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Mit neuem Selbstvertrauen wieder Fuss fassen

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Die Zahl der Sozialhilfeempfänger nimmt stetig zu, immer mehr Menschen leben am Rand der Gesellschaft. Was läuft schief in der reichen Schweiz?

Hugo Fasel: Die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturen verändern sich immer schneller, Wissen veraltet heutzutage wahnsinnig schnell. Nicht allen Menschen gelingt es, mit diesem Tempo mitzuhalten. Das ist kein persönliches, sondern ein strukturelles Problem. Deshalb braucht es Institutionen wie die Ritec, die dazu beitragen, Betroffene wieder in die Gesellschaft zu integrieren.

Aus diesem Grund haben Sie vor 20 Jahren die Ritec gegründet?

Fasel: Genau. Mit dem Verein für aktive Arbeitsmarktmassnahmen (VAM) unterstützen wir Menschen, die Anspruch auf Taggelder der Arbeitslosenkasse haben, bei ihrer Stellensuche. Für Menschen, die trotz allen Bemühungen keine Arbeit finden und die ausgesteuert werden, gab es damals praktisch keine Angebote. Weil man diese Menschen nicht allein lassen kann, haben wir die Ritec gegründet.

Wie hat sich die Rolle der Ritec über die Jahre verändert?

Raphael Waeber: Die Vielfalt der Menschen, die an den Rand der Gesellschaft geraten, hat in den vergangenen 20 Jahren massiv zugenommen. Deshalb hat sich die Ritec weiterentwickelt und ihr Angebot angepasst. Zu Beginn hat die Ritec nur Ausgesteuerte betreut. Heute arbeiten wir neben den Sozialdiensten auch mit der Invalidenversicherung (IV) zusammen. Ausserdem können verurteilte Personen ihre Strafe in Form von gemeinnütziger Arbeit bei uns abgelten.

Welche Entwicklungen haben Sie seit den Anfängen der Ritec beobachtet?

Fasel: Früher kamen vor allem weniger gut ausgebildete Menschen zu uns. Heute sind auch gut qualifizierte Arbeitskräfte von einem Stellenverlust betroffen. Viele kommen mit dem Druck im Arbeitsalltag nicht mehr klar. Diese psychische Belastung kann dazu führen, dass sie keiner geregelten Arbeit mehr nachgehen können und schliesslich eine IV-Rente oder Sozialhilfe beziehen.

Welche Erfahrungen sind Ihnen positiv in Erinnerung geblieben?

Fasel: Früher ging man davon aus, dass man die Leute eher «schonen» muss. Heute traut man ihnen mehr zu. Das ist auch richtig so, schliesslich wollen sie zeigen, was sie können. Unsere Aufgabe besteht darin, ihnen die Möglichkeit zu geben, ihre Fähigkeiten zu mobilisieren und sichtbar zu machen. So gewinnen sie an Selbstvertrauen und können wieder Fuss fassen.

Welche Momente haben Sie als besonders herausfordernd erlebt?

Waeber: Die Erwartungen der Sozialdienste haben sich verändert, und die Ritec musste als Konsequenz davon ihr Angebot anpassen. Früher stand der Betreuungsaspekt im Vordergrund, heute liegt der Fokus klar in der Reintegration in den ersten Arbeitsmarkt. Dieser Wandel war eine grosse Herausforderung. Betreuung allein reicht heute nicht mehr aus, die zuweisenden Institutionen verlangen eine detaillierte Einschätzung aller Teilnehmenden. Deshalb sind auch die Anforderungen an unsere Mitarbeitenden gestiegen: Sie müssen intensiv beobachten, Berichte schreiben, Rechenschaft ablegen.

Fasel: Die IV-Revisionen haben dazu geführt, dass das Regime in der IV wesentlich härter geworden ist. Unsere Leistung wird heute daran gemessen, wie viele Personen wir zurück in den ersten Arbeitsmarkt vermitteln. Dadurch entsteht das Risiko, dass man sich auf jene Personen konzentriert, die bessere Aussichten haben, eine Stelle zu finden. Diejenigen, die kaum Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben, bleiben dabei eher auf der Strecke.

Und was geschieht mit diesen Menschen?

Fasel: Diese Frage wird sich in den nächsten Jahren vermehrt stellen. Seit der Gründung der Ritec hatten wir keine nennenswerte Rezession, die Situation am Arbeitsmarkt war trotz allem immer relativ gut. In absehbarer Zeit werden wir aber auch Menschen, die auf dem Arbeitsmarkt keine Chancen mehr haben, eine Struktur bieten müssen. Bisher gibt es für Betroffene keine Lösungen. Sie leben von der Sozialhilfe, ihnen fehlt aber eine Struktur. Das ist unbefriedigend.

