Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

«Keiner der Anwesenden war gewalttätig»

Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Autor: Nicole Jegerlehner

In Sichtweite des Gerichtsgebäudes des Saanebezirks an der Zeughausstrasse in Freiburg standen gestern vier Polizeibeamte; und wer ins Gebäude wollte, musste sich ausweisen und den Inhalt seiner Taschen den dortigen Polizeibeamten vorzeigen. Denn ges-tern standen elf Personen vor Gericht, welche an der gewalttätigen Demonstration vom 12. Juni 2010 (siehe Kasten) teilgenommen hatten. Acht Männer und drei Frauen im Alter zwischen 23 und 42 Jahren sassen vor dem Polizeirichter – alle sind des Landfriedensbruchs angeklagt.

Die Angeschuldigten aus Freiburg, Bern, Lausanne und Genf gaben zu Protokoll, sie hätten die Demonstration verlassen, als andere Kundgebungsteilnehmer vor dem Freiburger Zentralgefängnis Feuerwerk zündeten und die Polizei mit Gummigeschossen antwortete.

DNA im Handschuh

Ein 25-jähriger Genfer sagte sogar, er habe gar nicht an der Demonstration teilgenommen. Er wurde angeklagt, weil die Polizei seine DNA in einem Handschuh vor Ort gefunden hatte; Fotos oder andere Beweise für einen möglichen Aufenthalt in Freiburg gibt es nicht. Der Genfer geht davon aus, dass seine DNA in den Handschuh kam, als er wenige Tage vor der Demonstration in Genf an einem Velo-Flick-Workshop teilgenommen und dort zur Verfügung gestellte Handschuhe benutzt hatte.

Der Freiburger Anwalt Tarkan Göksu verteidigt sechs Angeklagte. «Keiner der hier Anwesenden war am 6. Juni 2010 gewalttätig.» Die Polizei habe zwar rund fünfzig Leute festgenommen, doch sei dies eher zufällig geschehen. «Die, die wirklich für die Gewalt und die Sachbeschädigungen verantwortlich sind, konnten nicht gefunden werden.» Er befürchte, dass an seinen Klienten ein Exempel statuiert werden solle.

Der Landfriedensbruch

Um wegen Landfriedensbruch verurteilt zu werden, reicht die Teilnahme an einer gewalttätigen Demonstration; ein Angeklagter muss nicht selber Gewalt ausgeübt haben. Göksu argumentierte jedoch, dass sich seine Mandanten im Moment, als vor dem Zentralgefängnis die Gewalt ausbrach, abseits der Menge befunden hätten – dass sie also zu dem Zeitpunkt nicht Teil der Demonstration gewesen seien. Insbesondere drei Personen, die im demo-eigenen Sicherheitsdienst engagiert waren, hätten sich zum fraglichen Zeitpunkt hinter dem Werkhof, weit ab vom gewalttätigen Chaos, aufgehalten. Zwei andere hätten sofort versucht, die Kundgebung zu verlassen – doch habe die Polizei nur einen einzigen Weg, den hin zur Mittleren Brücke, offen gelassen.

Ein 24-jähriger Bieler gab zudem zu Protokoll, er sei zwar auf dem Georges-Python-Platz gewesen, als die Demonstration vorbereitet worden sei. Am Umzug selber habe er aber nicht teilgenommen. Kein Foto, keine Aussage kann das Gegenteil beweisen.

Auch der Genfer Anwalt Philippe Currat betonte, nur wer willentlich an einer gewalttätigen Kundgebung teilnehme, könne wegen Landfriedensbruchs verurteilt werden. Seine Mandantin aber sei mit friedlichen Absichten demonstrieren gegangen.

Currat zitierte zudem aus dem Polizeibericht: So sei der Freiburger Polizei bekannt gewesen, dass neun autonome Extremisten aus Frankreich in Vevey ein Haus besetzt hatten – und dass die Möglichkeit bestand, dass sie an die Demonstration reisten. Die Polizei habe sich aber bewusst zurückgehalten, anstatt die Autonomen zu kontrollieren. Damit habe sie die Möglichkeit einer Eskalation an der Demonstration akzeptiert. An der Kundgebung selber habe die Polizei die friedlich Protestierenden zu keinem Zeitpunkt aufgefordert, die Menge zu verlassen. «Sie hat vielmehr sofort Gummigeschosse eingesetzt, Wege versperrt und ein Chaos ausgelöst.»

Urteil am Freitag

Alle Verteidiger forderten für ihre Mandanten einen Freispruch. Polizeirichter Alain Gautschi – der während den Einvernahmen immer wieder einen kleinen Witz einflocht – gibt das Urteil am Freitagnachmittag bekannt. War die Öffentlichkeit von der gestrigen Verhandlung teilweise ausgeschlossen, ist die Urteilsverkündigung öffentlich.

Nach den Krawallen vom 12. Juni 2010 nahm die Kantonspolizei 47 Personen fest. Elf standen gestern vor Gericht.Bild Alain Wicht/a

Chronologie

Eine Demonstration gegen Polizeigewalt

Am12. Juni 2010 fand in der Stadt Freiburg eine Demonstration statt. Sie sollte eineSolidaritätskundgebung für den 18-jährigen Franzosen sein, welcher im April 2010 in einem gestohlenen Auto auf der Autobahn A1 von einem Polizisten erschossen worden war – und für dessen Zwillingsbruder, der damals im Zentralgefängnis Freiburg in Untersuchungshaft sass. Die Organisatoren riefen zum Protest gegen Polizeigewalt auf. Rund hundert Personen kamen am Samstagnachmittag zurbewilligten Demonstration. Erst zogen sie friedlich durch die Lausannegasse Richtung Unterstadt. Oben an der Alten Brunnengasse wurden erstmals Feuerwerkskörper gezündet, einige Demonstrierende vermummten sich. Zwischen der St.-Johann-Brücke und demZentralgefängnis zündeten immer mehr Demonstrierende Feuerwerk und Rauchpetarden. Als sie vor dem Gefängnis standen, feuerten sie Raketen gegen das Gebäude ab. Daraufhin kam es zu einerStrassenschlacht mit der Polizei. Die Kantonspolizei Freiburg nahm im Nachgang an die Demo47 Personen fest. «Augenauf Bern» kritisierte den Polizeieinsatz: Sie habe Gummigeschosse ohne Vorwarnung eingesetzt. Zudem seien einige Festgenommene auf dem Polizeiposten schikaniert worden. Gegen27 der 47 Festgenommenen wurden Bussen zwischen 20 und 60 Tagessätzen verhängt.Elfhaben gegen den StrafbefehlBeschwerde eingereicht; sie stehen nun vor dem Polizeirichter des Saanebezirks (siehe Haupttext). njb

Meistgelesen

Mehr zum Thema