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«Wir wollen den Insassen so wenig wie möglich wegnehmen»

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Franz Walter, Direktor der Freiburger Strafanstalten, erzählt, wie sich der Alltag für die knapp 300 Insassen und 180 Angestellten in den Freiburger Strafanstalten mit der Ausnahmesituation wegen des Coronavirus verändert hat.

Wie wurden die Massnahmen des Bundes in den Strafanstalten des Kantons Freiburg umgesetzt?

Wir haben uns genaustens an die Anweisungen des Bundesamts für Gesundheit gehalten. Unsere Strategie ist es, keine Infektion in den Gefängnisbereich hineinzutragen, aber den Insassen trotzdem so wenig wie möglich wegzunehmen. Wir müssen abschätzen, was wir noch durchführen können und was nicht. Das wird ständig angepasst und verändert, da auch die Anweisungen von oben jede Woche anders sind. Wir wollen ein gesundes Mittelmass für diese Ausnahmesituation finden, und wir wollen, dass die Insassen irgendwie leben können und nicht rund um die Uhr in ihren Zellen eingesperrt sind.

Welche Massnahmen wurden genau getroffen, um die Ansteckungsgefahr einzudämmen?

Wir haben überall grossflächig Desinfektionsmittel verteilt, sowohl für die Mitarbeiter als auch für die Gefängnisinsassen. Vor jedem Betreten eines Gebäudes werden die Hände desinfiziert. Handschuhe werden, je nach Aufgabe, zum Schutz der Mitarbeiter verwendet. Masken tragen wir jedoch keine. Erstens wollen wir Panik vermeiden, zweitens sind diese nur für den absoluten Notfall da. Wir versuchen, den Personenfluss zwischen den Gebäuden so weit wie möglich zu begrenzen. Neueintretende müssen in eine 14-tägige Quarantäne, bevor sie in ihre Zellen gehen können. Insassen, die zu den Risikogruppen gehören, sind – zu ihrem eigenen Schutz – in Isolation. Der Ausgang wurde gestrichen, Urlaube wurden gestrichen, und die Besuche wurden gestrichen. Bei Letzterem haben wir jedoch versucht, den Ausfall irgendwie zu kompensieren, und bieten den Insassen jetzt mehr Zeit fürs Telefonieren an. Wir versuchen es auch einzurichten, dass sie Videotelefonie nutzen können. Wir versuchen so konsequent wie möglich durchzusetzen, dass die Insassen Körperkontakt meiden, Distanz wahren und dass nicht mehr als fünf Personen zusammen sind – was in einem Gefängnis einfacher gesagt als getan ist. Auch die Häftlingsarbeit wurde grösstenteils gestrichen, mit Ausnahme der Landwirtschafts- oder der Bauarbeit und des Küchendiensts. Erstere können unter strenger Einhaltung der Normen durchgeführt werden, und der Küchendienst arbeitet neu in Schichten.

Werden mit diesen Massnahmen und den Verboten nicht die Rechte der Insassen eingeschränkt?

Alle Massnahmen, die in den Freiburger Strafanstalten getroffen werden, sind juristisch haltbar, weil es sich eben um eine Ausnahmesituation handelt. Man könnte noch viel strenger sein und sie noch mehr einschränken, aber das wollen wir nicht.

War man auf so eine Situation vorbereitet?

Ehrlich gesagt, hat uns das Tempo der neusten Entwicklungen ein wenig überrascht. Wir mussten plötzlich schnelle und gute Lösungen finden und die Massnahmen für die «Aussenwelt» in die «Gefängniswelt» übersetzen. Das war zu Beginn schon ein wenig belastend für uns, aber mittlerweile haben wir die Situation unter Kontrolle.

Wie hat sich der Arbeitsalltag des Personals verändert?

Wir arbeiten mit reduziertem Personalbestand. Wir haben diejenigen Mitarbeiter, die zu einer Risikogruppe gehören oder sich nicht fit fühlen, angewiesen, zu Hause zu bleiben. Es ist eine sehr belastende und schwierige Situation für das gesamte Personal. Wir sind froh um alle, die zur Arbeit kommen können und sich täglich dem Risiko aussetzen. Home­office geht bei uns nur im administrativen Bereich, und das ist ein sehr kleiner Teil. Ein Wärter kann nicht von zu Hause aus arbeiten und fünf Häftlinge bei sich haben. Das geht bei uns so leider nicht.

