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Krankenkassenprämien 2022 sinken seit 2008 wieder einmal

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In der Medienmitteilung des Bundes über die Krankenkassenprämien 2022 steht zu viel, das so nicht stimmt, und auch an der Medienkonferenz von den anwesenden Journalisten nicht kritisch hinterfragt wurde. Hier ist mein Faktencheck.

Je mehr Kommunikationsprofis, desto verwirrender ihre Botschaften. Die gesamtschweizerisch durchschnittliche Prämiensenkung wird in der Medienmitteilung des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) vom 28. September aufgeteilt in minus 0,2 Prozent, um die laufenden Kosten zu decken, und in minus 1,2 Prozent, um die Reserven abzubauen. Gemäss BAG ergibt minus 0,2 und minus 1,2 nicht minus 1,4, sondern minus 1,3 Prozent. OK, das kann auch ein Rundungsfehler sein. Nach der letzten Prämiensenkung durch Reserveabbau 2008 in der Ära Couchepin kam 2010 der Prämienschock. Das könnte sich wiederholen, denn zu starke Prämiensenkungen bei stetig steigenden Kosten der versicherten medizinischen Leistungen müssen kompensiert werden, wenn die Reserven aufgebraucht sind. Mir ist auch schleierhaft, wie Bundesrat Berset und die BAG-Spezialisten bei einer Prämienreduktion von 1.4 Prozent auf einen Reservenabbau von 380 Millionen Franken kommen. Der Krankenkassenverband santésuisse malt schon jetzt wie seit Jahren mit rund 4 Prozent im ersten Halbjahr 2021 den Kostenteufel an die Wand, wie es die Branche seit über 100 Jahren tut. Realistischer ist die im Auftrag von Comparis jährlich erstellte Prognose der Gesundheitsausgaben der Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich von etwa 3 Prozent. Es könnten auch weniger sein.

Bersets Eigenlob ist Wunschdenken

Auch andere Aussagen in der Medienmitteilung von Bundesrat Alain Berset an der Medienkonferenz sind irreführend. Als Grund für das schwächere Kostenwachstum werden die Sparvorschläge der Expertengruppe Diener genannt, die der Bundesrat willkürlich kombiniert mit eigenen Vorschlägen dem Parlament unterbreitet. Willkürlich, weil der wichtigste Vorschlag der Experten, nämlich die Beseitigung der Rollenkonflikte der Kantone von Bundesrat Berset schlicht ignoriert wird. Den ersten Teil des ersten Sparpakets hat das Parlament schon verabschiedet. Der zweite Teil, ein Festpreissystem für patentabgelaufene Medikamente wird wohl scheitern. Das zweite Sparpaket ist noch gar nicht im Parlament. Ich befürchte, dass die Sparpakete bloss die Bürokratiekosten in die Höhe treiben und Gesundheitsfachleute noch mehr von ihrer Arbeit mit den Patienten abhalten, weil sie immer mehr mit administrativen Leerläufen beschäftigt sein werden. Und bei der einheitlichen Finanzierung der ambulanten und stationären medizinischen Leistungen (EFAS), dem nach der 2012 eingeführten neuen Spitalfinanzierung wichtigsten Reformprojekt, steht der Bundesrat zusammen mit den Kantonen auf der Bremse.

Was den Kostenanstieg tatsächlich bremst

Selbst intelligente Regulierung wirkt nicht sofort. Die 2012 in Kraft gesetzte Spitalfinanzierung hat den Anstieg der stationären Spitalkosten erst um 2017 trotz legaler und illegaler Subventionen der Kantone an öffentliche Spitäler zu bremsen begonnen. Die Listen mit Operationen, die ohne medizinische Begründung nur noch ambulant durchgeführt werden, wirken auch kostendämpfend, sind aber eine Erfindung der Kantone. Und die alternativen Versicherungsmodelle (Telemedizin-, Hausarzt- und andere AVM-Modelle) gibt es schon länger als das Krankenversicherungsgesetz (KVG). Auch sie dämpfen den Kostenanstieg, weshalb AVM-Versicherte Prämienrabatte bekommen. Das Sparpotenzial wird aber noch lange nicht ausgeschöpft. Und ausgerechnet die freiwilligen AVM will Bundesrat Berset vereinheitlichen und als verbindlich erklären, obwohl das Stimmvolk die Managed-Care-Vorlage kurz nach seinem Amtsantritt wuchtig abgelehnt hat.

