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Kritik am Asylsystem: Eine asylsuchende Familie soll nach Kroatien zurückgeschickt werden

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Eine Familie aus der Türkei suchte Schutz in Kroatien und dann im Kanton Freiburg. Nun soll sie zurückgeschickt werden. Aktivisten befürchten, dass die Familie in Kroatien Gewalt erleiden könnte.

«Der Kanton Freiburg möchte eine Familie mit einem autistischen Kind und einer schwangeren Frau nach Kroatien zurückweisen»: Das schrieb die Menschenrechtsorganisation Droit de rester Fribourg Anfang August. Sie sei in Kontakt mit der Familie, die ursprünglich aus der Türkei kommt.

Das Asylgesuch wurde abgelehnt. Die Familie war aufgrund von politischer Verfolgung aus ihrem Heimatland geflüchtet und kam nach einer schwierigen Reise nach Kroatien. Dort habe die Familie Gewalt durch die ansässigen Ordnungskräfte erlebt. Dennoch wolle die Schweiz die Familie wieder dorthin zurückschicken, so die Kritik. «Diese Situation ist unhaltbar.» Der Vater sei in psychiatrischer Behandlung, die Mutter habe das Ende ihrer Schwangerschaft unter Stress erlebt, und die Gesundheit des autistischen Sohns verschlechtere sich stetig. 

Gesundheit habe Vorrang

Die Familie A. wurde im Asylzentrum Guglera untergebracht, und zwar vorübergehend, bis zur erwarteten Niederkunft. Die Mutter hat nun Ende August ihr Kind zur Welt gebracht. Im Fall einer plötzlichen Rückführung der Familie nach Kroatien, wo ärztliche Versorgung knapp ist, sei es entscheidend, dass die Mutter eine gute medizinische Betreuung erhalte, betont Droit de rester.

Die Organisation findet die Art und Weise, wie die Familie bisher behandelt wurde, erschreckend: «Die Familie erhält keine Informationen, es gibt Rückführungsgespräche ohne Dolmetscher, und sie wird unter Druck gesetzt, Dokumente zu unterschreiben, ohne den Inhalt zu kennen.» Besonders die medizinische und soziale Betreuung seien lückenhaft. Ohne Droit de rester hätte der Sohn keine angemessene Betreuung erhalten, klagt die Organisation.

Familie A. ist laut den Aktivisten kein Einzelfall:

Solche Abschiebungen, die Leben, Gesundheit und Entwicklung der Kinder gefährden, sind nicht hinnehmbar. 

Die Organisation möchte die kantonalen Behörden auffordern, zum Wohl der Familie A. eine Abschiebung nach Kroatien zu verhindern.

Kanton ist nur Vollzugsbehörde 

Mit den Vorwürfen der Menschenrechtsorganisation konfrontiert, schreibt die kantonale Sicherheitsdirektion, dass die Entscheidung über die Rückführung unter das Dublin-Abkommen falle. «Sie obliegt dem Bund und dem Staatssekretariat für Migration (SEM), das ausschliesslich für Asylfragen zuständig ist», sagt Sprecher Didier Page. Denn:

Als reine Vollzugsbehörde hat der Kanton keinerlei Handlungsspielraum.

Keine Mängel im kroatischen Asylsystem  

Zu dem konkreten Einzelfall will sich das SEM nicht äussern. Es prüfe aber in jedem Einzelfall die individuelle Situation der asylsuchenden Personen sowie die Situation für Asylsuchende im Staat, in den diese ausgeschafft werden sollen. Kroatien halte sich an die Europäische Menschenrechtskonvention, so das SEM:

Bisher wurden keine systemischen Mängel im kroatischen Asylsystem und bei der Versorgung von Asylsuchenden festgestellt.

Die Furcht der Familie vor politischer Verfolgung und Gewalt sei unbegründet, entgegnet das SEM: «Untersuchungen der Schweizer Botschaft in Kroatien haben ergeben, dass Personen, die im Rahmen der Dublin-Verordnung zurückgeschickt werden, dort eine angemessene Unterkunft, staatliche Sozialhilfe sowie eine Arbeitserlaubnis erhalten.» Das SEM betont: «Darüber hinaus ergaben die umfangreichen Recherchen keine Hinweise darauf, dass diesen Personen eine Rückführung nach Bosnien und Herzegowina droht oder dass sie systematisch Gewalt durch die kroatischen Polizeibehörden ausgesetzt sind.»