Wie kann man diese Menschen wieder in die Gesellschaft integrieren?

Waeber: Die Ritec muss zum Ziel haben, die Leute wieder in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln. In einer Sozialfirma hingegen könnten wir 30 bis 40 Personen langfristig beschäftigen, die dafür ein kleines Salär bekommen. Dieser Lohn reicht nicht zum Leben, die Differenz müsste die Sozialhilfe übernehmen. Selbsttragend wirtschaften könnte eine Sozialfirma wahrscheinlich nicht. Aber wir könnten dazu beitragen, die Sozialhilfekosten zu senken. Ausserdem würden wir etwas Gutes tun für Menschen, die sonst zwischen Stuhl und Bank fallen. Die Betroffenen hätten einen geregelten Tagesablauf und kämen mit Freude zur Arbeit.

Wie beurteilen Sie die Chancen, dass solche Sozialfirmen in Zukunft fester Bestandteil der Integrationsmassnahmen werden?

Waeber: Diese Thematik steckt noch in den Anfängen, aber man wird sich damit auseinandersetzen müssen. Wir versuchen sicher Impulse zu setzen, damit wir diese Möglichkeit zusammen mit dem Kanton, den Gemeinden und den Sozialdiensten entwickeln und die Massnahmen abstimmen können. Eine Chance dafür bietet die Revision des kantonalen Sozialhilfegesetzes. Wir hoffen, dass stärkere Akzente in diese Richtung gesetzt werden.

Als unabhängige Sozialunternehmung ist die Ritec wirtschaftlich tätig und erfüllt gleichzeitig einen sozialen Auftrag. Wie meistern Sie diesen Balanceakt?

Waeber: Einfach ist es nicht, aber wir stellen uns dieser Herausforderung. Die Ritec finanziert sich zu 50 Prozent aus Einnahmen von Produktionsaufträgen. Entschädigungen für unsere Leistungen zugunsten der zuweisenden Stellen machen die anderen 50 Prozent aus. Gleichzeitig ist eine optimale Begleitung und Betreuung der Teilnehmenden Voraussetzung dafür, dass sie wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden können. Unsere Motivation besteht darin, den Menschen zu helfen. Alle Personen, die zu uns kommen, wollen nichts sehnlicher, als wieder eine Arbeitsstelle finden. Wenn wir ihnen dabei helfen können, ist das für uns das grösste Geschenk.

Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter spielen dabei eine zentrale Rolle. Wie muss man sich die Ritec als Arbeitgeberin vorstellen?

Fasel: Wir wollen Menschen am Rand der Gesellschaft für ein paar Monate, vielleicht ein Jahr, eine Umgebung bieten, wo sie wieder Vertrauen in sich fassen, Wurzeln schlagen können und eine neue Perspektive finden. Damit dies gelingt, sind unsere Mitarbeitenden stark gefordert. Jede Person, die zur Ritec kommt, bringt eine Geschichte mit. Wir erleben hier viele schöne Momente, aber es kann auch zu schwierigen Situationen kommen. Das kann für unsere Mitarbeitenden sehr belastend sein und ist nicht immer einfach auszuhalten. Wir verlangen viel von unserem Personal, das ist uns bewusst. Deshalb bedauern wir sehr, dass wir unser Jubiläum nicht wie geplant im November feiern konnten. Mit der Feier wollten wir uns auch bei unseren Mitarbeitenden bedanken. Hoffentlich können wir das im nächsten Jahr nachholen.

Sie arbeiten für viele Firmen, Non-Profit-Organisationen und Privatpersonen. Wie nehmen Sie diese Zusammenarbeit wahr?

Waeber: Die Zusammenarbeit hat sich in den letzten Jahren stetig verbessert. Viele Firmen, Non-Profit-Organisationen und Privatpersonen sind sehr offen und beauftragen uns gerne, weil sie unser soziales Engagement schätzen. Ein grosses Wohlwollen der Firmen spüren wir auch, was Praktikumsplätze und Anschlusslösungen für unsere Teilnehmenden betrifft. Sogar in der aktuellen Corona-Krise konnten wir Praktika und Stellen vermitteln.

Mit der fortschreitenden Digitalisierung verändern sich Berufsbilder teilweise rasant. Wie bleibt die Ritec am Ball?

Waeber: Dieses Thema beschäftigt uns stark. Der Umgang mit Smartphones und Tablets ist Voraussetzung für den Arbeitsmarkt, Bewerben ohne Mail-Adresse ist unmöglich. Deshalb investieren wir laufend in aktuelle Hard- und Software. In den Bewerbungsateliers arbeiten die Teilnehmenden zum Beispiel mit Tablets. E-Learning-Tools sind ebenfalls Teil der Ausbildung.

