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«Der Mensch sollte mehr zweifeln»

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Müsste man Arthur Sutsch eine Eigenschaft zuschreiben, würde «neugierig» am besten passen. Schon als Kind wollte er den Dingen auf den Grund gehen. Seinen Traum, eine Zeitmaschine zu bauen, hat er zwar nicht realisiert, doch eine Rakete hat er schon als kleiner Knirps zusammengebaut. Wie das geht, hat er vom Physiklehrer seines Vaters erfahren, dem «Vater der Raumfahrt», Professor Hermann Oberth. Der kleine Arthur hatte den Weltraumwissenschaftler mit Fragen gelöchert, bis dieser ihm die Antriebstechnik so erklärte, dass der damals Fünfjährige sie verstand und umsetzen konnte – mit Materialien, die er im Haushalt fand. Als es nach zig Versuchen dann knallte und rauchte und der Flugkörper tatsächlich abhob, kam die Polizei. Der Vater bremste den Tatendrang des Sohnes nicht, lenkte ihn aber in eine andere Richtung, indem er ihm ein Buch über Sternkunde schenkte: Der Lebensweg von Arthur Sutsch war vorgezeichnet.

Eigene Grenzen begreifen

«Astronomen sind Leute, die anders denken», warnt Arthur Sutsch am Anfang des Gesprächs. «Wir haben rasch eingesehen, wie unwichtig das menschliche Leben beim Anblick des Kosmos ist.» Es sei logisch, dass ein Sternenforscher auch immer mit philosophischen und religiösen Fragen konfrontiert werde. Eine der häufigen Fragen, die ihm in den letzten 35 Jahren bei Führungen in seiner Sternwarte gestellt wurden, sei: «Kann man durch das Teleskop auch Gott sehen?»

Je weiter ins Weltall ein Mensch blicke, desto klarer werde ihm, dass man nie alle Antworten finden könne. «Man sieht zwar gewisse Zusammenhänge, kann mithilfe der Physik viel erklären, aber am Ende begreift man nur seine eigenen Grenzen.»

Computer und Astronomie

Diese Erkenntnis hat ihn zeit seines Lebens nicht etwa entmutigt, sondern eher angespornt, weiter zu suchen. Er hatte Glück und ist immer wieder mit Menschen in Kontakt gekommen, die ihn weitergebracht haben. So hat er 1962 während seines Gast-Studienjahrs in den Vereinigten Staaten den Leiter der Forschungsabteilung bei Clark Equipment kennengelernt, einer Firma, die Maschinen für Erdreichbewegungen herstellt. Dieser stellte Berechnungen an, wie die Zinken eines Baggers geformt sein müssen, damit das Gerät bestmöglich arbeitet. Die Berechnungen erfolgten mit einem der ersten leistungsfähigen Tischcomputer. Es ging nicht lange, und der junge Arthur Sutsch übernahm das Programmieren dieses Geräts.

Das weckte in ihm den Wunsch, die Astronomie mit der Computertechnik in Verbindung zu bringen. Den Sternenforscher interessierte eigentlich nicht die mühsame Arbeit des Beobachtens, der Umgang mit komplexen mechanisch-optischen Geräten, sondern die Auswertung der Daten, die damit entstehen, sagt er. «Also schien es mir logisch, dass diese Vorarbeiten automatisiert werden», erzählt er. Statt bei Kälte stundenlang hinter dem Teleskop zu sitzen, mit dem Risiko, aufgrund von Müdigkeit Fehler zu machen, sollte ein Computer diese Arbeiten erledigen.

Wie ein Uhrwerk

Es dauerte noch 17 Jahre, bis er seine Vorstellung eines computergesteuerten Teleskops in seiner Sternwarte in Alterswil umsetzen konnte. Er erinnert sich noch genau an die sechs Jahre, als er das Teleskop und die Steuerung mit Hilfe von Computerfachleuten konzipierte und baute. Am Ende funktionierte es genauso präzise, wie er sich das vorgestellt hatte. Seine Erfindung sorgte in der Fachwelt für grosses Aufsehen, und aus Kuwait erhielt er den Auftrag, dort ein grosses Observatorium zu bauen.

