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Ist der Denkmalschutz auf Abwegen?

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Die Stimmberechtigten des Kantons Zug haben in einer Referendumsabstimmung am 24. November 2019 mit 21 842 Ja (65,53  %) gegen 11 491 Nein (34,47  %) eine Änderung des Denkmalschutzgesetzes angenommen. Das Gesetz wurde am 14.  Dezember 2019 in Kraft gesetzt. Noch offen ist die Frage, ob es allenfalls schon jetzt vor dem Bundesgericht wegen behaupteter Bundesrechtswidrigkeit angefochten wird (abstrakte Normenkontrolle) oder erst in konkreten Einzelfällen (konkrete Normen­kontrolle).

Mit der Revision des Gesetzes müssen Denkmäler nicht wie bisher einen «sehr hohen», sondern einen «äusserst hohen» Wert aufweisen, und zwar erstens einen wissenschaftlichen, zweitens einen kulturellen und drittens einen heimatkundlichen. Zwei dieser drei Kriterien müssen zwingend erfüllt sein, damit der Kanton ein Denkmal unter Schutz stellen kann.

Neu ist der Kanton verpflichtet, die Standortgemeinde und die Eigentümerschaft vor der Aufnahme eines Objekts ins Inventar der schützenswerten Denkmäler zur Stellungnahme einzuladen. Hinzu kommt, dass das Inventar der schützenswerten Denkmäler periodisch aktualisiert wird. Dies geschieht in der Regel im Rahmen der Ortsplanungsrevision der Gemeinde.

Objekte, die jünger als 70 Jahre sind und keine regionale oder nationale Bedeutung haben, können mit der Revision des Zuger Gesetzes nicht mehr gegen den Willen der Eigentümerschaft unter Schutz gestellt werden.

Im Gesetz wird ein neues Instrument geschaffen: der öffentlich-rechtliche Vertrag. Mit diesem Vertrag vereinbaren die Eigentümerschaft und der Kanton eine «einvernehmliche Unterschutzstellung».

Neu können geschützte Baudenkmäler auch besser an die heutigen Lebensbedürfnisse angepasst werden. Veränderungen an der inneren Bausubstanz, die eine alters- und behindertengerechte Nutzung oder einen zeitgemässen Wohnstandard bezwecken, müssen von den Behörden bewilligt werden, ausser sie verstossen gegen schwerwiegende denkmalpflegerische Interessen.

Die Denkmalkommission, die den Regierungsrat und die Verwaltung in allen wichtigen denkmalpflegerelevanten Verfahren berät, wird aufgehoben. Damit wird der Grundsatz befolgt, beratende Kommissionen im operativen Bereich nur noch dort einzusetzen, wo das entsprechende Fachwissen in der Verwaltung fehlt. Auf diese Weise können die Verfahren wesentlich beschleunigt und der Aufwand reduziert werden.

Angesichts dieser für schweizerische Verhältnisse geradezu revolutionären Änderungen erstaunt zum einen die äusserst klare Annahme des Gesetzes durch die Stimmberechtigten. Anderseits wirft sie Fragen zu den möglichen Auswirkungen auf die übrigen Kantone und damit auch auf den Kanton Freiburg auf. Während einige Neuerungen kaum zu grösseren Diskussionen führen werden, weil sie in den übrigen Kantonen schon in der einen oder anderen Form existieren, gilt dies nicht für den äusserst hohen Wert als Voraussetzung für die Unterschutzstellung, für die weniger als 70 Jahre alten Objekte, die Anpassung an einen zeitgemässen Wohnstandard sowie die Aufhebung der Denkmalkommission.

Mit einer automatischen Übernahme solcher Konzepte ist nicht zu rechnen, doch besteht kein Anlass für die Behörden, sich selbstgefällig zurückzulehnen. Gerade die Denkmalkommissionen müssen sich fragen, ob sie bei der Beurteilung der Schutzwürdigkeit eines Objekts beziehungsweise der Schutzzielverträglichkeit baulicher Anpassungen immer mit dem richtigen Augenmass vorgehen. Dieser Gesichtspunkt gewinnt noch an Bedeutung, wenn man bedenkt, dass diese Kommissionen nur über eine schwache demokratische Legitimation verfügen, obwohl ihre Empfehlungen von den Behörden in der Praxis regelmässig unverändert übernommen werden. Dieser Umstand verstärkt bei den Betroffenen den Eindruck, ihre Sichtweise sei eigentlich unerheblich. Kommt dann noch die subjektive Wahrnehmung dazu, grosse Bauvorhaben würden anders behandelt als kleine oder das Eingreifen der Kommission unterbleibe manchmal ohne ersichtlichen Grund, erodiert die Glaubwürdigkeit weiter.

Bemerkenswert ist vor diesem Hintergrund auch, dass im zugerischen Gesetz hinter der wohlklingenden Formulierung der «Anpassung an einen zeitgemässen Wohnstandard» der Druck des Immobilienmarkts spürbar wird: Enorme wirtschaftliche Potenz und das Erfordernis des verdichteten Bauens drängen andere Anliegen zurück, was am Ende bedeuten könnte, dass die illusionslose Bemerkung eines Denkmalschützers, Armut biete die beste Garantie für einen erfolgreichen Denkmalschutz, bittere Realität wird.

Peter Hänni ist 68-jährig und wohnt in Murten. Nach Studien in Freiburg, Yale und Paris war er von 1992 bis 2017 Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Freiburg. Im hiesigen Institut für Föderalismus amtete Hänni vorerst als stellvertretender Direktor, bevor er von 2008 bis zu seiner Pensionierung als Direktor die Institutsleitung innehatte.

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