In der Gruppe A der WM in Katar treffen Gegensätze aufeinander: die Ausbildner-Nation Niederlande und die im Vergleich dazu konsumierende Nation Katar. Senegal und Ecuador komplettieren die Gruppe.
In der aktuellen Uefa-Koeffizientenliste nimmt die Niederlande den 7. Platz ein. Nur die grossen Ligen England, Spanien, Italien, Deutschland un Frankreich sowie Portugal stehen noch besser da. Die konsequente Förderung trägt Früchte. Vor 18 Jahren wurde die niederländische Fussballschule gegründet mit dem Ziel, die Kids mit einer ganzheitlichen Ausbildung an die global wichtigste Mannschaftssportart heranzuführen. Die ausgezeichneten Schulen der Klubs tun das ihre. Auf diese Weise versiegt die Quelle nie.
Starke heimische Liga
Die bekanntesten Klubs wie Ajax Amsterdam, Feyenoord Rotterdam oder PSV Eindhoven sind ihrerseits auf einem so hohem Niveau, dass für die besten Jungen keine dringende Notwenigkeit besteht, in die grössten Ligen zu ziehen. Sieht man von der laufenden, eher missratenen Saison ab, ist Ajax im Europacup ein Schwergewicht, das jeden schlagen kann.
Auf diese Weise ist es logisch, dass der in seiner dritten Amtszeit befindliche Nationalcoach Louis van Gaal erstklassige Spieler aus allen Richtungen für sein «Elftal»-Kader aufgeboten hat.
Die Absender-Klubs heissen unter anderen Manchester City, Bayern München, Inter Mailand, FC Liverpool, FC Barcelona, Borussia Dortmund, Bayer Leverkusen, Villarreal, Manchester United. Van Gaal berücksichtigt aber auch über ein halbes Dutzend Ajaciden. Das Ganze ergibt eine erstklassige Mischung und ganz zuletzt eine Mannschaft, die es mit allen aufnehmen kann.
Gute Form
Auch nach den Ergebnissen in der Nations League müssen die Niederländer nicht verzagen. Auch wenn nicht alle Nationaltrainer diesen Füllerwettbewerb der Uefa ganz ernst nahmen, so sind die beiden Siege der Niederlande gegen den Dauerrivalen Belgien (4:1 auswärts, 1:0 daheim) von einem gewissen Wert und einer gewissen Aussagekraft.
Es ist von Vornherein nicht auszumachen, welcher Gegner den Oranje den Sieg in der Gruppe A streitig machen könnte. Am wenigsten vermutlich Katars Mannschaft, die nur dank ihrer Rolle als Turnierorganisator erstmals an einer WM mittun kann. Die Schweiz verlor im November 2018 in Lugano ein Testspiel gegen Katar nach einem späten Konterangriff 0:1. Die Mannschaft von Vladimir Petkovic spielte dannzumal jedoch so schlecht, dass sich selbst die Araber nichts auf den Sieg eingebildet haben werden. Dennoch: Auf einer Mitte Oktober dieses Jahres gestarteten Zentralamerika-Tournee siegten sie nacheinander gegen Nicaragua, Guatemala, Honduras und Panama. In keinem dieser Spiele fingen sie mehr als ein Tor ein. Katars grösster Erfolg ist der Gewinn der Asienmeisterschaft 2019.
Mané statt Salah
Die Entscheidung in der WM-Qualifikation in Afrika ergab, dass nur einer der beiden damaligen Teamgefährten des FC Liverpool an die WM fahren würde: Mohamed Salah oder Sadio Mané. Denn Ägypten und Senegal trafen in der 3. Qualifikationsrunde in Hin- und Rückspielen aufeinander. Nach je einem 1:0 siegte Senegal im Penaltyschiessen.
Senegal mangelte es selten an den Fähigkeiten der einzelnen Spieler. Hinter Sadio Mané türmen sich unter zahlreichen anderen Kalidou Koulibaly (Chelsea), Moussa Niakhaté (Nottingham Forest), Abdou Diallo (Leipzig), Ismail Jakobs (Monaco) und Fodé Ballo-Touré (Milan).
Die individuelle Klasse war jedoch bis anhin besser als die Resultate an den Weltmeisterschaften. Die Aussichten, dass die Westafrikaner an ihrem erst dritten WM-Turnier zum zweiten Mal (nach 2002) in die K.o.-Spiele gelangen, stehen immerhin gut. Sie sind auch von Ecuador abhängig, das hinter der Niederlande ähnlich stark sein dürfte wie Senegal.
Ein paar ecuadorianische Spieler haben ähnlich hohe Marktwerte wie die besten Schweizer. Zu ihnen zählen Verteidiger Piero Hincapié von Bayer Leverkusen, Mittelfeldspieler Moises Caicedo und Verteidiger Pervis Estupiñan von Brighton sowie der in Los Angeles engagierte weitere Mittelfeldspieler José Cifuentes.
WM-Gruppe A
Die Teams im Vergleich
Katar: Es läuft wie geölt
Der WM-Debütant Katar wird vielleicht nicht die beste, aber ganz bestimmt die am besten eingespielte Mannschaft des WM-Turniers stellen. Allein in den Jahren 2021 und 2022 bestritten die Katari 33 Länderspiele. In der gleichen Periode trat die Schweizer Nati 20 Mal an, die EM-Endrunde 2021 nicht eingerechnet.
