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Nachdenken über die Stadt im Jahr 2050

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Anfang November haben Architekten und Stadtplaner erste Ideen für die Gestaltung der geplanten Autobahn­überdachung Chamblioux-Berti­gny eingereicht. Zeichnet sich da schon der grosse Wurf ab?

Natürlich träumt man davon, Antworten auf die Frage zu bekommen, wie es in dem neuen Stadtteil im Jahr 2050 aussieht. Wie leben dort die Menschen? Was machen sie? Sind sie glücklich? Aber ich bin schon zu lange in dieses Projekt involviert, als dass ich etwas optisch Pfannenfertiges erwarten würde. Mir geht es eher um die Funktionalitäten: Was soll ein Stadtteil im Jahr 2050 können, zum Beispiel in Bezug auf Energie, Mobilität und das Verhältnis zur Natur?

Liegen dennoch schon ein paar Leitgedanken vor, die Ihnen zusagen?

Ja. Ein Gedanke ist, dass man Natur und Kultur nicht trennt, sondern durchlässig macht, so dass sie in ihrer Funktionalität wechselwirksam sind. Also dass man nicht Häuser baut mit ein bisschen Rasen dazwischen, wie das in den 1970er- und 1980er-Jahren üblich war. Diesen Grundgedanken finde ich sehr spannend.

Welches Ziel verfolgen der Kanton und die beteiligten Partner mit der 80 Hektar grossen Fläche?

Die Idee ist, darüber nachzudenken, wie man an einem der zentralsten Orte im Kanton einen Stadtteil kreieren kann für die Mitte des Jahrhunderts und wie man dabei Lebens­qualität und Verdichtung verbinden kann. An einem Ort mitten im Stadtzentrum, der durch die Autobahn in zwei Teile getrennt wird und ein riesiges, weitgehend unbrauchbares Loch darstellt. Die schiere Grösse des Gebiets eröffnet die Chance, Dinge zu denken, die bei einem Quartier von vier, fünf Hektaren nicht möglich sind, weil die kritische Masse fehlt. Es geht um Fragen wie jene der Verbindung von Arbeit und Wohnen oder des Anschlusses an den öffentlichen Verkehr.

Gleichzeitig ist es so, dass das, was wir uns heute für die Zukunft überlegen, morgen schon wieder überholt ist.

Ja. Was im Jahr 2050 im Gebiet Chamblioux-Bertigny stehen wird, wird nicht dem entsprechen, was wir heute planen. Denn die Welt bewegt sich schnell.

Welches Vorgehen drängt sich aufgrund dieser Erkenntnis auf?

Das setzt voraus, dass man modulartig denkt. Man muss eine Vision davon haben, wie etwas entwickelt werden kann, das stimmt, egal, ob dort am Ende zwanzigstöckige oder fünfstöckige Häuser stehen. Denn das ist im Moment gar nicht bestimmbar. Ein Gedanke aus dem Kreise der Studienteilnehmer ist zum Beispiel, wie man die mittelalterliche Binnenstadtarchitektur in eine Stadt der Zukunft transponieren kann. Wir haben ja im Burgquartier die am dichtesten bebaute Zone im Kanton. Und es ist spannend, zu sehen, dass heute Leute bereit sind, viel zu zahlen, um an der Hochzeitergasse wohnen zu dürfen – notabene in einer engen Strasse mit wenig Sonnenlicht. Und trotzdem wird das Burgquartier mit einer sehr hohen Nutzungsdichte subjektiv als ein Ort von hoher Lebensqualität wahrgenommen. Eine andere Frage ist, wie im neuen Stadtteil mit 20 000 bis 30 000 Menschen das Verhältnis zwischen Wohnen und Arbeiten aussehen wird.

Eine Schlafstadt kann aber nicht das Ziel sein, oder?

Nein, auf keinen Fall. Aber es stellt sich die Frage, ob es eine Gewerbezone braucht. Schon heute ist es so, dass die Arbeitsplätze im Kanton zu zwei Dritteln in einer Wohn-, einer Stadt- oder einer gemischten Zone liegen. Dieses Bewusstsein ist noch nicht in allen Köpfen. Im Zusammenhang mit Chamblioux-Bertigny steht die Idee einer produktiven Stadt im Vordergrund, was auch immer das heisst – ob das beispielsweise auch Orte beinhaltet, wo man sich begegnet, wo man die eigenen Tomaten züchtet oder die eigenen Nahrungsmittel produziert.

