Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

«Kein Leben mehr»: Mariupol versinkt in «Trauer und Verzweiflung»

Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Der Kampf um Mariupol wird erbittert geführt. Zehntausende Menschen harren in Kellern aus. Derweil sucht die russische Armee nach ukrainischen Kämpfern. 

Von Rauch verkohlte Häuserskelette, zertrümmerte und ausgebrannte Autos und geplünderte Geschäfte – in der umkämpften ukrainischen Hafenstadt Mariupol breitet sich das Grauen aus. Die Bilder der bombardierten Geburtsklinik und des zerstörten Stadttheaters sind allgegenwärtig. Zu Tausenden harren Menschen im Lärm von Detonationen in ihren Kellern aus – in Angst um ihr Leben. Wer kann, der flieht. Doch das ist gefährlich. Und immer mehr Bürger aus Mariupol, die raus sind und wieder Zugang zu Strom und Internet haben, veröffentlichen bei Telegram Handyvideos von den schweren Zerstörungen in der Industriestadt am Asowschen Meer.

«Mein Haus brennt, alle zwölf Etagen», sagte ein Mann, während er das in Flammen stehende Gebäude am Prospekt Mira – der «Strasse des Friedens» – filmt. «Kein Leben mehr.» Dann ist nur noch ein tränenersticktes Schluchzen zu hören. Es gibt Dutzende Aufnahmen in ukrainischen und russischen Medien aus der Stadt, in der einst rund 440 000 Menschen lebten. Jetzt wird die Zahl der Einwohner noch auf etwa 300 000 geschätzt. Es kursieren auch Videos, die zeigen sollen, wie russische Panzer mehrstöckige Wohngebäude beschiessen.

«Leider hört der Beschuss nicht auf in der Stadt. Es gibt ständig Strassenkämpfe», informiert der Telegram-Kanal «Mariupol jetzt» am Sonntag die Bürger. Es werde alles getan, um Mariupol zu evakuieren. An den Tankstellen gibt es kaum Benzin, weshalb viele ihre Autos nicht betanken können. Zehntausende aber haben es bereits geschafft. An den Autos in einer kilometerlangen Kolonne auf dem Fluchtkorridor von Mariupol Richtung Saporischschja flattern weisse Bändchen.

Suche nach Gewehrabdrücken

Das Fernsehen zeigt Menschen in den Autos, die sagen, dass sie nur noch weg wollten. Es gebe kein Leben mehr in Mariupol. Männer müssen sich teils ausziehen. Russische Soldaten suchen nach ukrainischen Kämpfern. Demnach sollen sie durch typische blaue Flecke am Körper von Gewehrkolben und Druckstellen der Schutzwesten erkennbar sein. Etwa 100 seien schon gefasst, sagt ein russischer Kriegsreporter.

Auch das Moskauer Staatsfernsehen zeigt Trümmerteile, zerstörte Autos und ausgebrannte Häuser – die Kreml-Propaganda behauptet, ukrainische nationalistische Kämpfer hätten die Gebäude zerstört und Menschen als Geiseln genommen. Wenn sich der Pulverdampf gelegt haben wird, werden sich die Kriegsparteien gegenseitig weiter verantwortlich machen für die Verbrechen – die Tötung vieler Zivilisten, darunter Kinder.

Doch jetzt harren weiter Zehntausende Menschen in Bombenkellern ohne Strom, fliessend Wasser und Heizung aus – mitunter bei Minusgraden. Viele klagen über Hunger. Ein Mann sagt, er habe seit Tagen nicht einmal ein Stück Brot gehabt. Andere bereiten auf der Strasse am offenen Feuer warmes Wasser, Suppen und Brei zu. In einem Video sagt ein Mann: «Trauer und Verzweiflung haben diese Erde erfasst.»

Seit Tagen verbreiten sich auch kaum überprüfbare Aufnahmen im Internet davon, wie Leichen in Gräben verscharrt werden. Die Behörden sprechen von mehr als 2500 Toten. Rund 80 Prozent der Wohngebäude seien beschädigt, 30 Prozent könnten nur noch abgerissen werden.

Ukrainische Behörden sprechen von Verschleppung

Entsetzt reagiert die Stadtverwaltung am Wochenende auf die Moskauer Fernsehberichte, viele Menschen aus Mariupol seien nach Russland geflohen. Zu sehen sind Menschen, die sich erleichtert zeigen, in Sicherheit zu sein. Die ukrainischen Behörden sprechen hingegen von Verschleppung. Bürgermeister Wadym Bojtschenko vergleicht das Vorgehen mit dem Abtransport von Zwangsarbeitern während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg. «Nicht nur, dass die russischen Truppen unser friedliches Mariupol vernichten, sie gehen noch weiter und haben begonnen, die Mariupoler aus dem Land zu bringen», sagt der 44-Jährige am Samstag.

Militärisch gilt die Lage nach knapp drei Wochen Blockade als nahezu aussichtslos. In Mariupol kämpfen vor allem die als «Neo-Nazis» verschrienen Kämpfer des bereits 2014 in Mariupol eingesetzten Asow-Bataillons gegen russische Truppen. «Faktisch 3000 Kämpfer binden gerade eine vierzehntausendköpfige russische Gruppierung», sagt der rechtsextreme Ex-Parlamentsabgeordnete Andrij Bilezkyj. Der Asow-Gründer fordert eine Offensive der ukrainischen Armee. «Es müssen die ukrainischen Helden gerettet werden», sagt der 42-Jährige in einem Video mit bewaffneten Kameraden des inzwischen in die Nationalgarde eingegliederten Regiments Asow.

Auf Hilfe aus Kiew können die Asow-Kämpfer, die etwa Russland als Terrororganisation eingestuft hat, aber nicht hoffen. Auch in den Unterlagen des US-Kongresses ist festgehalten, dass keine Waffen aus der amerikanischen Militärhilfe an die Asow-Gruppe gehen dürfe. Das Präsidentenbüro in Kiew begründet die Ablehnung allerdings damit, dass die ukrainischen Truppen nördlich von Mariupol durch die Offensive der Russen gebunden seien. Es gebe keine Reserven für eine solche Operation, meint Präsidentenberater Olexij Arestowytsch.

Nächstes Ziel ist Charkiw

Im russischen Staatsfernsehen berichten Moskauer Kriegsreporter aus Mariupol, dass ein Sieg über die Tausenden Asow-Kämpfer entscheidend sei. Nun werde die zweitgrösste ukrainische Stadt Charkiw im Osten des Landes das nächste Ziel der Befreiung des Landes von den «Nazis». Kremlchef Wladimir Putin hatte den Angriff auf die Ukraine am 24. Februar unter anderem mit einer «Entnazifizierung» des Landes begründet – ein aus Sicht von Experten unhaltbarer Vorwand.

Von einer «absurden Erzählung» Putins spricht die israelische Extremismus-Expertin Rita Katz von der US-Nichtregierungsorganisation SITE Intelligence Group. Zwar sei das Asow-Bataillon eine rechtsextreme nationalistische Bewegung, der sich auch Rechtsradikale aus anderen Ländern anschlössen. Es sei aber falsch, wenn Putin behaupte, die Regierung des von dem jüdischstämmigen Präsidenten Wolodimir Selenski geführten Landes sei von Neo-Nazis durchsetzt.

Kommentar (0)

Schreiben Sie einen Kommentar. Stornieren.

Ihre E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. Die Pflichtfelder sind mit * markiert.

Meistgelesen

Mehr zum Thema