Ähnlich wie in der Leichtathletik, namentlich auf den Langstrecken, sind die Scheichs auch im Fussball offen für Einbürgerungen. Aus grossen Fussballnationen stammen die Assimilierten im aktuellen Kader indessen nicht. Sie kommen aus Sudan (3), Irak, Algerien, Marokko, Ägypten und Tansania. Ein gebürtiger Portugiese ist immerhin auch dabei.
Katar in Zahlen. – Einwohner: 2,7 Mio. – Hauptstadt: Doha. – FIFA-Ranking: 139. – Bisherige Teilnahmen an WM-Endrunden (1): 2022. – Rekordspieler: Hassan al-Haydos (163 Spiele). – Rekordtorschütze: Mubarak Mustafa (41 Tore). – Trainer: Felix Sanchez Bas (ESP, seit Juli 2017)
Ecuador: endlich ein Viertelfinal?
Ecuadors Nationalmannschaft, liebevoll «La Tri» (die Dreifarbige) genannt, ist in Südamerikas Fussball bestenfalls die fünfte Kraft. Und deshalb ist sie längst nicht an allen Weltmeisterschaften zugegen. In vier Anläufen ab 2002 erreichte Ecuador nur einmal – an der Sommermärchen-WM 2006 in Deutschland – die K.o.-Phase. Ein Tor von David Beckham nach einer Stunde liess Ecuador gegen England mit 0:1 ausscheiden. 2014 in Brasilien verlor Ecuador im ersten Gruppenspiel gegen die Schweiz in der 93. Minute. Das Tor von Haris Seferovic, das Valon Behrami in der Manier eines Footballers mit einem langen Sprint von im Stil eines American Footballers von zuhinterst einleitete, ist unvergesslich.
Ecuador in Zahlen. – Einwohner: 17,6 Mio. – Hauptstadt: Quito. – FIFA-Ranking: 22. – Bisherige Teilnahmen an WM-Endrunden (4): 2002, 2006, 2014, 2022. – Bestes WM-Resultat: Achtelfinal (2006). – Bester Torschütze der WM-Qualifikation: Michael Estrada (6 Tore). – Rekordspieler: Ivan Hurtado (168 Spiele). – Rekordtorschütze: Enner Valencia (34 Tore). – Bekannteste Spieler: Ivan Hurtado, Neicer Reasco, Antonio Valencia, Carlos Tenorio. – Trainer: Gustavo Alfaro (seit August 2020)
Senegal: viel Talent, wenig Ertrag
Senegals bestes WM-Turnier fiel in die Zeit der Schnapsidee-Regel «Golden Goal». Den Westafrikanern gelang im Eröffnungsspiel die Sensation des Turniers, indem sie mit Catenaggio und einem Tor des im November 2020 verstorbenen Papa Bouba Diop Titelverteidiger Frankreich mit 1:0 niederrangen. In den Achtelfinals siegte Senegal gegen Schweden dank einem Golden Goal, in den Viertelfinals verlor es gegen die Türkei – diesmal wegen eines Golden Goals. Insgesamt schaute über die Jahrzehnte zu wenig heraus, wenn man es dem Talent der senegalesischen Fussballer wie etwas Sadio Mané gegenüberstellt.
Senegal in Zahlen. – Einwohner: 17,2 Mio. – Hauptstadt: Dakar. – FIFA-Ranking: 18. – Bisherige Teilnahmen an WM-Endrunden (3): 2002, 2018, 2022. – Bestes WM-Resultat: Viertelfinal (2002). – Bester Torschütze der WM-Qualifikation: Famara Diédhiou (4 Tore). – Rekordspieler: Henri Camara (99 Spiele). – Rekordtorschütze: Sadio Mané (34 Tore). – Bekannteste Spieler: Sadio Mané, Idrissa Gueye, Cheikhou Kouyaté.. – Trainer: Aliou Cissé (seit März 2015)
Niederlande: Van Gaal, die Dritte
Louis van Gaal, der schillernde Globetrotter unter den Trainern, ist in seiner dritten Zeit als Bondscoach. Im November 2021 trat er ab, nachdem er in der Qualifikation für die WM 2002 in Japan und Südkorea gescheitert war. 2014 führte er die Mannschaft an der WM in Brasilien, wo er nach lauter Siegen in den Gruppenspielen (auch gegen Spanien) in der K.o.-Phase gegen Mexiko und Costa Rica weiterkam, um schliesslich in den Halbfinals nach Penaltyschiessen gegen Argentinien auszuscheiden.
Vielleicht kann der mittlerweile 71-Jährige die Oranje in seiner dritten Amtszeit ans Ziel führen. Das Potential und das Talent der «Elftal» sind beeindruckend. In der Gruppe mit Ecuador, Senegal und Katar müssten die Niederländer nicht übermässig stark gefordert sein.
Niederlande in Zahlen. – Einwohner: 17,6 Mio. – Hauptstadt: Amsterdam. – FIFA-Ranking: 8. – Bisherige Teilnahmen an WM-Endrunden (11): 1934, 1938, 1974, 1978, 1990, 1994, 1998, 2006, 2010, 2022. – Beste WM-Resultate: Zweiter (1974, 1978 und 2010). – Bester Torschütze der WM-Qualifikation: Memphis Depay (12 Tore). – Rekordspieler: Wesley Sneijder (134 Spiele). – Rekordtorschütze Robin van Persie (50 Tore). – Bekannteste Spieler: Virgil van Dijk, Memphis Depay, Nathan Aké, Matthijs De Ligt. – Trainer: Louis van Gaal (seit Juli 2021).
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