Auch die Vorwürfe der mangelnden psychologischen Betreuung und ungenügenden Unterbringung entbehren für das SEM jeder Grundlage. Trotz der hohen Belegung stehe in der Guglera eine Infrastruktur zur Verfügung, die auf die Bedürfnisse von vulnerablen und besonders betreuungsbedürftigen Asylsuchenden zugeschnitten ist.

Gegen Zwangsüberstellungen nach Kroatien

Die internationale Menschenrechtsorganisation Amnesty International sieht das anders. Deren Asylrechtsexpertin Alicia Giraudel betont:

In Anbetracht der aktuellen Menschenrechtslage spricht sich Amnesty International gegen jegliche Zwangsüberstellungen nach Kroatien aus. 

Amnesty begründet die Kritik vor allem mit systematischen Pushbacks, bei denen Flüchtlinge zurückgeschoben werden, noch bevor sie einen Asylantrag stellen können. Sie können auch die Rechtmässigkeit dieses Vorgehens nicht überprüfen lassen. Hinzu kämen kollektive Abschiebungen und häufige Gewalt gegen Migranten und Migrantinnen. Zwangsrückführungen nach Kroatien verstiessen gegen das Verbot, Menschen auszuliefern, auszuweisen oder zurückzuschicken, falls ernsthafte Hinweise für die Annahme von Folter, unmenschlicher Behandlung oder anderen schweren Menschenrechtsverletzung vorliegen.

Giraudels Fazit: «Die Lage in Kroatien ist besorgniserregend.»

Mögliches Überdenken der Entscheidung

Page fordert die Aktivistinnen und Aktivisten auf, sich in der Sache ans SEM zu wenden, dort ihre Argumente vorzutragen und allfällige neue Informationen vorzulegen. «So kann die angefochtene Entscheidung überdacht werden.» Oder sie sollten die Rechtswege nutzen, falls diese noch offen seien.

Bundesverwaltungsgericht

Entscheidung in ähnlichem Fall

Im Januar 2022 hat das Bundesverwaltungsgericht im Fall eines Afghanen entschieden, dass das SEM einen Asylsuchenden vorerst nicht nach Kroatien zurückschicken kann, weil es die Asylpraxis dort nicht ausreichend ausgeleuchtet habe. Laut einem entsprechenden Bericht von SRF war das Gericht der Ansicht, dass die Wegweisungen der kroatischen Polizei an der Grenze nach wie vor nicht ausreichend abgeklärt seien und somit eine Abschiebung nach Kroatien möglicherweise unzulässig wäre. Zahlreiche Betroffene hätten von Rückführungen berichtet, ohne die Möglichkeit erhalten zu haben, ein Asylgesuch zu stellen, und immer wieder sei Gewalt durch die Polizei erwähnt worden. Das SEM könne sich laut dem Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts nicht auf alte Berichte stützen und zum Schluss kommen, es gebe kein systemisches Versagen im kroatischen Asyl- und Aufnahmeverfahren. agr

Rechtliches 

Dublin-Abkommen 

Das Dublin-Abkommen legt fest, welcher Mitgliedsstaat für die Behandlung eines Asylgesuchs zuständig ist. Es sieht vor, dass jener Mitgliedstaat das Verfahren führt, in den die Migrantin/der Migrant zuerst eingereist ist – und zwar auch dann, wenn diese Person dann in einen anderen Mitgliedstaat weiterreist. Deshalb muss auch die Schweiz zuerst prüfen, ob sie für die Durchführung eines Verfahrens überhaupt zuständig ist. Falls ja, hat sie die asylsuchende Person einreisen zu lassen und das Asylgesuch zu prüfen. Falls nicht, wird die asylsuchende Person an den zuständigen Staat überstellt. Aufgrund der Geografie sind diese Staaten oft jene an den Grenzen und entlang der Fluchtrouten, zum Beispiel Italien, Griechenland oder eben Kroatien. agr

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