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Kein Pranger für fehlbare Beizen: Hygieneampel findet in Freiburg keinen Anklang

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Lebensmittelkontrollen sind in Freiburg und allgemein in der Schweiz nicht öffentlich. In Nachbarländern schon. Die FN hat im Politik- und Gastrobereich nachgefragt, warum das so ist.

Das Freiburger Amt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (LSVW) hat 2023 fast 5000 Lebensmittel- und Trinkwasserproben erhoben. Rund 71 Prozent der inspizierten Lebensmittelbetriebe im Kanton Freiburg entsprachen nicht den Vorschriften. Die Inspektionen fanden in Restaurants, Käsereien, Bäckereien und in der Industrie statt. Diese Beanstandungen seien aber kein Beleg dafür, dass die Proben gesundheitsgefährdend seien, versicherte Xavier Guillaume, Kantonschemiker beim Amt für Lebensmittelsicherheit (die FN berichteten) damals. 

Trotzdem häufen sich die Strafbefehle, in denen fehlbare Beizen und Lebensmittelbetriebe mit unhygienischen Zuständen geahndet werden, auffällig. Das belegen die Zahlen des Amts für Lebensmittelsicherheit. 2023 gab es insgesamt 110 Strafanzeigen gegen Lebensmittelbetriebe, mehr als die Hälfte, 64, betrafen Gastrobetriebe. 2022 waren es noch insgesamt 60 Strafanzeigen gewesen, 35 im Gastronomiebereich. Auch 2019 bewegte sich mit total 67 Strafanzeigen gegen 41 Restaurants in einem ähnlichen Rahmen. Kantonschemiker Guillaume weist gegenüber den FN jedoch darauf hin: Unter Umständen können Betriebe mehr als einmal im selben Jahr angezeigt werden.

Auch auffällig: 2023 haben die Behörden vier Restaurants temporär geschlossen, im 2019 waren es deren zwei. 

Die Hygiene in Restaurants wird vom Freiburger Amt für Lebensmittelsicherheit streng kontrolliert. 
Bild: Symbolbild: Keystone 

Anstieg der Strafanzeigen

Das zuständige Amt ist gesetzlich verpflichtet, strafbare Widerhandlungen gegen Vorschriften des Lebensmittelrechts der Strafverfolgungsbehörde anzuzeigen, stellt Guillaume klar. Darüber hinaus werden auch Unternehmen angezeigt, die bei einer früheren Inspektion angeordnete Massnahmen nicht umgesetzt und die Mängel behoben haben.

«Es ist ein leichter Anstieg der Strafanzeigen gegen Gastronomiebetriebe zu verzeichnen», bestätigt Guillaume in seiner schriftlichen Antwort. «Dies kann mit den zunehmenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten dieser Kategorie von Betrieben in Verbindung gebracht werden.»

Auf Anfrage der FN nimmt Philippe Roschy, Präsident von Gastro Freiburg, zum augenfälligen Anstieg der Zahl der Strafbefehle ausweichend Stellung. «Es kann festgestellt werden, dass 2019 der Anteil der Strafanzeigen gegen Gastronomiebetriebe von 68 Prozent auf 58 Prozent im 2023 gesunken ist», schreibt er in seiner Antwort und nimmt die Gesamtheit der Beanstandungen als Referenz. Der für den Bereich zuständige Staatsrat Didier Castella (FDP) unterstützt die Position seines Amts: «Die wirtschaftliche Situation der Branche kann diese Entwicklung erklären.» Ausserdem sei zu beachten, dass Covid die Vergleiche zwischen den Jahren erschwert habe. 

Nicht öffentliche Berichte

Trotz der deutlichen Zahlen bleibt die Frage offen, was diese Lebensmittelkontrollen nützen, wenn dann doch niemand davon erfährt. Die Ergebnisse der Lebensmittelkontrollen werden nicht veröffentlicht, noch viel weniger die Namen der Gerügten. Wie geringfügig oder gravierend die Beanstandungen von diesen 71 Prozent der Lebensmittelbetriebe also sind, bleibt unklar.

In anderen Ländern Europas, wie beispielsweise in Grossbritannien oder Frankreich, wissen die Konsumenten deutlich mehr über die Hygiene in Restaurants. Denn: Die Regierung macht diese Berichte mit den Kontrollen publik. Die meisten Restaurants und Lebensmittelbetriebe weisen die Benotung ihres Restaurants mit einer Art Hygieneampel in Form eines Smileys aus (siehe Kasten). Die Besitzerinnen und Besitzer sind dazu verpflichtet, die Angabe in ihrem Lokal gut sichtbar für die Kundschaft aufzuhängen. 

