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Leonardo Broillet: «Ein Archiv besteht nicht nur aus verstaubten Büchern»

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Das Archiv der Stadt Freiburg öffnet am Samstag seine Türen für die Öffentlichkeit und stellt seine Bestände vor. Leonardo Broillet, Leiter des Stadtarchivs, spricht im Interview mit den FN über seine Arbeit, die Bedeutung des Archivs für Freiburg und die grössten Schätze, die das Stadtarchiv bewahrt. 

Leonardo Broillet, ist Leiter des Stadtarchivs Freiburg und Archivar mit Leib und Seele. Für das Interview mit den FN geht es in sein Büro in den dritten Stock des historischen Gebäudes im Burg-Quartier, in dem sich das Stadtarchiv befindet. 

Wenn Menschen an ein Archiv denken, dann haben die meisten ein Bild von unzähligen, verstaubten Büchern, alten Dokumenten und unzähligen Ordnern tief im Keller, im Kopf. Wie empfinden Sie das?

Da stimmt nicht alles an diesem Bild. Ein Archiv ist ein richtig lebendiger Ort. Wir erhalten andauernd neue Bestände von der Verwaltung, den Behörden und Privaten, wodurch sich das Archiv ständig verändert. Die Bestände sind auch sehr unterschiedlich: Wir haben Dokumente, Bücher, Protokolle, Einwohnerregister, Gemälde, Bilder und Grafiken. Ein Archiv besteht aus viel mehr, als nur verstaubten Büchern – im Gegenteil: Wir sind weit weg von Staub. Ein Beispiel dafür ist die Digitalisierung der Bestände. 

Wie hält ein Archiv mit der Digitalisierung mit?

Die Digitalisierung muss als Chance gesehen werden, denn das ist sie auch. Dadurch sind wir nun auch online greifbar, der Zugang zu gewissen Dokumenten wird erleichtert, und wir können besser vermitteln. Die Digitalisierung stellt für die alten Archivbestände auch kein Risiko dar. Im Gegenteil: Wir machen eine digitale Kopie der Dokumente, was gewissermassen eine Sicherheit ist. Durch die digitale Version werden die Archivalien auch geschont, denn so müssen sie nicht mehr so oft herausgenommen und angefasst werden. Das alles bedeutet viel Aufwand für uns, und wir sind noch in der Anfangsphase. Unser Ziel ist es, sicherlich von den wichtigsten und meist benutzten Beständen eine digitale Kopie zu haben. Beispielsweise von den Gemeinderatsprotokollen. Eine grosse Herausforderung für die Archivare sind Dokumente, die uns mittlerweile nur noch digital übermittelt werden. Diese müssen wir in einem Format speichern, das auch noch in einigen Jahren lesbar sein soll, und das müssen wir regelmässig kontrollieren. Sonst verlieren wir diese Daten. 

Wir wollen die Informationen der Gegenwart für die zukünftigen Generationen aufbewahren.

Aus was besteht die Arbeit eines Archivars?

Ein Archivar sammelt, erschliesst und bewahrt zuverlässige und authentische Quellen auf. Wir sind auch für die kulturhistorischen Werke der Stadt verantwortlich. Unsere Arbeit ist breit gefächert: Als Archivar beschäftige ich mich an einem Tag mit jahrhundertalten Dokumenten und muss mich gleich darauf um elektronische Daten kümmern. Als Informationsspezialist habe ich auch die Aufgabe, die Verwaltung beim Datenmanagement zu beraten. Als Leiter des Stadtarchivs bin ich zudem für ein kleines Team verantwortlich. Zu meinen Aufgaben gehört, die erhaltenen Daten zu bewerten und zu veröffentlichen. Ich muss entscheiden, was archivwürdig ist und was nicht. 

Wird alles, was alt ist und die Stadt Freiburg betrifft, ins Archiv aufgenommen? 

Nein, wir haben gewisse Kriterien, nach denen wir die Bestände bewerten und schliesslich archivieren. Hat das Objekt einen juristischen Wert? Ist es nützlich für die Verwaltung? Und hat es ein gewisses historisches Interesse? Sind diese Kriterien erfüllt, dann nehmen wir den Bestand ins Archiv auf. Mit wenigen Ausnahmen stammen die ältesten Bestände vom Ende des 18. Jahrhunderts, die neusten sind rund zehn Jahre alt.

Was ins Archiv aufgenommen wird, entscheidet Leonardo Broillet nach drei bestimmten Kriterien. 
Laurent Crottet

Was für Eigenschaften braucht ein guter Archivar?

Ein guter Archivar muss sicherlich sehr gut organisiert sein, um den historischen Kontext der Bestände verstehen und einordnen zu können. Informatikkenntnisse und technologische Kompetenzen gehören genauso zu den Fähigkeiten eines guten Archivars, wie auch ein guter Vermittler zu sein.

Das Bild des introvertierten Archivars, der den ganzen Tag im Keller mit den Büchern verbringt, ist veraltet.

Ein Archivar steht immer in einer Verbindung zu den Behörden und auch der Bevölkerung. Das gehört zu seinen Hauptaufgaben. 