Das wirkt alles noch sehr vage.

Ich habe von Anfang an gesagt, dass wir uns auf einen jahrelangen Prozess einstellen müssen, dass wir jahrelang im Nebel herumstochern werden. Wer jetzt schon Gewissheiten hat, macht etwas falsch. Man muss ja zuerst wissen, was man will, und das ist gar nicht so trivial. Erst dann kann man anfangen zu definieren, wie man es will. Wir befinden uns in einer Phase dazwischen.

Der Grosse Rat geht davon aus, dass die Bevölkerung im Kanton bis 2045 um 150 000 Personen zunehmen wird. Schon heute ist der Leerwohnungsbestand in gewissen Orten beachtlich. Braucht es tatsächlich ein neues Stadtviertel?

Die Entscheidung des Grossen Rats im Rahmen des kantonalen Richtplans war opportunistisch, weil er vor allem von Gemeindevertretern im Grossen Rat kam, die nicht bereit waren, in ihrer Gemeinde Bauland in Landwirtschaftsland auszuzonen. Darum haben sie bewusst ein hohes, wenig realistisches Bevölkerungsszenario aufgestellt. Das Interessante daran ist, dass die Spielregeln des Bundes bei einem hohen Bevölkerungsszenario in Bezug auf die Verdichtung strenger sind. Das heisst, es darf kein Quadratmeter mehr mit einer sehr tiefen Nutzungsziffer eingezont werden. Das wiederum zwingt uns dazu, über Lösungen für eine Entwicklung nachzudenken, die sehr wahrscheinlich eintreffen wird, wenn auch später als angenommen. Normalerweise denkt kein Politiker an das Jahr 2060 oder 2070.

Woher sollen denn die vielen Leute kommen?

Neben dem grundsätzlichen Wachstum wird der Druck vom Genferseebecken her weiter zunehmen, weil dort das Land schon sehr verdichtet ist und nicht mehr viel gebaut werden kann. Zudem ist die Wirtschaftstätigkeit im Grossraum Genf und Lausanne sehr stark. Dasselbe gilt, wenn auch weniger ausgeprägt, für die Hauptstadtregion.

Was ist die grösste Herausforderung beim Standort Chamblioux-Bertigny?

Der Verkehr. Es ist verkehrstechnisch kein idealer Ort. Er befindet sich nicht an einer Bahnlinie, und es ist schwierig, eine solche dorthin zu verlegen. Ein Ansatz bestünde in der Schaffung einer Infra­struktur, die exklusiv für Busse erstellt wird. Aber am Thema Mobilität müssen die Studienteilnehmer in der zweiten ­Runde definitiv noch vertieft arbeiten.

Das Bundesamt für Wohnungswesen hat in einer Studie aus dem Jahr 2014 nur wenige Standorte für eine Autobahnüberdachung als geeignet deklariert. Dazu gehört auch Chamblioux-Bertigny – allerdings nur bei einer Überbauungsdichte von 4.0 soll es rentabel sein. Das ist enorm. Kann das überhaupt gehen?

Wir haben eine Wirtschaftsstudie erstellen lassen, die eine Grössenordnung zulässt, wie hoch die durchschnittliche Nutzungsziffer sein muss, damit sich die Überdachung lohnt. Danach liegt die Ziffer umso tiefer, je länger die Überdachung ist. Wenn wir die Autobahn auf einer maximalen Länge von 1400 Metern zudeckeln, kann das Projekt bei einer durchschnittlichen Nutzungsziffer von 2 rentabel realisiert werden. Dies, weil die Kosten für den Bau des Autobahndachs nicht linear mit den verbauten Metern wachsen, sondern sprunghaft. Ein kritischer Sprung liegt irgendwo zwischen 1100 und 1200 Metern. Die Frage ist auch, wer für die Kosten zwischen 143 und 191 Millionen Franken aufkommt. Das Bundesamt für Verkehr, Astra, wird sich in Form eines Beitrags an Lärmschutzmassnahmen mit 33  Millionen Franken am Projekt beteiligen. Dann hat der Kanton bei der Agglo den Antrag gestellt, dass sie das Projekt ins vierte Agglomerationsprogramm aufnimmt. Denn die Agglomerationspolitik des Bundes hat durchaus auch grössere raumplanerische Projekte im Visier. Der Bund zeigte sich in Gesprächen zum Projekt Chamblioux-Bertigny jedenfalls offen. Das würde eine zusätzliche Teilfinanzierung durch den Bund zwischen 30 und 40 Prozent bedeuten. Damit würde die Rentabilisierung einfacher.

