Nein, unter normalen Umständen schaffe es niemand, sagt Cyrill Deschamps, Chef des Organisationskomitees. An den beiden Abenden des Vully Blues Festivals in Praz am 6. und 7. November treten auf zehn Bühnen 15 Gruppen auf. Fünf Gruppen spielen an beiden Abenden. Doch nur etwa vier bis fünf Bands könne man erfahrungsgemäss an einem Abend schauen, rechnet Deschamps vor, deshalb müsse sich jemand unheimlich sputen, um alles zu sehen.
Das Prinzip sei einfach: In den zehn Standorten spielen die Bands regelmässig ihre Konzerte zu klar definierten und zeitlich versetzten Startzeiten. «Sie müssen die Dauer ihrer Auftritte genau einhalten», betont Deschamps. Die Bands spielen vier Mal genau 45 Minuten pro Abend, dann gibt es jeweils eine halbstündige Pause, in der die Besucher den Saal wechseln können. Zum Konzept passt auch, dass alle zehn Standorte in kurzer Zeit zu Fuss erreichbar sind.
Musik, Essen und Wein
Die Standorte – das sind fast ausschliesslich die Weinkeller der Vully-Winzer. Es finden auch Konzerte im Schloss Burnier und auf dem Schiff Romandie I statt. Diese Locations werden ebenfalls von Winzern aus der Region verantwortet und bewirtet. Mehr noch: Es gibt in den Kellern für die hungernden und dürstenden Musikfans auch zu essen und zu trinken, naherliegenderweise unter anderem Wein. Im einen Keller wartet ein Zwiebelkuchen, im anderen selbst gefischter Egli aus der Friteuse und in einem dritten Treberwurst auf den Abnehmer.
Die Preise für das Festival seien bewusst tief gehalten, sagt Deschamps. Denn man wolle möglichst vielen Fans einen Musikgenuss ermöglichen, ohne dass sie tief in die Tasche greifen müssen. Wo sonst könne man für einen Betrag von nicht einmal 60 Franken – im Vorverkauf–eine Zweitageskarte erhalten? Wenn man Deschamps’ Berechnung als Grundlage nimmt und total rund zehn Konzerte schauen kann, macht das 6 Franken pro Konzert. Ein Schnäppchen, sagt Deschamps lächelnd. Mitglieder des Vully Blues Clubs erhalten einen Rabatt. Und es gibt natürlich Eintagesbilletts.
Viele Deutschsprachige
Unter den musikalischen Höhepunkten sind Andy Egert, Betterblue um Sängerin Ursi Etter und die Silvia Marti Bluesband aus Worb – Musiker aus der Deutschschweiz. Laut Organisator Deschamps gehört es zum Konzept des Festivals, dass sich Bands aus der Deutsch- und der Westschweiz in etwa die Waage halten. Das sei beabsichtigt, so Deschamps, auch im Publikum spricht fast jeder zweite Gast Deutsch. Gemäss einer Auswertung der Besucher von 2014 kommen 30 Prozent der Besucher aus dem Murtenbiet, rund 40 Prozent sind Einheimische aus dem Wistenlach oder aus der Region Avenches. Je 15 Prozent kommen aus dem restlichen Dreiseenland und der Romandie. Drei von fünf Besuchern sind 40- bis 60-jährig.
Entstanden ist das Vully Blues Festival aus einer weinseligen Idee. Drei Bluesfans aus Cudrefin, die schon zuvor vereinzelt Konzerte veranstaltet hatten und heute den Kern eines Trägervereins bilden, kam aufgrund vergleichbarer Festivals im In- und Ausland die Idee, Blues in den Weinkellern des Vully anzubieten. «Wir lieben den Vully und schätzen die Atmosphäre hier», so Bluesfan Deschamps.
Das Vully Blues Festival ist für den Verein der Höhepunkt der Saison. Mit jedem Festival wuchs die Zahl der beteiligten Winzer. Es erreichte letztes Jahr mit zehn Standorten einen Höhepunkt. Doch aufgrund der geringen Besucherzahl vor allem am Freitag schrieben die Verantwortlichen einen empfindlichen Verlust. Nun wollen sie es noch mal wissen und hoffen, die ausgefeilte Organisation animiere die Fans aus nah und fern zum Besuch des Anlasses. Die Zahl der Billette ist auf 2000 beschränkt, damit ein Gedränge in den Weinkellern vermieden wird. Zum Vergleich: Letztes Jahr wurden 1700 Personen gezählt, 2013–mit nur acht Bühnen–1800.
Vorschau: Blues-Band auf Pick-up
H eute Samstag umrundet ein Pick-up im Vorfeld des Vully Blues Festival den Murtensee. Auf dessen Brücke wird die Blues Band Swamp Train an verschiedenen Orten rund um den See ein kurzes Konzert geben. Zwischen 11 und 11.15 Uhr wird der Wagen vor dem Migros in Murten haltmachen. Um 11.20 Uhr spielt die Gruppe dann in der Murtner Altstadt. Kurz vor Mittag folgt ein Auftritt bei der Migros in Kerzers. Um 12.25 Uhr ist das Bel-Air in Praz an der Reihe, und 12.55 Uhr ist der Denner in Sugiez die letzte Station am Murtensee. sos
Zur Organisation
Gut durchdachtes Verkehrskonzept
Die Verantwortlichen des Vully Blues Festivals haben ein ausgeklügeltes Verkehrssystem auf die Beine gestellt. Die Romandie I gewährleistet vor und nach den Konzerten einen Shuttledienst von Murten her über den See. Es fahren ausserdem in drei Richtungen regelmässig Busse Richtung Cudrefin, Vallamand und Sugiez. Auch eine Anfahrt per Auto ist möglich und der Bahnhof Sugiez ist nur wenige Fussminuten von Praz entfernt.fca