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Lieber Denkpause als Denkmal

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Kommentar

Autor: Fahrettin Calislar

Lieber Denkpause als Denkmal

Schon in der Einleitung zu den Reaktionen hält die Erziehungsdirektion fest, dass ein Schulgesetz zwangsläufig zu Konflikten führen muss. Die Auseinandersetzung sei ein Abbild des Wettstreits der Gesellschaftsmodelle. Die Widersprüche liegen auf der Hand und lassen sich nicht einfach so lösen. Der Staatsrat war sich also von Anfang an der Last bewusst, die er sich mit dieser Aufgabe auf die Schultern geladen hatte.

Insofern kommt der Entscheid, sich in dieser Situation nicht zu entscheiden und keine voreiligen Schlüsse zu ziehen, nicht überraschend. Frustrierend, führungsschwach, ja vielleicht sogar feige, mögen die einen vielleicht sagen.

Doch Hand aufs Herz, wer will schon den Held spielen – im Bewusstsein, die Aufgabe gar nicht lösen zu können? Ist es deshalb nicht folgerichtig oder gar weise, abzuwarten, die Streithähne zusammenzurufen und ihnen den Ball zurückzuspielen?

Der Staatsrat geht mit dem Schulgesetz gewissermassen in die Verlängerung. Er vermeidet damit, dass das brisante Thema zur Munition für den Wahlkampf wird. Und er nimmt die Beteiligten in die Verantwortung, indem er sie entgegen den Gepflogenheiten der Gesetzgebung dazu bringt, die umstrittenen Punkte auszudiskutieren, bevor das Gesetz vor den Grossen Rat kommt. So betrachtet ist es vielleicht gar nicht so schlecht, dass sich Staatsrätin Isabelle Chassot gestern kein Denkmal gesetzt, sondern vielmehr eine Denkpause eingelegt hat.

Viele Meinungen zum Schulgesetz: Der Staatsrat spielt diesen Ball weiter

Autor: fahrettin calislar

«Unser Ziel war die Sammlung einer grossen Zahl von Reaktionen zu einem Gesetz, das für viele Jahre eine grosse Bedeutung haben wird», leitete Michel Perriard, Generalsekretär der Erziehungsdirektion, die Präsentation der Reaktionen zum neuen Schulgesetz gestern ein. Er konterte damit gleich den Vorwurf, der Entwurf sei zu wenig mutig ausgefallen. Staatsrätin Isabelle Chassot hielt fest, dass in wesentlichen Punkten Zustimmung herrsche.

Die Meinungen gehen aber in vielen anderen Punkten auseinander, «teils um bis zu 180 Grad», sagte Chassot, und sie mahnte: «Wir wollen diese Widersprüche nicht vernachlässigen, aber wir sollten sie auch nicht übergewichten.» Die zentralen Reaktionen wurden nach Artikel und ohne Gewichtung aufgelistet. Zum 126 Seiten dicken Entwurf samt Erläuterungen kommen 75 Seiten Zusammenfassung der 2000 Seiten dicken Aufstellung der Antworten. «Die Evaluation ist schwierig», so Perriards Fazit.

Nun gehe es darum, aus dieser Fülle Schlüsse zu ziehen, die Einwände zu gewichten und jene Variante zu finden, hinter der eine Mehrheit der Betroffenen stehen kann. Und man müsse nie aus den Augen verlieren, dass die Schüler im Mittelpunkt der Diskussion stehen.

Erwartete Differenzen

Ende Mai 2010 hatte Chassot den Entwurf in die Vernehmlassung gegeben, bis Ende Jahr wurden die Antworten gesammelt. Dann machte sich eine Projektgruppe an die Sichtung und Sammlung der insgesamt 219 eingegangenen Positionsbezüge. Dass Themen aus dem Schulbereich polarisieren, war zu erahnen. Auch um das aktuelle Schulgesetz war in den 1980er-Jahren heftig gerungen worden.

Positiv aufgenommen am Entwurf zum Schulgesetz wurden die formalen Aspekte, die Unterteilung, die Sprache und die innere Logik. Chassot identifizierte vier grosse Streitpunkte unter den Beteiligten: die Organisation der Schulen, die Kosten, Personalfragen und die Stellung der Schule in der Gesellschaft.

Kulturelle Unterschiede

Die deutschsprachigen Regionen wünschen sich eine starke Schuldirektorin mit Personalverantwortung, während die französischsprachigen Gebiete von einem Schulvorstand im Sinne eines Ersten unter Gleichen ausgehen. Ein Entscheid in dieser Frage wirkt sich automatisch auch auf die Funktion der Schulinspektoren und der Schulkommissionen aus. In diesem Themenbereich sind sich die beiden wichtigsten Akteure, die Lehrer und die Gemeinden, in vielen Punkten uneins.

Ein wesentlicher Punkt sind auch die Aufteilung der Kosten und der Aufgaben zwischen Kanton und Gemeinden. Auch hier gehen die Meinungen weit auseinander; mehrere Modelle liegen auf dem Tisch, bis hin zur vollständigen Kantonalisierung der Schulen, wie es zuvor mit den Spitälern gemacht wurde. Umstritten ist zudem die Art und Weise, wie Lehrkräfte angestellt werden, nach welchen Kriterien sie ausgewählt werden und wie das Verhältnis zu den Eltern gestaltet werden soll.

Himmelweit voneinander entfernt sind schliesslich die Meinungen über die Rolle der Schule in der Erziehung, ihre Ziele und die Funktion der (christlichen) Religion im Unterricht. «Das Thema hat überraschend viele und widersprüchliche Reaktionen hervorgerufen», sagte Chassot. Sie zeigte sich aber zuversichtlich, dass in diesem Bereich ein Kompromiss gefunden werden kann.

Akteure ernst nehmen

Die Erkenntnisse aus der Vernehmlassung fliessen nun in themenspezifischen Diskussionen der Beteiligten an mehreren runden Tischen ein. In einer ersten Reaktion zeigte sich Regula Hurni, Vorsitzende der Leitungen der deutschsprachigen Schulen, erfreut über die Einladung: «Es ist eine Chance, wenn die direkt Betroffenen sich austauschen können.» Auch der Freiburger Gemeindeverband biete gerne Hand, sagte Präsident Albert Bachmann (Estavayer-le-Lac): «Der Staatsrat zeigt damit seinen Willen, eine gemeinsame Lösung zugunsten unserer Kinder zu finden.»

Michel Perriard und Isabelle Chassot haben sich durch Hunderte von Vernehmlassungsantworten zum Schulgesetz gelesen.Bild Aldo Ellena

Neue Wege:Der Staatsrat bittet zu Tisch

An den runden Tischen über die strittigen Punkte im Schulgesetz sind der Gemeindeverband, die Personalorganisationen und die Eltern beteiligt. Das Ziel ist ein Konsens in möglichst vielen Punkten. Falls dieses Vorgehen nicht zum Ziel führt, macht der Staatsrat selbst einen Vorschlag. So soll das Gesetz eine starke Position für die Debatte im Grossen Rat erhalten. Zudem steht ab heute die 2000 Seiten umfassende Auflistung aller Vernehmlassungsantworten im Internet. Michel Perriard von der Erziehungsdirektion mahnte: «Bitte nicht einfach auf ‹print› drücken – das wäre eine Verschwendung von Papier und Toner.»fca

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