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«Keine junge Mutter schafft das allein»

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«Keine junge Mutter schafft das allein»

Autor: Carole Schneuwly

Die Langzeitdokumentation «Mit dem Bauch durch die Wand» erzählt drei sehr unterschiedliche Geschichten von Elternschaft im Jugendalter. Regisseurin Anka Schmid zeigt, wie die Jugendlichen die schwierige Situation meistern, was sie selber schaffen und wo sie Hilfe brauchen. Die FN haben die Zürcherin, die an der Universität Freiburg unterrichtet, getroffen.

 

Anka Schmid, was hat Sie am Thema jugendlicher Eltern so fasziniert, dass Sie ihm eine Langzeitdokumentation gewidmet haben?

Ich bin selber mit 33 Jahren Mutter geworden, und die Mutterschaft hat mein Leben völlig verändert. Ich wollte das Thema filmisch umsetzen, doch es sollte noch elf Jahre dauern, bis die Idee mit den Teenager-Müttern reifte. Auslöser war der konkrete Fall einer jungen Mutter, die mich mit ihrem wahnsinnigen Engagement beeindruckte. Da kommt so vieles zusammen: Diese Jugendlichen befinden sich sowieso in einer Zeit des Umbruchs, der Neuorientierung und der Weichenstellungen – und dann kommen plötzlich noch die riesigen Herausforderungen einer frühen Elternschaft dazu.

 

Im Film zeigen Sie das an drei sehr unterschiedlichen Beispielen auf. Wie haben Sie Ihre Protagonistinnen und Protagonisten gefunden?

Das war nicht einfach, aus Gründen des Datenschutzes, aber auch, weil es in der Schweiz gar nicht so viele minderjährige Mütter gibt. Ich habe über Kliniken, Mütterberatungsstellen und den Hebammenverband ein Flugblatt verteilt, mit dem ich interessierte junge Mütter aufrief, sich zu melden. Wichtig war mir, dass sie zu einer Langzeitbegleitung bereit waren und sich nicht in aussergewöhnlich schwierigen Situationen befanden. Mit den Jugendlichen, die sich meldeten, habe ich mich getroffen und am Ende fünf ausgewählt.

 

Im Film kommen aber nur drei Fälle vor …

Ich wollte ursprünglich vier Geschichten erzählen. Weil bei so langfristig angelegten Projekten immer das Risiko eines frühzeitigen Ausstiegs besteht, habe ich anfangs mit fünf Müttern respektive Paaren gearbeitet. Eine Mutter zog sich dann tatsächlich auf Wunsch ihres Vaters zurück. Auf eine zweite Geschichte habe ich in gegenseitigem Einverständnis verzichtet, weil die Veröffentlichung unvorhersehbare juristische Konsequenzen gehabt hätte. Im Rückblick war es von Vorteil, dass ich mich auf drei Fälle beschränkt habe. Die einzelnen Geschichten haben so mehr Raum bekommen.

 

Die jungen Leute geben im Film sehr tiefe Einblicke in ihr Leben, sie wirken echt und unverstellt. Wie ist es Ihnen gelungen, mit der Kamera diese Nähe zu schaffen?

Einerseits schon durch die Auswahl der Jugendlichen, die weder zu schüchtern noch zu exhibitionistisch sein durften. Tatsächlich erwiesen sich gerade die jungen Frauen als sehr uneitel. Sie zeigen nicht nur ihre ungeschminkten Gesichter, sondern auch ihre ungeschminkten Seelen. Andererseits kann die Kamera auch Konzentration schaffen und dazu beitragen, dass die Porträtierten ihre Situation so reflektiert betrachten, wie sie es sonst kaum tun würden.

 

Einen Grossteil der Aufnahmen drehten Sie allein, mit einer kleinen HDV-Kamera und Sendermikrofon. Auch dadurch entsteht ein Eindruck von Nähe und Authentizität.

Ja, als Einzelperson habe ich viel weniger gestört als mit einem ganzen Kamerateam. Zudem hatte diese Arbeitsweise den Vorteil, dass ich sehr flexibel reagieren konnte. Ich hatte mit den Jugendlichen abgemacht, dass sie mich informieren sollten, wenn in ihrem Leben etwas Wichtiges passierte, zum Beispiel ein Umzug oder ein Lehrabschluss. Oft dachten sie dann, wenn überhaupt, erst im letzten Moment daran, mich anzurufen …

 

Andere Drehtermine waren längerfristig geplant.