Manche würde schon gerne wissen, wie einwandfrei die Speisen im Restaurant wirklich sind.
Symbolbild: Keystone 

Verstösse werden geahndet

Die Schweiz – so auch Freiburg – steht dieser Praxis reserviert gegenüber. Aber warum ist das so? Möchte wirklich niemand wissen, wie hygienisch der Betrieb arbeitet, in dem er oder sie essen geht? «Im Allgemeinen fallen diese Informationen unter den Datenschutz», unterstreicht Castella. Das Bundesgesetz halte fest, welche Informationen veröffentlicht werden dürfen. Insbesondere amtliche Kontrollberichte sowie Dokumente, die Schlussfolgerungen über die gewonnenen Erkenntnisse und Informationen zulassen, dürfen der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht werden. «Alle Kantone müssen sich an diese Vorschrift des Bundes halten», so Castella.

Für viele Ohren mag das paradox klingen: Einerseits gilt das Öffentlichkeitsprinzip in fast allen Kantonen. Amtliche Dokumente müssen demnach für jeden einsehbar sein. Andererseits müssen die Kantone die Informationen zu Lebensmittelkontrollen unter Verschluss halten.

Das Vorgehen der Behörde beschränke sich ausserdem nicht auf punktuelle Kontrollen, es umfasse auch die Nachkontrolle der Ergebnisse und die Umsetzung der gegebenenfalls verlangten Massnahmen. Und dann könne der Staat durchaus auch einmal hart durchgreifen, stellt Castella klar: «Festgestellte Verstösse, die die Gesundheit gefährden, werden geahndet und können bis zu einer Schliessung von Gastrobetrieben führen. Die Konsumenten haben so die Gewissheit, dass sie nicht in einer ‹Grüsel-Beiz› essen, in der die Behörden Mängel festgestellt hatten.» 

Die Konsumierenden haben so die Gewissheit, dass sie nicht in einer «Grüsel-Beiz» essen, in der die Behörden Mängel festgestellt hatten.

Didier Castella, FDP-Staatsrat
Falls Verstösse gegen die Hygiene festgestellt werden, werden diese geahndet.
Symbolbild: Keystone

Falsche Schlüsse ziehen

Aus gastronomischer Sicht stelle eine Veröffentlichung von Lebensmittelkontrollberichten ein Problem dar, erklärt Beizerpräsident Philippe Roschy gegenüber den FN: «Ein einmaliger Verstoss könnte einem Betrieb langfristig schaden, auch wenn dieser bereits behoben ist.» Dies könne besonders kleinere Betriebe schwer treffen. «In den meisten Fällen sind Verstösse geringfügig und schnell zu beheben», weiss Roschy. «Ohne Kontext könnte die Öffentlichkeit falsche Schlüsse ziehen.»

So könne es sein, dass ein Pächter auf den Radar der Kontrolleure kommt, weil er vergessen hat, den Empfang von Waren wie verlangt schriftlich zu melden.

Ein einmaliger Verstoss könnte einem Betrieb langfristig schaden, auch wenn dieser bereits behoben ist.

Philippe Roschy, Präsident Gastro Freiburg

Hygieneampel wird abgelehnt

Sowohl die Politik als auch die Gastronomie lehnen also die Einführung von einem System wie die Hygieneampel oder Hygiene-Smileys ab. «Das Bundesrecht schliesst diese Lösung ausdrücklich aus», wiederholt Castella. «Das Bundesparlament hat sich gegen ein solches System entschieden, da es nicht dazu beiträgt, die Einhaltung der Vorschriften in den Lebensmittelbetrieben zu verbessern.» Ausserdem sei das mit einem zusätzlichen Arbeitsaufwand verbunden.

Dennoch sei das Schweizer Kontrollsystem eines der weltweit effizientesten. Die Sauberkeit hierzulande sei international anerkannt. «Im Übrigen ist die Schweizer Kultur eher auf eine konstruktive Beziehung zwischen Behörden und Bürgerinnen und Bürger ausgerichtet, als auf Anprangerung.»

Ausserdem: «In zahlreichen anderen Sektoren werden ebenfalls Kontrollen durchgeführt, bei denen nicht verlangt wird, dass die Ergebnisse systematisch öffentlich gemacht werden.» Dabei erwähnt Castella die Bussen für Verstösse gegen das Strassenverkehrsgesetz von Taxis oder Entscheide des Presserats für die Medien.

