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«Man sagte mir, ich sei nicht normal»

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«In unserer Gesellschaft gibt es Regeln, Normen und Klischees. Menschen, die sich nicht daran halten, können als Aussenseiter betrachtet und stigmatisiert werden», sagt Sozialarbeiterin Laura Propizio von der Freiburgischen Interessengemeinschaft für Sozialpsychiatrie (Afaap). Weil gesunde Menschen sich oft nicht gerne mit psychischen Krankheiten befassen, wüssten sie wenig über die verschiedenen Arten und deren Auswirkungen. «Sie werfen dann alles in den gleichen Topf und reduzieren eine betroffene Person auf diese Krankheit, ohne den Rest der Persönlichkeit zu beachten», erklärt sie.

Um dieses Tabu aufzubrechen, nimmt der 11. Trialog Deutschfreiburg vom 13. November das Thema «Stigmatisierung» auf. «Jeder kann im Lauf seines Lebens von einer psychischen Krankheit betroffen sein, selbst oder weil in seinem Umfeld jemand krank wird», erklärt Laura Propizio. Der Trialog wolle zeigen, dass es keinen Grund gebe, diese Menschen auszugrenzen (siehe auch Kasten).

Extreme Hochs und Tiefs

M.*, eine Frau aus Deutschfreiburg, erzählt, wie sie diese Stigmatisierung erlebt hat. M. ist hypomanisch-depressiv. Das heisst, sie leidet unter ex­tremen Stimmungsschwankungen. «Wenn ich oben bin, dann habe ich das Gefühl, zehn Zentimeter über dem Boden zu schweben. Ich bin nervös und energiegeladen, schlafe dann viel zu wenig, gehe zu oft in den Ausgang und gebe zu viel Geld aus», beschreibt sie. Die Hochs wechseln sich mit Tiefs ab, dann rutscht sie unversehens in eine depressive Phase. «Ich weiss manchmal gar nicht, warum das geschieht. Es baut sich auf und kommt einfach.» Sie fühle sich dann am Boden und verspüre einen grossen Druck auf der Seele. «Ich sehe alles schwarz. Alles stresst mich. Ich mag und kann einfach nicht mehr. Diese Extreme sind schwer auszuhalten.» Dank Medikamente könne sie die starken Schwankungen meistens im Griff behalten, so dass sie nicht in extremer Form auftreten.

Bis zum Selbstmordversuch

Das war aber nicht immer so. Sie habe schon als Kind an dieser Krankheit gelitten, erzählt die Mittvierzigerin. Eine genaue Diagnose bekam sie aber erst mit Ende 20. Vorher habe niemand gewusst, was mit ihr los sei. «Ich habe mir die Schuld gegeben. Ich war sehr viel krank, hatte alle möglichen Kinderkrankheiten. Heute weiss ich, dass viele davon einen psychischen Auslöser hatten.» Sie sei als sonderbar abgetan worden. «Ich habe selbst geglaubt, dass ich spinne, weil mir immer wieder vermittelt wurde, dass ich nicht normal bin.» Sie sei angehalten worden, sich nicht so blöd anzustellen, nicht so dünnhäutig zu sein und sich zusammenzunehmen. M. erzählt, wie schlimm sie diese Jahre empfunden hat.

Ihre Verzweiflung war so gross, dass sie viele Jahre immer wieder an Suizid gedacht habe. Als eine Krise besonders schlimm war, hat sie einen Suizidversuch unternommen, ist in die psychiatrische Klinik Marsens gekommen, wo ihre Krankheit richtig erfasst und behandelt worden ist. «Es war eine Erleichterung, als die Krankheit einen Namen hatte», erzählt sie. Manchmal hadere sie mit ihrem Schicksal und frage sich, warum es gerade sie getroffen habe. Sie sei streng zu sich selber, stelle sich oft selber infrage und sei ihr grösster Kritiker.

«Die Krankheit ist ein Teil von mir und beeinflusst mein Leben sehr stark.» M. erhält heute eine volle Invalidenrente und arbeitet in einer Institu­tion für Menschen mit einer psychischen Beeinträch­tigung.

Im Gleichgewicht bleiben

«Man kann diese Krankheit nicht stoppen.» Sie müsse stets dranbleiben, um die beiden Kräfte in sich auszugleichen, sagt sie. Manchmal löse ein Ereignis oder eine Begegnung eine Phase aus, oft wisse sie aber nicht, warum es geschehe. «Wenn ich spüre, dass es kommt, brauche ich meine Ruhe oder Kontakt zu Leuten, die mich verstehen.» Zum Glück habe sie in ihrem Umfeld Menschen, die ihr in diesen Zeiten zur Seite stehen.

Sie spüre bei vielen Leuten, dass sie auf Abstand gehen, wenn sie von der Krankheit erfahren. «Sie wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen.» Das nerve sie auf der einen Seite, auf der anderen Seite wisse sie, dass diese nichts dafür können. «Man sollte die Gesellschaft besser aufklären.» Zwar habe sich in den letzten Jahren einiges geändert. «Aber es sind immer noch viele Vorurteile vorhanden.» Ihr grösster Wunsch sei es, dass die Menschen offener mit psychischen Krankheiten umgehen und den Betroffenen gegenüber mehr Akzeptanz entwickeln.

Hilfe hat M. bei der Afaap gefunden. Nicht nur, dass sie hier offen über ihre Krankheit sprechen und sich mit anderen austauschen konnte. «Wichtig ist, dass man erfährt, dass man nicht alleine ist, dass andere ähnliche Probleme haben.»

*Name der Redaktion bekannt.

Vorschau

Trialog zum Thema Stigmatisierung

Der Trialog ist ein Raum des Dialogs und der Begegnung zwischen Betroffenen, Angehörigen und Fachpersonen. Ziel dieser Treffen ist es, den Teilnehmern zu ermöglichen, von den Erfahrungen der anderen zu profitieren und auf ein gemeinsames Verständnis hinzuarbeiten. Die Freiburgische Interessengemeinschaft für Sozialpsy­chiatrie (Afaap) koordiniert den Trialog in Zusammenarbeit mit dem Freiburger Netzwerk für psychische Gesundheit, der Stiftung Applico und dem Staat Freiburg. Der Trialog vom 13. November steht unter dem Thema «Stigmatisierung».

Viele Betroffene

«Psychische Erkrankungen sind weiter verbreitet, als wir denken, in der Gesellschaft gibt es sehr viele Menschen mit psychischen Problemen», so Sozialarbeiterin Laura Propizio. Gemäss einer Statistik der Plattform Espace Gesundheit-Soziales leidet 23 Prozent der Freiburger Bevölkerung an einem mittleren bis schweren psychischen Problem. Rund 42 Prozent fühlen sich einsam, und etwa 28 Prozent geben an, dass sie das Gefühl haben, ihr Leben schlecht unter Kontrolle zu haben.

Der Trialog wolle deshalb helfen, Hemmschwellen abzubauen, so die Sozialarbeiterin von Afaap: von psychisch Kranken im Umgang mit ihrer Krankheit, aber auch in der Bevölkerung, damit diese unverkrampfter auf die Betroffenen zugehen.

im

Trialog: Di., 13. November, 19.30 Uhr, OS Wünnewil. Aus organisatorischen Gründen ist eine Anmeldung erwünscht: Mail an info@afaap.ch oder Tel. 026 424 15 14.

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