Einmal pro Jahr habe ich alle Mitwirkenden mit einem Filmteam besucht. Diese Termine waren im Voraus abgemacht und haben es mir ermöglicht, mich unbelastet von der Technik auf die Gespräche zu konzentrieren.

 

Auffallend ist, dass allein die Jugendlichen zu Wort kommen, nicht aber Eltern oder andere Bezugspersonen.

Das war ein sehr bewusster Entscheid. Ich wollte keine Kommentare von Aussenstehenden. Darum habe ich auch keine Interviews mit Eltern, Lehrmeistern oder Lehrern mit laufender Kamera geführt. Natürlich gab es Gelegenheiten, mit solchen Leuten zu sprechen, aber ich habe diese Gespräche nie gefilmt.

 

Der Film kommt auch ohne Off-Kommentar aus.

Ja, und ich bin froh, dass es so funktioniert. Es war ein Versuch, und der Film ist zum Glück auch so verständlich. Bei den Szenen, die zusätzliche Erklärungen brauchen, reichen kurze Inschriften aus.

 

Sie haben die Jugendlichen während über drei Jahren eng begleitet und sind ihnen dabei sehr nahegekommen. Wie haben Sie sie erlebt?

Vor allem haben sie mich überrascht mit dem Reifungsprozess, den sie durchgemacht haben. Anstelle der typisch jugendlichen Naivität und Selbstüberschätzung traten sehr rasch eine Kraft und eine Energie, die diese jungen Eltern vorantreiben. Im Gegensatz zu anderen Teenagern wissen sie genau, warum sie eine Ausbildung oder einen Job brauchen, und tun darum alles dafür. Der Film zeigt, dass auch Kinder, die ohne klassische Musik und Bionahrung aufwachsen, sehr aufgeweckt und gesund sein können. Er zeigt aber auch, dass keine junge Mutter das allein schafft, dass es die Hilfe eines Partners, der Eltern oder von Institutionen braucht.

Welche Momente haben Sie in der ganzen Zeit am stärksten berührt?

Überwältigend war, als ich bei der Geburt von Jason, dem Sohn von Sandra und Marcel, dabei sein durfte. Auch Momente wichtiger Entscheidungen haben mich berührt, etwa als Jasmine sich entschloss, ihren Sohn ins Heim zu geben: ein Augenblick des grossen Schmerzes und der grossen Stärke. Insgesamt habe ich die Dreharbeiten als eine sehr schöne und intensive, teils turbulente und chaotische Zeit erlebt, die mir selber viel Kraft und Elan gegeben hat.

 

Daneben gab es aber sicher auch schwierige Situationen?

Schwer war es vor allem dann, wenn sich jemand in einer Krise befand und ich nicht helfen konnte. Es war für mich eine persönliche Herausforderung, in der Position der Beobachterin zu bleiben, die sich nicht einmischen darf. Die Jugendlichen sollten mich nicht als Anwältin wahrnehmen, sonder eher als eine Art Komplizin, der man Sachen anvertrauen kann.

 

Ein Vertrauen, das verpflichtet. Gibt es Szenen, die Sie zum Schutz der Jugendlichen im Film nicht zeigen?

Ich habe nicht die Sensation gesucht und im Zweifelsfall immer für die Menschen entschieden, nicht für den Film. Im Endeffekt waren es aber nur eine, zwei Szenen, auf die ich aus solchen Gründen verzichtet habe. Alle Protagonisten haben den Film vor dem letzten Schnitt zusammen mit ihren Kindern gesehen. Über vieles haben sie gestaunt, aber sie waren mit allen gezeigten Aufnahmen einverstanden.

 

Sind Sie nach Abschluss der Filmarbeiten mit den Jugendlichen in Kontakt geblieben?

Ja, regelmässig während der sechs Monate des Schnitts. Dann haben wir uns alle bei der Premiere an den Solothurner Filmtagen 2011 gesehen. Im Frühling 2011 waren die Jugendlichen bei den Premierenaufführungen in ihren jeweiligen Städten dabei. Vor kurzem habe ich allen persönlich die Film-DVD gebracht. Jetzt kommt es allmählich zu einer Abnabelung, und das ist gut so. Aber ich habe von allen das Einverständnis, dass ich sie in zehn Jahren besuchen darf, um eventuell eine Fortsetzung der Dokumentation zu drehen, wenn ihre Kinder ins Teenageralter kommen.

