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Rechts liegengelassen

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Am späten Dienstagabend kam es knüppeldick für Pascal Mancini. Kurz vor 23 Uhr verschickte der Schweizer Leichtathletikverband eine Medienmitteilung. Die Überschrift: «Swiss Athletics entzieht Pascal Mancini per sofort die Lizenz.» Der Sprinter aus Estavayer wird damit nicht an den Europameisterschaften nächste Woche in Berlin teilnehmen können. «Pascal Mancini hat kürzlich auf seiner Athleten-FacebookSeite streitbare Beiträge mit rechtsextremem Gedankengut gepostet, mit denen er sowohl gegen eine mit Swiss Athletics unterzeichnete Vereinbarung als auch gegen den Verhaltenskodex des Verbandes verstösst», begründet der Verband seinen Entscheid.

Gesinnung seit Jahren bekannt

Dem Communiqué waren intensive Tage für den Sprinter und den Verband vorausgegangen. Dass Mancini Ideen am rechten Rand des politischen Spektrums vertritt, ist eigentlich nichts Neues. 2014 zeigte er bei Rennen mehrmals die als «Quenelle» bezeichnete Geste, die durch den umstrittenen französischen Komiker Dieudonné bekannt wurde, der mehrmals wegen antisemitischer Äusserungen gerichtlich verurteilt worden ist. Von der internationalen Liga gegen Rassismus und Antisemi­tismus wurde diese Geste als ­umgekehrter Hitlergruss ­bezeichnet.

Hier gehts zum Interview mit Laurent Meuwly.

Mancini erhielt damals vom Verband einen Rüffel, konnte aber weiterlaufen. Seine Ansichten durfte er allerdings nur noch ausserhalb des Sports propagieren. Er musste später gar eine Vereinbarung mit Swiss Athletics unterzeichnen, dass er die Leichtathletik nicht mehr als Plattform dafür benutzt. In der Folge diente Mancini vor allem der private Facebook-Account als Plattform.

Heikle Beiträge auf Facebook

Ein Konto, auf dem es keinerlei Privatsphäre-Einschränkungen gibt und alles für alle ersichtlich ist. Vor vier Tagen brachte der «SonntagsBlick» das Thema wieder aufs Tapet. Unter der Überschrift «Der braune Athlet» analysierte die Zeitung Mancinis Facebook-Konto. Als Beispiel für den Rassismus wird im Artikel unter anderem ein Affen-Video genannt, das der Sprinter am Tag nach dem Final der Fussball-WM postete und als Anspielung an die vielen Dunkelhäutigen in Frankreichs Mannschaft gedeutet wird.

Das ist zwar ein schlechtes Beispiel, da das Video ziemlich offensichtlich eine Replik auf ein vorheriges Video ist, in dem Plünderungen und Ausschreitungen in Frankreichs Städten nach dem Final zu sehen sind. Beispiele für grenzwertige Posts gibt es allerdings genug, allein schon woher das Video mit den Plünderungen stammt, birgt Zündstoff. Nämlich von der Website Suavelos, die für «weissen Nationalismus» steht und 2017 in die Schlagzeilen geriet, weil sie ein Sommerlager «nur für Weisse mit guter Erziehung» organisierte. Es gibt auch Videos, die Mancini mit dem Betreiber der Website, Daniel Conversano, zeigen. Oder ein Video, in dem er über Conversanos Ideen spricht und fragt: «Wieso sollten die Weissen nicht stolz sein auf sich selber, darauf, was sie getan haben in der Vergangenheit, auf ihre Zivilisation, auf ihre Kultur und ihr Erbe?»

Insgesamt ist das Konto ein Fundus an Verschwörungstheorien, rechtsnationalistischen und antikapitalistischen Beiträgen.