Gibt es im Gefängnis bestätigte Covid-19-Fälle?

Nein. Wir haben keinen einzigen bestätigten Fall. Wir haben jedoch Verdachtsfälle. Leider haben wir keine Test-Kits, um einen Coronavirus-Test bei uns im Gefängnis durchzuführen. Das ist aus unserer Sicht ein Mangel, denn es wäre deutlich einfacher, wenn wir die Verdachtsfälle selbst testen könnten und somit Gewissheit hätten.

Wie muss das Gefängnis reagieren bei einem infizierten Insassen?

Falls sich ein Insasse infiziert hat, wird er umgehend isoliert, überwacht, gepflegt und betreut. Erst nach einer gewissen Zeit, nachdem die Person wieder gesund ist und nachdem der Arzt sein Einverständnis gegeben hat, darf die Person wieder zurück in ihre eigentliche Zelle. Wenn sich das Virus innerhalb der Strafanstalt verbreiten würde, dann würde man Gänge isolieren und so etwas wie einen «Corona-Gang» schaffen. Wenn die Zahl der infizierten Personen schliesslich eine kritische Grösse erreichen würde, dann müssten wir einen Notbetrieb einführen. Die infizierten Insassen würden dann alle gemeinsam in Betten in leer stehenden Räumen untergebracht werden. Was ich mir nicht vorstellen kann, ist, dass das Gefängnis geschlossen werden würde, falls es zu viele Infizierte geben würde. Das ist schlichtweg unrealistisch.

Und wie sieht es bei einem infizierten Mitarbeiter aus?

Da ordnen wir an, dass der betroffene Mitarbeiter zu Hause bleibt und nicht mehr zur Arbeit erscheint – quasi eine Quarantäne. Anschliessend müssten wir eine Untersuchung durchführen, um feststellen zu können, mit wem die infizierte Person Kontakt gehabt hat. So könnten wir feststellen, wer sonst noch in Quarantäne muss.

Wie ist die Umstellung für die Mitarbeiter?

Zu Beginn waren viele skeptisch und fanden die neuen Massnahmen, die fast täglich auf uns zukamen, übertrieben. Mittlerweile ist der Ernst der Lage jedoch allen bewusst, und sie gehen professionell und vernünftig damit um. Das Verständnis ist da vonseiten des Personals – und vor allem der Respekt vor dem Virus.

Wie reagieren die Gefängnisinsassen auf all diese neuen Massnahmen?

Es ist so, dass ein grosser Teil der Gefängnisinsassen Verständnis hat für die strengen Massnahmen und ein kleinerer Teil absolut nicht. Zu Beginn konnten sich viele die Situation nicht wirklich vorstellen, haben alles nur durch die Medien mitbekommen. Seit wir die neuen Massnahmen im Gefängnis durchgesetzt haben, sind wir alle oft auf dem Gelände und suchen auch das Gespräch mit den Insassen. Wir versuchen, ihnen die Situation zu erklären und mit ihnen zu reden. Wir hören aber auch zu und nehmen ihre Vorschläge, wie wir die Dinge hier machen könnten, ernst. Das kommt meistens gut an. Es gibt aber immer noch Insassen, die das Ganze einfach nicht verstehen wollen oder die profitieren wollen von der Situa­tion. Man spürt, dass im Gefängnis das Aggressionspotenzial grösser geworden ist und damit auch das Risiko eines Aufstands – wie in anderen Ländern zu sehen ist – gestiegen ist. Diese Situation bereit uns Sorgen. Einige zetteln noch mehr Konflikte an, gehen auf die Wärter los oder versuchen, Unruhe zu stiften. Wir greifen dann direkt und konsequent durch und statuieren an solchen Insassen auch ein Exempel. Wir sitzen nämlich alle im gleichen Boot und müssen gemeinsam da durch.

Haben Sie so eine Situation jemals erlebt?

Es gibt in Gefängnissen immer punktuelle Ereignisse oder Krisen. Aber ein solches Phänomen, das alle Facetten unseres Lebens beeinflusst und mittlerweile auch einschränkt, haben wir noch nie erlebt. Eine solche Atmosphäre hat die Schweiz schon lange nicht mehr gehabt.

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