. Damit wir die Energiewende schaffen, müssen schweizweit 4,5 Millionen Wohnungen saniert werden. Geht es im jetzigen Rhythmus weiter – jährlich wird rund ein Prozent der Wohnungen saniert –, wird es hundert Jahre dauern, bis alle Immobilien saniert sind. Der Bund und die Kantone müssen die Immobilienbesitzer stärker unterstützen, damit einerseits die Wohnungen rascher saniert werden und andrerseits die Mieten danach nicht zu stark ansteigen.

Schär: Ja, die Wohngenossenschaften benötigen mehr Subventionen für die Sanierungen.

Thévoz: Nicht nur die Wohngenossenschaften. Die Energiewende geht alle etwas an. Es braucht Subventionen für alle.

Schär: Es gibt heute bereits Subventionen, wenn Sie die Gebäudehülle sanieren oder auf nachhaltige Energieträger umsatteln.

Thévoz: Das reicht ja nicht einmal für das eine Prozent des Immobilienparks, das jährlich saniert wird.

Schär: Viele Leute investieren in Sanierungen.

Thévoz: Trotzdem geht es noch viel zu langsam voran. Ein Jahrhundert für alle Sanierungen – das kann es doch nicht sein.

Schär: Ja – aber was blockiert denn die Sanierungen? Mieter können beispielsweise eine Einsprache einlegen, wenn sie befürchten, nach der Sanierung eine höhere Miete bezahlen zu müssen. Das blockiert dann das ganze Sanierungsprojekt.

Thévoz: Genau – gäbe es hier mehr Subventionen, würden die Mieten nach der Sanierung weniger ansteigen, und es gäbe weniger Einsprachen.

Schär: Am Schluss sind es die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die für die Subventionen aufkommen.

Thévoz: Die Bevölkerung wird das verstehen. Denn wir alle sind gemeinsam verantwortlich für die Energiewende. Das Geld dafür ist da. Die Schweiz ist eines der reichsten Länder der Welt.

Schär: Also braucht es die Initiative gar nicht.

Thévoz: Doch, um Druck auszuüben. Wissen Sie, mit dieser Initiative wird nicht etwa der private Immobilienpark verstaatlicht. Nur zehn Prozent der Neubauten sind betroffen. Und die Initiative eröffnet jenen Gemeinden und Kantonen die Möglichkeit, günstigen Wohnbau zu fördern, die das wollen. Die anderen werden ja nicht bestraft. Die Initiative sieht keine Sanktionen vor.

Schär: Keine Sanktionen? Gibt es ein neues Gesetz, muss es doch umgesetzt werden. Um zu kontrollieren, ob es genügend günstigen Wohnraum gibt, muss ein teures Kontrollsystem aufgebaut werden.

Thévoz: Das ist ein typisches Angstmacher-Argument.

Schär: Und Sie spielen mit den Emotionen.

Thévoz: Nein, tun wir nicht. Wir möchten einfach, dass keine Wohnghettos entstehen, sondern dass die Quartiere sozial durchmischt sind. Denn auch Leute aus bescheideneren Verhältnissen haben das Recht, in der Stadt zu leben – und nicht nur in Alterswil oder Tafers.

Schär: Wollen denn Leute, die auf subventionierten Wohnraum angewiesen sind, neben Gutgestellten leben?

Thévoz: Den Mieterinnen und Mietern unserer – eher kleinen – Genossenschaft in der Freiburger Unterstadt gefällt das, ja. Wir wehren uns gegen die Gentrifizierung des Quartiers. Das ist eine Kraft, die die Schweiz bis jetzt hatte, die jedoch langsam, aber sicher verschwindet: dass die Nachbarn aus unterschiedlichen sozialen Milieus kommen.

Schär: Kommen wir nochmals zu den Kosten für die Kontrolle. Das müssen die Steuerzahler berappen. Der Bundesrat geht davon aus, dass dies 120 Millionen Franken kosten wird.

Thévoz: Niemals. Das kontrollieren die Gemeinden, sie berichten an die Kantone und diese an den Bund. Das kostet nicht viel. Wenn wir wollen, dass alle Haushalte überall in der Schweiz eine bezahlbare Wohnung finden, hilft nur diese Initiative.

Schär: Um dieses Ziel zu erreichen, stehen heute bereits genügend Mittel zur Verfügung. Wir müssen dazu nicht die Verfassung ändern.

«Zehn Prozent sind doch marginal. Der Immobilienmarkt bliebe intakt.»