 

Ihr eigener Sohn ist heute 17 Jahre alt. Wie würden Sie reagieren, wenn er Sie jetzt zur Grossmutter machen würde?

Ich wäre schockiert! Ich würde ihm sagen, dass er trotz Vaterschaft seine Ausbildung nicht vernachlässigen dürfe, und ich würde ihm klarmachen, dass ich als berufstätige Grossmutter nicht die Verantwortung für das Kind übernehmen könnte. Es wäre nicht einfach, aber wir würden uns in das Abenteuer stürzen. Vieles im Leben ist nicht vorhersehbar, und eine Elternschaft ist etwas Positives, ein Geschenk. Trotzdem: Ich verstehe meinen Film keinesfalls als Werbung dafür, möglichst jung Eltern zu werden …

Kino Rex, Freiburg: Spezialvorführung in Anwesenheit von Anka Schmid: Mo., 27. Februar, 18 Uhr. Weitere Vorführungen am 3. und 4. März (Zeiten unter www.cinemotion.ch). OVfd.

Die FN offerieren ihren Leserinnen und Lesernzehn Tickets für die Vorführung vom 27. Februar. Interessierte können diese am Montag ab 8.30 Uhr auf der Redaktion beziehen (Pérolles 42, Freiburg).

Anka Schmid: «Die Dreharbeiten haben mir selber viel Kraft und Elan gegeben.»Bild Corinne Aeberhard

Zur Person

Dozentin an der Universität Freiburg

Anka Schmid wurde 1961 in Zürich geboren. Von 1984 bis 1990 studierte sie an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin. Parallel dazu arbeitete sie als Kamera- und Regieassistentin und realisierte eigene Videos und Kurzfilme. Für den Dokumentarfilm «Techqua Ikachi, Land – mein Leben», den sie 1989 gemeinsam mit einem Hopi-Indianer drehte, lebte sie ein Jahr lang im Hopi-Gebiet in Arizona. Nach dem Studienabschluss arbeitete sie in Deutschland, der Schweiz, Frankreich, Argentinien und den USA. 1998 zog sie mit ihrem 1994 geborenen Sohn zurück nach Zürich. Heute arbeitet sie als freie Filmschaffende, als Regisseurin von Auftragsfilmen und als Filmdozentin. Seit Herbst 2011 leitet sie das Praxisseminar «Film und Fernsehen» am Departement für Medien- und Kommunikationswissenschaft der Universität Freiburg. cs

Die jungen Frauen zeigen nicht nur ihre ungeschminkten Gesichter, sondern auch ihre ungeschminkten Seelen.

Der Film: Drei Paare und ihre ganz unterschiedlichen Geschichten

Der Film «Mit dem Bauch durch die Wand» erzählt von drei Paaren, die schon als Teenager Eltern geworden sind. Die Geschichten zeigen, dass jede Situation anders ist:

• Sandra und Marcel (Luzern):Bei der Geburt von Sohn Jason ist Sandra 17, Marcel 18 Jahre alt. Im Verlauf der Dreharbeiten heiraten sie, schliessen ihre Lehren ab und bekommen einen zweiten Sohn, Dean. Heute sind sie getrennt, kümmern sich aber beide um ihre Kinder.

• Jennifer und Mwathi (Bern):Das Paar lernt sich im Schulheim kennen. Jennifer ist 17, Mwathi 16, als Tochter Tanijsha zur Welt kommt. Kurz darauf trennen sie sich. Jennifer zieht mit dem Baby zu ihrer Mutter ins Berner Oberland. Inzwischen hat sie eine eigene Wohnung, und Mwathi sucht vermehrt den Kontakt zu seiner Tochter.

•Jasmine und Roman (Baselland): Mit 18 respektive 15 Jahren werden Jasmine und Roman Eltern von Sohn Armando. Das Paar trennt sich, Jasmine gibt Armando während der Woche ins Kinderheim, um Geld verdienen zu können. Heute lebt Armando wieder ganz bei seiner Mutter, die eine Lehre als Gärtnerin macht. cs

 

 

Jasmine mit Armando.Bild zvg

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