Analytisches Denken

Sutsch ist aber nicht «nur» Astrophysiker. Seine Begabung ist es, ein Problem analytisch und interdisziplinär anzugehen und dort Zusammenhänge herzuleiten, wo sie nicht auf den ersten Blick sichtbar sind. Er stellte zum Beispiel die Verbindung zwischen der computergestützten Bildverarbeitung aus der Astronomie zur Medizin her: So entstand die erste automatische Früherkennung einer häufigen Form von Brustkrebs, den Mikrokalzifikationen. In den 1970er-Jahren übertrug er die Technik der computergesteuerten Sternensuche auf die Bündelung von Solarkraft und wirkte mit seinen Berechnungen bei der Entwicklung grosser thermischer Solarkraftwerke mit.

Arthur Sutsch hat sein Talent genutzt und eine Firma gegründet, die genau auf das spezialisiert war: Probleme zu lösen. Er nutzte die Anwendungen aus der Astrophysik, um im Bereich Oberflächenkontrolle neue Wege zu gehen: für CD und Kugellager zum Beispiel oder auch für kritische Teile wie den Schaufeln in einem Düsentriebwerk von Flugzeugen.

Technik als Stütze

Er sei sich des Nutzens der neuen technischen Entwicklungen sehr bewusst, zumal er selbst zeit seines Lebens von ihnen profitiert beziehungsweise sie mitbestimmt habe, sagt er. Gleichzeitig nimmt er aber bewusst Abstand von einer Verherrlichung der sich bietenden Möglichkeiten. «Der Mensch sollte die Technik so nutzen, dass er gewisse Arbeiten auslagern kann, um mehr Zeit und Raum zu haben für anderes, Wichtigeres», sagt er. Er fügt sogleich ein grosses Aber hinzu: Die Technik dürfe dem Menschen nicht das Denken abnehmen. «Der Mensch muss selber entscheiden können.» Er stelle fest, dass die Tendenz, der Technik blind zu vertrauen, immer mehr zunehme. «Unsere Welt ist heute voll von unnützen Informationen», sagt Arthur Sutsch. «Sie gehen in ein Ohr hinein und beim anderen wieder hinaus, ohne dass wir verwertbare Informationen daraus ziehen können.» Für den menschlichen Geist sei es in dieser Fülle sehr schwierig, zu unterscheiden, was richtig und wichtig sei. Die Leute hätten es auch verlernt, richtig miteinander zu sprechen, konzentriert zu diskutieren. «Es wird teilweise nur noch geschwafelt.»

Physik begreiflich machen

Arthur Sutsch wünscht sich, dass der Mensch wieder mehr das tut, was einen Wissenschaftler auszeichnet: Zu überlegen, zu zweifeln und neugierig zu sein. Ein junger Mensch solle beispielsweise auf einem Computer nicht nur spielen, sondern sich die Frage stellen, wie so ein Spiel und der dazugehörige Computer überhaupt funktionieren. «Das Gerät auseinandernehmen, statt nur Knöpfe drücken.»

Genau diese verloren gegangene Fähigkeit möchte Arthur Sutsch wieder wecken. Er bereitet eine Fernsehserie über die Physik und den Kosmos vor. Sein Ziel: Ein komplexes Gebiet so zu erklären, dass es für Nicht-Wissenschaftler verständlich und interessant ist, ohne zu polarisieren. Er möchte damit falsche Vorstellungen korrigieren und vor allem junge Menschen dazu animieren, die Welt zu hinterfragen. «Wer sich mit dem Weltall befasst, wird zwangsläufig zum Fragenden.»

