Menschen zweiter Klasse
Autor: «Kinder in Pakistan sind von tödlichen Krankheiten bedroht» – FN vom 17. August 2010
Die Naturkatastrophe in Pakistan stellt wohl alle vorherigen neuzeitlichen natürlichen Katastrophen in den Schatten. Kommt erschwerend dazu, dass Pakistan alles andere als ein stabiler und funktionierender Staat ist und nicht unbedingt den besten globalen Ruf geniesst. Vielleicht sind die zögerlichen Hilfsaktionen damit zu erklären, vielleicht sind wir damit auch einfach überfordert. Aber die Pakistaner dafür zu bestrafen, dass wir den Staat nicht gut finden und seine Politik nicht teilen, widerspricht einerseits dem universellen Gedanken der Menschenrechte und ist zum Zweiten sehr kurzsichtig. Vor allem, wenn man bedenkt, dass die Taliban und ihnen nahestehende Sympathisanten das akute Machtvakuum und die katastrophalen Zustände ausnutzen werden, um ihren Einfluss zu stärken. Nach der Naturkatastrophe würde Pakistan mit den Taliban gleich die zweite Katastrophe überrollen. Als Notleidender wäre es mir jedenfalls so ziemlich egal, wer mir hilft, schlussendlich geht es um mein Überleben. Und das Leben eines Pakistaners wäre nach den Menschenrechten so wertvoll wie jedes andere Leben. Die Realität ist eine andere. Doch die Naturkatastrophe in Pakistan zeigt uns eines ganz eindrücklich: die Natur ist unerbittlich. Und wenn wir in der Klima- und Umweltpolitik nicht endlich eine nachhaltige Richtungsänderung einschlagen, so war Pakistan «nur» ein kleiner Vorgeschmack darauf, was uns in Zukunft global droht. Beunruhigend? Natürlich. Eines aber ist beruhigend, die Natur kennt keine Klassifizierung der verschiedenen Staatszugehörigkeiten.
Pascal Merz, Sursee