Fasel: Die Digitalisierung lässt gewisse Tätigkeiten verschwinden, das ist Fakt. Nicht nur für ältere Arbeitnehmende bedeutet das, dass ihre Fähigkeiten gestern noch arbeitsmarkttauglich waren, es morgen vielleicht aber nicht mehr sind. Diese Dynamik schafft Unsicherheit und zerstört das Selbstbewusstsein der Betroffenen. Mit der fortschreitenden Digitalisierung wird diese Negativspirale grösser werden. Deshalb wird es in Zukunft immer mehr Leistungen brauchen, um betroffene Menschen abzuholen und ihnen mögliche Perspektiven aufzuzeigen. Unsere Arbeit hier bei der Ritec wird auch in Zukunft sehr gefragt sein. Leider.

Und welche Rolle wird die Ritec dabei übernehmen?

Waeber: Um den Bedürfnissen der Gesellschaft zu entsprechen, werden wir unser Angebot laufend erneuern und flexibel bleiben müssen. Auch die Gründung einer Sozialfirma ist ein klares Ziel von uns. Aber dieses Vorhaben zu realisieren, ist anspruchsvoll. Wir müssen Tätigkeiten finden, die für die Betroffenen bewältigbar sind. Ausserdem muss die Produktionsauslastung hoch und für längere Zeit garantiert sein. Daran werden wir in den nächsten Jahren intensiv arbeiten.

Wo sehen Sie andere Akteure in der Pflicht?

Waeber: Die Ausgaben für die Sozialhilfe steigen stetig. Im Gegenzug sind im Kanton Freiburg in den letzten fünf Jahren die Gelder für Integrationsmassnahmen um 35 Prozent zurückgegangen. Diese Tendenz geht in die falsche Richtung.

Fasel: Jede Gesellschaft braucht Solidaritätsleistungen. Menschen, die in Schwierigkeiten stecken, darf man nicht im Stich lassen. Und für diese Solidaritätsleistungen braucht es in Zukunft auf jeden Fall mehr staatliche Mittel. Es kann nicht sein, dass über Jahre die Steuern gesenkt und gleichzeitig die Solidaritätsleistungen für die Integration bedürftiger Menschen vernachlässigt werden. Da ist die Politik klar gefordert.

Zahlen und Fakten

Soziale und berufliche Integration als Ziel

Der Verein Ritec wurde am 21. November 2000 gegründet. Initiant war Hugo Fasel, Alt-Nationalrat und ehemaliger Direktor von Caritas Schweiz, der den Verein bis heute präsidiert. Die Ritec bietet Personen mit sozialen und/oder gesundheitlichen Beeinträchtigungen zeitlich befristete, betreute Arbeitsplätze an. Die betreuten Personen erhalten einen geregelten Tagesablauf, können ihr Selbstwertgefühl und ihre Arbeitsfähigkeit steigern und werden bei der Stellensuche unterstützt.

Das Unternehmen ist zweisprachig aufgestellt und an zwei Standorten tätig: in Düdingen und Villars-sur-Glâne. Seit 2018 amtet Raphael Waeber als Geschäftsleiter der Ritec und des VAM, des Vereins für aktive Arbeitsmarktmassnahmen. Per Ende 2019 verzeichnete die Ritec 21 Angestellte, einen Lehrling und zwei Praktikanten in Ausbildung zu Arbeitsagogen. 71 Frauen und 203 Männer haben im vergangenen Jahr an einer Massnahme teilgenommen, 75 Plätze stehen zur Verfügung. Mitarbeitende der Ritec haben insgesamt 13 788 Tage zusammen mit den Teilnehmenden geleistet. 23 Praktikumsplätze wurden vermittelt, und 13 Personen fanden eine Arbeitsstelle. Der Jahresumsatz betrug 2,35 Millionen Franken.

Zuweisende Stellen sind die Invalidenversicherung des Kantons Freiburg und angrenzender Kantone, Sozialdienste aus dem Kanton Freiburg, die Gemeinde Villars-sur-Glâne mit einem Mandat, Berufsbeistandschaften des Kantons Freiburg sowie das Jugend- und Strafgericht. Das Angebot der Ritec umfasst eine breite Palette: Backoffice und Administration, Hauswartsdienste und Brennholzverkauf, Polyatelier mit leichten industriellen Tätigkeiten, Wäscherei, Schreinerei/Zimmerei und Job-Coaching im ersten Arbeitsmarkt.

tn

 

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