Nicht nur ein Verdienst der EU

Im Leserbrief wird Alt-Bundesrat Joseph Deiss (CVP) dafür gelobt, dass er den Mut hat, sich offen für einen EU-Beitritt auszusprechen. Eigentlich ist die Haltung dieses Alt-Bundesrats nicht grundsätzlich neu. Schon in seiner Zeit als Professor an der Universität Freiburg, als Parlamentarier und als Bundesrat hat sich Joseph Deiss stark für einen EU-Beitritt eingesetzt.

Heute hat ein EU-Beitritt in der Schweiz keine grossen Chancen. Selbst bei der traditionell EU-freundlichen SP hält sich die Europa-Begeisterung in Grenzen. Das arrogante und diktatorische Verhalten Brüssels gegenüber der Schweiz trägt viel zum negativen Image der EU quer durch die Bevölkerung bei.

Was den Rahmenvertrag mit der EU betrifft, wissen die meisten Politiker, dass das Vertragswerk in der vorliegenden Form an der Urne keine Chancen hat. Darum fehlt vor Wahlen dem Bundesrat und den meisten Politikerinnen und Politikern der Mut, sich hinter das Vertragswerk zu stellen. Ich bin jedoch überzeugt, dass kurz nach den Wahlen der Bundesrat und die meisten Parteien – ausser der SVP – den Rahmenvertrag zähneknirschend akzeptieren werden.

Gerne wird die EU als ein grosses Friedensprojekt gelobt, was man nicht ganz bestreiten kann. Ebenso viel zum Frieden und zur Stabilität in Westeuropa hat die starke militärische Präsenz der Nato, konkret der USA, beigetragen. Die Angst vor der kommunistischen Sowjetunion hat Westeuropa kurzfristig zusammengeschweisst. Jetzt, da die EU durch die Osterweiterung grösser geworden ist, kommen jedoch die Mentalitätsunterschiede immer deutlicher zum Vorschein.