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«Komplett aus dem Ruder»

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Gänseblümchen, Weiden oder der Haselnussstrauch: Sie alle gibt es derzeit im Seebezirk in voller Blüte zu entdecken. Dauerhafter Frost und Schnee sind in den niederen Lagen nicht in Sicht. Für die Natur ist das eine Herausforderung: «Seit mindestens 30  Jahren steigen die Temperaturen ständig an, für wilde Pflanzen ist das ein Problem», erklärt der Freiburger Biologe Gregor Kozlowski. Er ist Direktor des Botanischen Gartens der Universität Freiburg. «Wenn das so weitergeht, wird sich die Vegetation deutlich verändern. Viele Arten werden verschwinden und neue dazukommen, es entstehen komplett neue Lebensgemeinschaften.» Die Natur werde künftig anders aussehen, «es sind grosse Veränderungen, die voraussichtlich auf uns zukommen».

Zu schnelle Veränderungen

Ein Winter mit viel Wärme führe noch zu keinen grossen Schwierigkeiten, erklärt der Biologe. Im Fall, dass eine Pflanze zu früh blüht und ihre Blüte durch den Frost erfriert, ginge zwar sowohl bei den wilden Pflanzen wie auch bei den Nutzpflanzen die Frucht beziehungsweise die Ernte verloren, doch ein einziger milder Winter habe noch keine Konsequenzen und führe nicht zu einer Umgestaltung der Natur. Einzelne warme Winter habe es schon immer gegeben. «Der rasche und stetige Anstieg ist der Haken – der Mensch verändert das Klima zu schnell.»

Zum Kuckuck

Die Natur sei komplex vernetzt: «Mit dem schnellen Temperaturanstieg funktioniert die Synchronisierung nicht mehr, dadurch kann ein Durcheinander entstehen». Das zeige sich zum Beispiel bei den Kohlmeisen: «Sie brüten, die Jungen schlüpfen, aber es hat noch gar keine Insekten.» Auch gebe es den Fall, dass die Insekten schon da sind, die Pflanzen aber noch nicht blühen. Kozlowski nennt ein weiteres Beispiel aus der Vogelwelt: «Der Kuckuck kommt im April in die Schweiz, und alle Nester sind schon voll mit Kücken: Der Brutschmarotzer kann seine Eier dann nicht mehr in ein fremdes Nest legen.»

Laut Adrian Aebischer, Biologe beim Amt für Wald und Natur, ist es für viele Vogelarten aber auch ein Vorteil, wenn die Temperaturen im Winter nicht zu tief liegen, «da sie dann weniger Nahrung aufnehmen müssen». Das könne zu einer höheren Überlebensrate führen. Aber wenn im Spätherbst und Frühwinter milde Witterung herrscht und deshalb manche Vögel ihren Zug in südlichere Gefilde gar nicht antreten, «vermag der eine oder andere Vogel bei einer markanten Kälteperiode nicht mehr auszuweichen».

Im Winter ist sie Vegetarierin

Eine Vogelart, bei der eine Wärmephase im Winter verheerend sein kann, sei die Bartmeise: «Diese Vogelart bewohnt ausschliesslich grössere Schilfflächen und ernährt sich im Sommerhalbjahr von Insekten, Spinnen und anderen Wirbellosen, im Winter aber vegetarisch, vor allem von Schilf­samen.» Dazu stelle diese Art ihren Stoffwechsel drastisch um.

«Bleibt es nun gegen Ende des Winters längere Zeit mild, stellt die Bartmeise ihren Verdauungstrakt auf Wirbellosenahrung um.» Kommt es dann nochmals zu einem starken Kälteeinbruch, «findet sie keine Wirbellosen mehr, und ihr Verdauungssystem ist nicht mehr auf vegetarische Nahrung eingestellt». So könne es in manchen Spätwintern zu grösseren Verlusten bei den Bartmeisen kommen.

Der Trauerschnäpper

Insgesamt gebe es aber nur wenige Fälle, bei denen höhere Temperaturen im Winter für Vögel problematisch sind. Anders sehe es im Frühjahr, in der Brutzeit, aus: «Aufgrund der höheren Temperaturen kommt es vor, dass Insekten oder deren Larven schon früher im Jahr in grossen Mengen auftreten, zu einem Zeitpunkt, wo die Vögel noch keine Junge haben. Später, wenn die Vögel dann viel Nahrung für ihre Nestlinge bräuchten, ist das Hauptnahrungsangebot schon vorbei.» Dies führe zum Beispiel beim Trauerschnäpper zu einem geringeren Bruterfolg. «Andererseits gibt es Vögel, die in milden Jahren schon früher brüten und Junge haben, obwohl noch nicht genügend Futter verfügbar ist.»

Fehlender Frost

Sind die Abläufe nicht mehr im Lot und aufeinander abgestimmt, «werden viele Arten verschwinden, die empfindlicheren trifft es zuerst. Die Abläufe werden komplett aus dem Ruder geraten, hält Kozlowski fest.

Mit dem Anstieg der Temperaturen geht der fehlende dauerhafte Frost einher. «Aber Hunderte Arten brauchen die Kältezeit», erklärt der Biologe. Dazu gehörten einige Fische und Krebse oder Pflanzen wie Veilchen, Bärlauch und Primeln. «Die Samen fallen auf den Boden und brauchen bis zu acht Wochen Kältezeit; es ist eine Art Sicherung, damit sie nicht bereits im Herbst spriessen.» Es werde eine grosse Veränderung der Artenzusammensetzung geben, prognostiziert Kozlowski. Die Veränderung der Temperatur sei schlicht zu schnell.

Weniger Eingriffe

«Wir sollten weniger tun, weniger bewirtschaften, weniger Pestizide und Dünger austragen und der Natur erlauben, wilder zu werden», betont Kozlowski. «Die Natur hat grosse Kapazitäten, sich selber zu erneuern.» Der Mensch müsse einfach versuchen, weniger einzugreifen.

Ein schönes Beispiel hierzu seien mehrere Waldgebiete im Kanton Freiburg, die in den nächsten 50 Jahren nicht bewirtschaftet werden.

«Etwas aufgeben»

Doch auch im kleinen eigenen Garten könne der Einzelne etwas zugunsten der Natur tun, «indem er oder sie der wilden Natur mehr Raum gibt und zum Beispiel Altholz einfach stehen lässt». Klar sei, «dass wir auch etwas aufgeben müssen, es geht nicht anders».

Macht es nun Sinn, einzelne Arten zu schützen, oder ist es besser, mehr Naturschutzgebiete auszuscheiden und bestehende zu vergrössern? «Es gibt Hunderte Arten, die so spezialisiert sind, dass Naturschutzgebiete nicht genügen», sagt Kozlowski. «Wir sollten beides tun: Grosse Flächen aussondern aber auch einzelne Arten gezielt schützen.»

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