Nein, das Gesundheitssystem ist nicht im Schockzustand

Das Gesundheitssystem befinde sich in einer Art Schockzustand, behauptete Alain Berset an der Medienkonferenz unwidersprochen. Man könne nur schlecht abschätzen, was es tatsächlich für Kosten geben werde, vor allem langfristig. 2020 habe es riesige Schwankungen gegeben. Zum Teil seien die Kosten sehr tief geblieben, dann wieder explodiert. Über langfristige Kostenfolgen könne man noch nichts Genaues sagen: «Wir wollen das aber unbedingt vertiefen», betonte der Gesundheitsminister und erwähnte Long Covid und psychische Langzeitfolgen der Pandemie. Ebenso diffus äusserte sich BAG-Vizedirektor und Chef der Krankenkassenaufsicht Thomas Christen. Die Prognose sei schwierig. Die Versicherer würden von Kostensteigerungen ausgehen, aber das liesse sich nicht in Zahlen fassen. Im Vergleich zu früheren Jahren seien die Kosten 2019 und 2020 nicht so stark gestiegen. Er gehe davon aus, dass 2021 und 2022 die Kosten höher sein werden als die Prämien, so Christen. Über längere Zeit gesehen würden sich diese Schwankungen aber gegenseitig aufheben.

Nein, das Gesundheitswesen ist nicht im Schockzustand, sondern neben den Finanzhilfen der Bereich, der in der Pandemie trotz Fehlentscheiden des Krisenmanagements auf nationaler und kantonaler Ebene am besten funktioniert hat und trotz ausgebrannter Fachleute auf den Intensivstationen immer noch gut funktioniert.

Ja, mag sein, dass sich die Kostenprognosen im Detail schwierig sind. Der Trend ist aber eindeutig. In den ersten 15 Jahren nach der Inkraftsetzung stiegen Kosten und Prämien jeweils über 4 Prozent pro Jahr. Nun sind es unter 3 Prozent, aber wie oben dargelegt, nicht weil Bundesrat Bersets Sparpakete wirken, sondern die intelligenteren Regulierungen seiner Vorgänger und weil im Gegensatz zur Managed-Care-Vorlage 2012 glücklicherweise niemand gegen die 2012 in Kraft gesetzte Spitalfinanzierung das Referendum ergriff.

Berset will keine «Achterbahn-Fahrt» mit den Prämien, provoziert sie aber faktisch wie Couchepin

Die Reserven haben um 1.1 Milliarden Franken zugenommen, stellt ein Journalist fest und will wissen, ob da ein Abbau von 380 Millionen Franken reiche. «Die Reserven gehören den Versicherten», antwortete Bundesrat Berset. Man müsse die Reserven über die Jahre auf ein sinnvolles Niveau senken und das ohne grosse Ausschläge, ohne eine «Achterbahn-Fahrt». Für die Bevölkerung sei es schwierig, nachzuvollziehen, wenn die Prämien ständig steigen und wieder sinken. Der Bund strebe eine Stabilität über Jahre hinweg an. «Es ist ein freiwilliger Abbau der Reserven», ergänzte Thomas Christen. Es gäbe keinen Zwang, aber Anreize für die Versicherungen, ihre Reserven abzubauen. Das habe auch gewirkt.

Auch zu diesen lockeren Sprüchen gab es von den anwesenden Journalisten keine kritischen Fragen. Erstens sind die Reserven auf über 12 Milliarden Franken angestiegen, weil seit 2017 ein Aufsichtsgesetz in Kraft ist, das stur kostendeckende Prämien verlangt. Da Prognosen und Punktlandungen schwierig sind, sowie der Abbau von Reserven durch Defizite faktisch verboten ist, war jedem, der nur ein bisschen etwas vom Versicherungsgeschäft versteht, dass die Reserven ansteigen werden. Dazu kommt, dass kaum Versicherer von ihrem Recht Gebrauch gemacht und ihren Kunden zu viel bezahlte Prämien in den Folgejahren zurückerstattet haben.

Und es stimmt zwar theoretisch, dass der Abbau von Reserven freiwillig. Faktisch hat das BAG Druck auf die Versicherer ausgeübt, was angesichts der sehr hohen Reserven und der bescheidenen Rückerstattung von zu viel bezahlten Prämien einleuchtet. Ich befürchte aber, dass der Druck des BAG zu gross war und weiter gross bleiben wird, denn angesichts des Kostenwachstums von um die 3 Prozent, könnte eine Prämiensenkung von 1,4 Prozent zu einem zu rasanten Reserveabbau führen. Gibt es wie 2008, als Gesundheitsminister Pascal Couchepin dank Reservesenkungen tiefe Prämien verkündete, auch noch einen Börsencrash, ist ein Prämienschock ähnlich wie 2010 vorprogrammiert.

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