Wo genau soll die erforderliche Wertschöpfung generiert werden? Auf der Überdachung selber? Oder mit Hochhäusern am Rande? Hat der Staatsrat deshalb das Gebiet Bertigny im kantonalen Richtplan als gemischte Zone deklariert und nicht als reine Arbeitszone?

Jein. Wir haben Bertigny deswegen als gemischte strategische Zone mit Wohn- und Gewerbezonen definiert, weil heute besonders im städtischen Raum diese beiden Funktionen des Raums immer mehr verzahnt sind. Die Studien sollen zeigen, wie die Verteilung erfolgen kann, aber auch, wo Überlappungen möglich sind. Auch sind die festen Grenzen zwischen primärem, sekundärem und tertiären Sektor zum Teil am Verschwimmen, in so verschiedenen Bereichen wie der Pharma­produktion und dem Urban Gardening.

Der Studienauftrag zur Überdachung Chamblioux-Bertigny scheidet ganz klar einen Perimeter für das Freiburger Spital HFR aus. Neben dem aktuellen Standort beinhaltet er ein Gebiet, das den Neubau des HFR beherbergen soll. Engt das Festhalten an den aktuellen Gebäuden die raumplanerische Freiheit nicht ein? Oder fungieren sie als Statthalter im Wettbewerb zwischen den Spitälern?

Nein, dahinter steckt eine andere Logik. Das Spital ist mit 2000 Angestellten sehr systemprägend, ob das alte Gebäude bleibt oder nicht. Darum haben wir das HFR sehr früh ins Projekt aufgenommen. Mit sechs bis neun Hektaren macht es zudem weniger als zehn Prozent der Gesamtfläche aus, die das Projekt Chamblioux-Bertigny mit insgesamt 80 Hektaren aufweist. Auch sind grosse Spitäler, wie früher Kathedralen, permanente Baustellen, sie befinden sich in ständiger Evolution. Heutzutage baut man im Übrigen kein rein klassisches Spital mehr, sondern einen Gesundheitscampus, wo der Unterschied zwischen stationär und ambulant verblasst. Es wird bestimmt noch Spitzenmedizin geben – eine Pflegefachperson arbeitet künftig aber vielleicht nur noch zu 70 Prozent im stationären Bereich, daneben übernimmt sie organisatorische Aufgaben in einem Haus für ältere Menschen.

Wie gross ist eigentlich das Risiko, dass die Vision, die heute von Chamblioux-Bertigny entwickelt wird, in ihrer Umsetzung dereinst torpediert wird? Dass plötzlich doch grosse Investoren bestimmen, was gebaut wird?

Wer todsichere Sachen will, der macht nichts. Eine Vision wird nie verwirklicht, aber sie ist ein Leitfaden. Dennoch verfügen wir über ein paar Standortvorteile: So sind 90 Prozent des Landes in öffentlicher Hand. Die Hälfte gehört der Burgergemeinde Freiburg. Das heisst, es gibt eine demokratische oder indirekt demokratische Kontrolle darüber, was auf dem Gebiet geschieht. Die verbleibenden Privatgrundeigentümer werden in einem zweiten Schritt in die Planung integriert.

Das Projekt wird vom Kanton, von der Burgergemeinde Freiburg, der Stadt Freiburg, den Gemeinden Givisiez, Granges-Paccot und Villars-sur-Glâne sowie den TPF getragen. Eine Fusion von Grossfreiburg würde die Planung wesentlich er­leichtern.

(lacht und zögert) Ja. Meine Zurückhaltung ist darauf zurückzuführen, dass das Projekt mit oder ohne Fusion realisierbar ist. Mit Fusion wäre es aber einfacher.

«Mit einer zusätzlichen Teilfinanzierung durch den Bund würde die Rentabilisierung einfacher.»

«Wir werden jahrelang im Nebel herumstochern. Wer jetzt schon Gewissheiten hat, macht etwas falsch.»

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