Der Verband unter Druck

Kein Wunder geriet der Verband am Montag, dem Tag der Bekanntgabe der Selektion, unter Druck. Er versuchte es mit einer salomonischen Lösung, nominierte Mancini zwar nicht für die 4×100-Meter-Staffel, immerhin aber für einen Einzelstart über 100 Meter. Wirklich zufrieden stellte diese Lösung niemanden. «Swiss Athletics hat entschieden, mich nicht für die Staffel zu nominieren, wegen des medialen Drucks, der auf mich niederprasselt. Bravo dem Journalisten, der seinen Coup reüssiert hat. Eine Medaillenchance weniger für die Schweizer Mannschaft…”, schrieb Mancini am Montagabend auf Facebook.

Die Lizenz entzogen wurde ihm letztlich allerdings weder für diese Kritik noch für die zwielichtigen Inhalte auf seiner privaten Facebook-Seite. Am Dienstag konfrontierte «NZZ online» den Verband mit der Tatsache, dass Mancini auch auf seiner offiziellen Facebook-Athleten-Seite in den letzten Monaten zweimal Zitate von Léon Degrelle gepostet hatte, einem Offizier der Waffen-SS und bis über das Ende des Zweiten Weltkriegs hinaus bekennenden Nazi – ein Verstoss gegen die Vereinbarung. Leistungssportchef Peter Haas beteuerte gegenüber der NZZ nichts davon gewusst zu haben und versprach, die Situation neu zu prüfen.

Bereits am Dienstagnachmittag ahnte Mancini, dass das für ihn nicht gut enden würde. «Die Medien wollen mich zerstören, mich davon abhalten zu laufen, von meinem Sport leben zu können. Sie wollen, dass ich meine Sportlerkarriere wegen meiner Ansichten beenden muss», schrieb er auf Facebook.

So gesehen war der Lizenzentzug am späten Dienstagabend keine Überraschung mehr. «Der Zentralvorstand ist der Ansicht, dass die Verfehlungen des Athleten in Verbindung mit seiner bekannten Gesinnung nicht zu tolerieren sind», schreibt Swiss Athletics im Communiqué.

Mancini wittert Verschwörung

Pascal Mancini reagierte gestern nicht auf die Anfrage für ein Interview mit den «Freiburger Nachrichten». Abseits der Sozialen Medien gab er in den letzten Tagen nur vereinzelt Auskunft. Etwa am Dienstag gegenüber «NZZ online». Dort witterte er eine Verschwörung. «Bei jeder grossen Veranstaltung gibt es Leute, die Druck auf den Verband machen, seit Jahren schon. Diesmal sind sie über die Medien gegangen. Leute, denen ich nicht gefalle. Aber ich weiss nicht, wer sie sind».

Eigene Fehler gestand er gegenüber der Zürcher Zeitung nicht ein. Die Zitate von Léon Degrelle? «Die Zitate waren nicht politisch. Mir haben einfach die Zitate gefallen. Ich wusste nicht, dass das ein SS-Führer und Neonazi war.» Seine Youtube-Playlist, in der sich Titel finden wie «Auschwitz avec toi» und «Notre race est notre religion»? «Ich habe viele Videos auf Youtube. Ich fand die Videos in der Playlist amüsant, weil sie so extrem sind. Das ist nicht ernst gemeint. Es sind dumme Lieder.» Schliesslich bekräftigt er auch noch, kein Rassist zu sein. «Ich sage, was ich denke, auch öffentlich. Wäre ich ein Rassist, würde ich es sagen.»

Isoliert ist Mancini nun dennoch. Sollte der Verband am Ende des eröffneten Verfahrens zum Schluss kommen, dem Sprinter die Lizenz für längere Zeit zu entziehen, dürfte es das gewesen sein mit seiner Karriere. Die Verzweiflung bei Mancini ist dementsprechend gross. Er hat ein Spendenkonto eingerichtet, auf dem er Geld sammelt, mit dem er hofft, seine Karriere irgendwie fortzusetzen. Bis gestern Abend sind 383  Euro zusammengekommen …

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