Laurent Thévoz

«Kantone und Gemeinden erhielten durch die Initiative die Möglichkeit, etwas für mehr bezahlbaren Wohnraum zu tun. »

Laurent Thévoz

«Es geht doch nicht an, dass überall in der Schweiz Genossenschaftswohnungen gebaut werden müssen.»

Gilberte Schär

«Es gibt zu viele Wohnungen und einen hohen Leerbestand. Aber eben nicht überall.»

Laurent Thévoz

«Die Gemeinden könnten die Frage des günstigen Wohnraums auch über den Ortsplan lösen.»

Gilberte Schär

«Ein teures Kontrollsystem müsste aufgebaut werden.»

Gilberte Schär

«Uns stehen heute bereits genügend Mittel zur Verfügung, um bezahlbaren Wohnraum zu fördern.»

Gilberte Schär

«Auch Leute aus bescheideneren Verhältnissen haben das Recht, in der Stadt zu leben.»

Laurent Thévoz

Statistik

Viele leere Wohnungen und stabile Mietpreise in Freiburg

Im Kanton Freiburg stehen prozentual mehr Wohnungen leer als im Schweizer Durchschnitt. Die Leerbestandsquote lag letztes Jahr laut Bundesamt für Statistik bei 1,83 Prozent, während sie schweizweit bei 1,7 Prozent liegt. Bei einer Quote über 1,5 Prozent spricht man von einem funktionierenden Wohnungsmarkt. Vor allem in den grösseren Städten ist der Leerwohnungsbestand sehr tief: In Bern liegt er bei 0,55 Prozent, in Zürich bei nur gerade 0,14 Prozent, in Genf bei 0,63 Prozent und in Basel bei 1,02 Prozent. Die Stadt Freiburg hingegen hat eine Quote von 1,73 Prozent, ­Bulle – mit seiner grossen Bautätigkeit in den letzten Jahren – sogar von 2,96 Prozent. Villars-sur-Glâne hingegen liegt mit einer Quote von 1,26 Prozent unter den 1,5 Prozent, die einen funktionierenden Wohnungsmarkt definieren.

Reger Wohnungsbau

Die Mietpreise im Kanton Freiburg sind relativ stabil, wie die Zahlen des Zürcher Büros Fahrländer Partner Raumentwicklung (FPRE) zeigen: Der Marktmietenindex oszilliert seit Jahren um die 100 Prozent. Weder die Mietpreise der Neu- noch die Mietpreise der Altbauwohnungen haben sich seit 2012 markant verändert. Im dritten Quartal 2019 lagen die Preise der Altbauwohnungen im Vergleich zu 2008 bei 101,5 Prozent, jene der Neubauwohnungen bei 97,6 Prozent – was einen Index des Gesamtmietpreises von 99,5 Prozent ergibt.

Teure Zentren

«Diese Zahlen entsprechen dem schweizerischen Trend», sagt Dominik Matter vom Büro Fahrländer Partner. «Die Mieten steigen in den Zentren, doch in ländlichen Gebieten – wie im Kanton Freiburg – passiert nichts.» Zudem seien im Kanton Freiburg in den letzten Jahren «extrem viele» neue Wohnungen gebaut worden, beispielsweise im Raum Bulle. Daher stiegen die Mieten im Kanton Freiburg bisher nicht an: «Das Angebot deckt die Nachfrage – es ist sogar grösser.» In städtischen Zentren hingegen sei die Nachfrage grösser als das Angebot, so dass die Vermieter die Mieten erhöhen können.

njb

Zur Vorlage

«Mehr bezahlbare Wohnungen»

Die Initiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» des Schweizer Mieterverbands will der öffentlichen Hand mehr Möglichkeiten zur Förderung von bezahlbarem Wohnraum für Haushalte mit geringem Einkommen geben. Eine von zehn neu gebauten Wohnungen soll im Besitz von Wohnbaugenossenschaften oder anderen gemeinnützigen Wohnbauträgern sein. Zudem sollen Kantone und Gemeinden bei Grundstücken von bundesnahen Betrieben – wie den SBB – ein Vorkaufsrecht erhalten, so dass auf solchen Grundstücken preisgünstige Wohnungen gebaut werden könnten. Diese Verfassungsinitiative, über die das Schweizer Stimmvolk am 9.  Februar abstimmt, wird unterstützt von Grünen, SP und Gewerkschaften. Alle anderen grösseren Parteien, die Wirtschaftsverbände und der Bundesrat lehnen sie ab.

njb

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