Autor: Carole Schneuwly
Freiburg Für die Kulturschaffenden, die ihre Ateliers und Proberäume in der Johanniterkomturei (Commanderie de Saint-Jean) haben, wird die Zeit knapp: Ende Februar müssen sie das Gebäude auf der Oberen Matte verlassen, weil der Kanton als Besitzer hier den Kulturgüterdienst unterbringen will (die FN berichteten). Dass ihre Mietverträge nicht erneuert werden, wissen die Künstlerinnen und Künstler seit Frühling 2009. Seither suchen sie nach Alternativen, jeder für sich, aber auch im Kollektiv. Viele wünschen sich eine gemeinsame Lösung, um den Geist des Austauschs, der in der Johanniterkomturei herrschte, beizubehalten.
Niemand ist verantwortlich
Eine solche Lösung ist aber weit und breit nicht in Sicht. Daran hat auch eine Verlängerung der Auszugsfrist von September 2009 auf Februar 2010 nichts geändert. Die Hoffnung, dass der Kanton ein anderes Gebäude zur Verfügung stellen werde, habe er aufgegeben, sagte Pierre-Alain Rolle vom Marionettentheater Le Guignol à Roulettes gegenüber den FN. Und auch von den Gemeinden, allen voran der Stadt Freiburg, seien bisher wenig positive Signale gekommen. Das Problem ist bekannt: «Niemand fühlt sich wirklich verantwortlich», so Rolle, der selber für die SP im Freiburger Generalrat sitzt. «Der Kanton ist zuständig für das professionelle Kunstschaffen, die Gemeinden für die Infrastruktur. Aber wer kümmert sich um die Infrastruktur für die Künstler?»
Runder Tisch gefordert
Um die Situation zu klären, fordern das Künstlerkollektiv und der Verein Phare schon länger einen runden Tisch mit allen Akteuren. Vergangene Woche trugen sie das Anliegen Oberamtmann Carl-Alex Ridoré schriftlich vor. Dieser bestätigt den Eingang des Briefes und gibt sich gesprächsbereit: «Ich werde mich sobald wie möglich mit den Kunstschaffenden treffen, um ihren Standpunkt zu hören.» Die Schwierigkeit werde wohl darin bestehen, dass die Lokalitätenfrage dringend sei, es aber wichtige Grundsatzfragen zu klären gebe.
Gesprächsbereit zeigt sich auch Madeleine Genoud-Page, die zuständige Gemeinderätin der Stadt Freiburg. Man sei sich des Problems bewusst und interessiert an einer Lösung. Aber: «Das ist nicht primär die Aufgabe der Gemeinde.» Sie könne sich im Moment kein Gebäude vorstellen, das die Stadt den Künstlern zur Verfügung stellen könnte. Das Schlachthaus St. Leonhard, das ab Ende 2010 leer steht und auf das die Künstler ein Auge geworfen haben, kommt für die Gemeinderätin nicht in Frage: «Das Gebäude wird mitten in der Grossbaustelle der Poyabrücke liegen; das wäre viel zu gefährlich. Und je nach Verlauf der Bauarbeiten könnte das Schlachthaus sehr bald abgerissen werden.»
Auch Markus Baumer, Kulturdelegierter von Stadt und Region Freiburg, sieht eher mittel- als kurzfristige Lösungen. Und er gibt zu bedenken: «Es handelt sich hier um eine Szene, die es gewohnt ist, sich ihre Plätze selber zu suchen.»
Depot als Minimallösung
Genau das tun die Künstlerinnen und Künstler der Johanniterkomturei jetzt, alle auf ihre Art. Das Guignol à Roulettes etwa sucht seit letzter Woche via E-Mail und Facebook nach Lokalen: «Als Minimallösung brauchen wir ein Depot für unser Material», so Pierre-Alain Rolle, «aber besser wäre ein Atelier.» So oder so werde es aller Voraussicht nach 2010 keine neue Produktion des Guignol à Roulettes geben.
Und der Chansonnier Christophe Pochon (Les Sangliers Rieurs), wie Rolle einer der ersten Mieter der Johanniterkomturei, will bei sich zu Hause in Treyvaux aus einer Scheune einen Proberaum machen.