«Heute fehlen zukunftsträchtige Ideen, welche die Menschheit weiterbringen», sagt Arthur Sutsch. Für ihn war der US-amerikanische Präsident John F. Kennedy ein solcher Vorausdenker: Sein legendäres Versprechen im Jahr 1961, vor Ende der Dekade einen Menschen auf den Mond zu bringen, habe die Amerikaner begeistert und die Grundlagen für die heutige Miniaturisierung und Computertechnik gelegt. «Er hat einen Weg vorgegeben und ein klares Ziel formuliert», sagt Arthur Sutsch. Heute sei die Technik zwar da, und es gebe Tausende von Möglichkeiten, um riesige Fortschritte zu machen. «Doch alle Ideen werden zerredet.» Visionen würden im Keim erstickt, sobald es um die Finanzierung gehe. «So werden wir nicht weiterkommen.»

Klimaschutz ernst nehmen

Wo steht die Menschheit in einigen Jahren? Arthur Sutsch macht keine langfristigen Prognosen. Er hofft aber, dass ein fundamentales Umdenken über Klimaschutz stattfinden wird. Plastikverpackungen, die nicht nur enorme Umweltprobleme verursachen, sondern immer mehr auch als Verursacher von krebserregenden Stoffen entlarvt werden, sollen möglichst verschwinden. «Es gibt bereits heute ein Konkurrenzprodukt, das aus Mais hergestellt wird, genau gleich gut ist, aber viel weniger kostet», erklärt Arthur Sutsch mit Begeisterung. «Und man kann die Verpackung essen, ist das nicht wunderbar?»

Die Wissenschaft werde der Menschheit neue Wege zeigen, ist Arthur Sutsch überzeugt. Die Nanotechnologie etwa eröffne ungeahnte Möglichkeiten. «Der Mensch muss dann entscheiden, was er daraus machen will.»

Wer sich mit dem Weltall befasst, wird zwangsläufig zum Fragenden.

Es fehlen heute zukunftsträchtige Ideen, welche die Menschheit weiterbringen.

Astronomen sind Leute, die anders denken.

Die Technik darf dem Menschen nicht das Denken abnehmen.

Zur Person

Grenzüberschreitender Wissenschaftler

Arthur G. Sutsch ist am 12. Juni 1946 in Nürnberg zur Welt gekommen. Er besuchte das Gymnasium in Karlsruhe und baute sich da ein erstes, einfaches Linsenfernrohr. Als er 1962 ein Jahr als Gastschüler in den Vereinigten Staaten verbrachte, hatte er auch ein Teleskop im Gepäck. Er beteiligte sich dort an einem Wettbewerb für intelligente Schüler und gewann den ersten Preis, ein Studium an einer renommierten Hochschule der USA. Auf Wunsch seines Vaters jedoch kam er wieder nach Hause. Nach dem Abitur studierte er Philosophie, Germanistik und Anglistik. Vor seinem Astrophysikstudium machte er auf Wunsch seines Vaters eine Banklehre. Dieser pflegte als Bankier im Kanton Freiburg Geschäftsverbindungen. 1970 heiratete Arthur Sutsch Petra Hötzel. Sie ging mit ihm nach Alterswil und wirkte in all den Jahren als unterstützende Kraft und Ruhepol in den manchmal sehr hektischen Zeiten, wie Arthur Sutsch unterstreicht. Nach Ober-Geriwil sind sie gezogen, weil Arthur Sutsch dort – abseits der Lichter der Zivilisation – einen guten Standort für seine Sternwarte fand. Von 1973 bis 1978 setzte er seine Vision des ersten computergesteuerten Teleskops um, das zum Vorreiter der heutigen Grossteleskope wurde. 1998 wurde er für seine bahnbrechenden Pionierarbeiten in die New Yorker Akademie der Wissenschaften aufgenommen, eine Ehre, die an Wissenschaftler verliehen wird, die Grenzüberschreitendes und Grundlegendes geleistet haben. Im November 2000 wurden er und seine Frau zum englischen Lord und Lady of Grimthorpe ernannt, ein Adelstitel in der Grafschaft Yorkshire, der auf das Jahr 1066 zurückgeht.im

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