Diesen Sonntag ist der 20. Welttag der Marionette. Zu diesem Anlass bietet das Schweizer Figurentheater-Museum in Freiburg kostenlose Führungen sowie einen Workshop an. Die FN haben sich vorgängig die aktuelle Ausstellung angeschaut.
«Es war einmal ein Stück Holz», so beginnt die Geschichte Pinocchios, der wohl berühmtesten Holzpuppe der Welt. Genau dieser berühmte Einstieg, das banale Stück Holz hat der internationalen Marionettenvereinigung die Inspiration zum Thema des diesjährigen Welttages der Marionette gegeben. Unter dem Motto «Der Ruf des Waldes» wird die Internationale Union der Marionetten (Unima) nun bereits zum zwanzigsten Mal an die Bedeutung der Marionettenkunst erinnern.
Über 5000 Marionetten
«Die Welt der Marionetten ist sehr vielseitig und berührt Kunst, Literatur und Geschichte, aber auch Politik oder Psychologie», erklärt Micheline Demierre, die zweisprachige Museumsführerin, am Eingang der Ausstellungsräume. Das in verschiedene Räume gegliederte Museum führt durch die bunte Welt des Figurentheaters, und die kundige Museumsführerin wird nicht müde, die Geschichte hinter den einzelnen Ausstellungsstücken zu erläutern. So erzählt sie, dass das Wort Marionette auf das französische Marion zurückgehe, was eigentlich Mariechen heisse, und dass bereits die Römer mit Handpuppen spielten. Im Mittelalter hätten die Priester Marionetten benutzt, bis diese im Zuge der Reformation aus der Kirche verschwanden und nur noch von Laien benutzt wurden.
Das Freiburger Figurentheater-Museum besitzt heute rund 5000 Marionetten aus der ganzen Welt. Einige, wie die des Heiligen Nikolaus, hat der Gründer des Museums, Jean Bindschedler, selbst gemacht. Andere hat er auf Reisen gekauft und so eine eindrückliche Sammlung internationaler Marionettenkunst zusammengestellt. Viele Marionetten wurden dem Museum auch geschenkt, sodass es nun einen speziellen Raum gibt, in dem die gespendeten Puppen ausgestellt werden.
Marionette haben eine Seele
Da im Museum nur jeweils zwischen zwei- und vierhundert Marionetten gleichzeitig ausgestellt werden können, sind zwei Räume für sich halbjährlich erneuernde Wechselausstellungen vorgesehen, und in einer Vitrine nimmt jeweils die Marionette des Monats Platz. Im Monat März ist es eine Puppe aus Deutschland, die einen Koch darstellt.
Stangenmarionetten aus Sizilien, kleine Handpuppen für Kinder, aus feinem Leder gefertigte Schattenfiguren: Die Vielfalt an Figuren ist enorm, und auch Ort und Art der Figurentheater-Aufführungen unterscheiden sich weltweit. «In China fanden die Aufführungen oft bei reichen Leuten statt und konnten bis zu drei Tagen dauern», erklärt Micheline Demierre. Es habe drei Spieler gebraucht, um eine Puppe zu führen. «Zudem gab es eine Art Zeremonie, in der man die Seele anfangs in die Marionette schlüpfen liess und sie nach der Aufführung wieder freiliess.» Die Kulturrevolution habe aber das Ende der chinesischen Marionetten eingeläutet, und die Figuren seien verboten und verbrannt worden.
Nach Geschlecht getrennt
Als Micheline Demierre vor der Vitrine mit den Puppen aus Birma stehen bleibt, beginnt sie zu lachen. «Diese Puppen wurden sehr lebensecht nachgebaut, und unter ihren Kleidern findet man auch ihre Geschlechtsteile», verrät sie. Die burmesischen Puppenspieler würden die Marionetten deshalb jeweils in geschlechtergetrennten Koffern transportieren, wenn sie mit ihnen auf Tournee seien. «Dabei wäre das doch die Gelegenheit, zu kleinen Marionetten zu kommen», schmunzelt Demierre.
Auch Vietnam hat eine originelle Marionettentradition. Von dort stammen die sogenannten Wassermarionetten, die geölt wurden. Die Puppenspieler stehen bei der Aufführung bis zur Hüfte im Wasser und führen die Figuren mit Bambusstäben.
Afrikanische Marionetten finden die Besucher ebenfalls im Museum und erfahren, dass sie in ihren Geschichten von Tradition und Geschichte erzählen, aber auch Kritik an der Aktualität anbringen. Dass Marionetten auch politisch seien, betont Micheline Demierre immer wieder. Codierte Farben oder Accessoires verraten rund um die Welt mehr darüber, wen die Marionette im wirklichen Leben darstellte. Dank dem Figurentheater waren die Puppenspieler in der Lage, gekonnt und subtil Kritik anzubringen, wurden aber auch, wie der berühmte Guignol aus Frankreich, Opfer der Zensur.
Programm
Welttag der Marionette
Zum diesjährigen Welttag der Marionette wird das Figurentheater-Museum am Sonntag, 19. März, von 11 bis 12.30 Uhr und von 13.30 bis 16.30 Uhr geöffnet sein. Der Eintritt ist kostenlos. Angeboten werden Führungen sowie ein Workshop, bei dem die Besucher eine eigene Marionette herstellen können. Da der Tag unter dem Motto «Der Ruf des Waldes» steht, haben die Mitarbeiterinnen des Museums vorgängig im Wald nach Materialien gesucht, die sich zur Herstellung einer kleinen Tischmarionette eignen. Die Führungen und der Workshop werden auf Französisch und bei Nachfrage auch auf Deutsch durchgeführt. cb
Schweizer Marionettenmuseum, Hinter den Gärten (Derrière-les-Jardins) 2, Freiburg.
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