Müssen Sie als Stadtarchivar alle Dokumente und Bücher in Freiburgs Archiv in- und auswendig kennen?

Oh nein, nein. Das ist natürlich nicht möglich. Das Inventar, das wir erstellen, nachdem wir die Dokumente erschlossen haben, hilft uns bei der Identifizierung und Suche der Archivalien. 

Wie sieht es mit Fremdsprachen aus: Welche müssen sie für ihre Arbeit als Stadtarchivar beherrschen?

Das ist in jedem Archiv ein bisschen anders. Hier bei uns muss man natürlich Deutsch und Französisch sehr gut beherrschen, weil fast alle Dokumente in diesen Sprachen geschrieben sind. Wir haben auch Dokumente, die in der alten deutschen Schrift verfasst sind, und es ist von Vorteil, wenn man diese lesen kann. Einzelne Dokumente sind bei uns auf Latein.

Wollten Sie schon als kleines Kind Stadtarchivar werden?

Als ich noch ein Kind war, hat mich die Ahnenforschung besonders interessiert und ich bin oft ins Archiv gegangen, um mehr über meine Familiengeschichte zu erfahren. So ist dann auch meine Faszination für das Archiv entstanden. Denn ein Archiv bietet eine Fülle von Informationen, und die Suche danach hat mir besonders Spass gemacht. Ich wollte auch den Kontext verstehen, weshalb ich Geschichte studiert und danach den Weg zum Archivar eingeschlagen habe. 

Was ist der grösste Schatz, den das Freiburger Stadtarchiv besitzt?

Das Stadtarchiv hat viele Schätze. Zum einen die Serie Inkunabeln in lateinischer Schrift aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Diese gedruckten Werke gehören zu den ältesten Archivalien, die wir hier haben. Wir haben auch sehr viele Gemälde und Bilder – unter anderem der Stadt Freiburg – die besonders wertvoll sind. Aber wenn ich etwas auswählen müsste, dann wäre für mich der grösste Schatz in unserem Archiv die Gemeinderatsprotokolle der Stadt Freiburg. Sie dokumentieren das Leben in Freiburg. Dank diesen Protokollen können wir den Alltag, die Politik und die Entschlüsse sowie die Gesellschaft zu diesen Zeiten nachvollziehen. Es ist etwas Menschliches, das viel über das Leben von damals aussagt. 

Sie wollen das Stadtarchiv in diesem Jahr mehr für die Öffentlichkeit öffnen. Viele verbinden ein Archiv jedoch nur mit der Arbeit von Forscherinnen und Forschern. Wie wollen sie die Bevölkerung ins Archiv locken?

Die Archive sind ein öffentliches Gut, und für mich ist es wichtig, dass die Menschen verstehen, dass sie ihnen gehören. Archive sind die Grundlage der Demokratie und jede Person soll die Möglichkeit haben, die Gesellschaft, in der sie lebt, ihre Rechte und ihre Familiengeschichte mithilfe der Archive zu verstehen. Ich würde mich freuen, wenn die Menschen mindestens einmal mit der Arbeit eines Archivs in Berührung kommen und so verstehen, warum ein Archiv wichtig ist. Sei es durch den Tag der offenen Tür, mit Ausstellungen oder Führungen, die wir veranstalten möchten und die Interessierte besuchen können. 

Was würde es für das Gedächtnis der Stadt bedeuten, wenn Freiburg kein Archiv hätte? 

Da würde etwas fehlen. Das kann nicht sein. Jede Stadt braucht ein Archiv, denn dort werden Erinnerungen festgehalten und Dokumente aufbewahrt, die das Gemeindeleben und die öffentliche Verwaltung der vergangenen Jahre widerspiegeln. Ein Archiv ist die Identität und Legitimität der Stadt und ein Gedächtnis für die Zukunft. Es wäre tragisch, wenn eine Stadt kein Archiv hätte.

Am Samstag veranstaltet das Freiburger Stadtarchiv einen Tag der offenen Tür. Die Vorbereitungen dazu laufen auf Hochtouren. Im Bild: Leonardo Broillet, Leiter des Stadtarchivs, mit einem Stadtprotokoll, indem vermerkt wurde, wann und zu welchem Preis die Feuerwehrpumpe im Hintergrund gekauft wurde. 
Laurent Crottet

Zahlen und Fakten

246 Gemeindeprotokolle im Stadtarchiv Freiburg

Im Freiburger Stadtarchiv sind 246 Gemeinderatsprotokolle aus der Stadt zu finden. Diese stammen aus den Jahren 1799 bis 2012. Rund 1700 Gemälde und Grafiken werden im Archiv aufbewahrt. Zu den ältesten Werken, die vom Archiv betreut werden, gehören die 13 Inkunablen aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts und ein Kruzifix, das Petermann de Faucigny im Jahr 1484 der Stadt gestiftet hat. Zur Feuerwehrsammlung, die dem Archiv angeschlossenen ist, gehört ausserdem die älteste erhaltene Feuerwehrpumpe der Stadt Freiburg aus dem Jahr 1740. 2022 hat das Stadtarchiv mit der digitalen Archivierung von Verwaltungsakten begonnen. km

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