Im Übrigen ist die Schweizer Kultur eher auf eine konstruktive Beziehung zwischen Behörden und Bürgerinnen und Bürger ausgerichtet als auf Anprangerung.

Didier Castella, FDP-Staatsrat
Die Gastronomiebetriebe müssen bereits eine Vielzahl von Vorschriften einhalten, unter anderem die Kennzeichnung von Alkohol in Getränken.
Archivbild: Charles Ellena 

Auch Gastro-Freiburg-Chef Roschy sieht aus gastronomischer Sicht keinen Grund, solch ein System einzuführen. Es würden bereits viele Vorschriften bestehen. Als Beispiele nennt er die Herkunftsdeklaration der Produkte, die Angabe von Allergenen oder aus solchen gewonnenen Zutaten, sowie die Kennzeichnung von Alkohol in Lebensmitteln oder Getränken. «Die Kontrollen in der Schweiz und in Freiburg entsprechen strengen Normen», so Roschy. Diese würden von den zuständigen Stellen auch effektiv durchgesetzt. Ausserdem seien heute alle Betriebe auf zahlreichen Online-Plattformen wie Trip Advisor gelistet, ohne darauf Einfluss gehabt zu haben. «Wir wissen, dass diese Bewertungen einen enormen Einfluss auf die Entscheidung der Konsumenten für oder gegen ein Restaurant haben.»

Freiwillige Deklaration

Der einzige Schweizer Kanton, der die Lebensmittelkontrollen nicht unter Verschluss hält, ist Zug. Dort erhalten alle Lebensmittelbetriebe seit 2009 ein Hygienezeugnis. Dieses umfasst die letzten drei Inspektionen. Die Noten reichen von «ungenügend» bis hin zu «sehr gut». Dabei ist es den Besitzerinnen und Besitzern allerdings freigestellt, ob sie das Zeugnis öffentlich machen wollen.

Ist das Modell auch für Freiburg geeignet? Castella entgegnet, den Gastrobetrieben stehe es natürlich frei, die betreffenden Angaben zu kommunizieren. «Es ist jedoch fraglich, wie aussagekräftig ein System ist, wenn die Anwendung freiwillig ist.»

Ähnlich sieht es Roschy: «Wenn bei einer freiwilligen Anzeige nur wenige Betriebe teilnehmen, ist der Nutzen für den Konsumenten begrenzt.» Dazu komme: «Betriebe, die nicht mitmachen wollen, könnten unter Verdacht geraten, obwohl sie gar keine Hygienemängel haben.» 

Betriebe, die keine Teilnahme wählen, könnten unter Verdacht geraten, obwohl sie möglicherweise keine Hygienemängel haben.

Philippe Roschy, Präsident Gastro Freiburg

Hygieneampel vs. Hygiene-Smileys 

Es sind zwei verschiedene Arten von Systemen für die Deklaration von Hygiene in Lebensmittelbetrieben verbreitet: die Hygieneampel in Deutschland und die Smileys in Frankreich. Entsprechende Erläuterungen gibt das Hygiene-Netzwerk, ein deutscher Zusammenschluss von Firmen aus dem Hygienebereich, auf ihrer Webseite.

Die Hygieneampel gibt nach dem Vorbild einer Verkehrsampel die Ergebnisse der Behördenkontrolle an. Für die Beurteilung werden drei Hauptmerkmale herangezogen: die Verlässlichkeit der Einhaltung lebensmittelrechtlicher Bestimmungen, die Verlässlichkeit der Eigenkontrollen und das Hygienemanagement. Die Kriterien werden mit einem festgelegten Punktesystem bewertet. 

Die Berichte der Lebensmittelüberwachung werden in Frankreich nicht veröffentlicht, sondern ausschliesslich die dargestellten Smiley-Bewertungen. Die Skala hat vier Smileys. Deren Bedeutung reicht von «dringender Verbesserungsbedarf» über «verbesserungswürdig» und «zufriedenstellend» bis hin zu «sehr zufriedenstellend». Die Beizerinnen und Beizer können die «Smiley-Bewertung» aushängen, wenn sie wollen. Die Informationen sind allerdings auch im Internet zugänglich. (agr

So sehen die französischen Hygienesmileys aus. 
Bild: Französisches Ministerium für Landwirtschaft und Ernährungssouveränität

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