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Null-Toleranz bei Missbrauch

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Vor dem Strafgericht des Saanebezirks muss sich ab heute ein Betreuer einer Einrichtung für Behinderte verantworten. Ihm wird vorgeworfen, im Jahr 2013 eine geistig und psychisch beeinträchtigte Frau sexuell missbraucht zu haben (siehe Kasten). Mit einem Urteil ist erst im September zu rechnen. Ein (Einzel-) Fall, der aber die Frage nach der Prävention aufwirft. Die gute Nachricht vorweg: Es hat sich viel getan. «Wir sind noch sensibler und gehen mit Grenzverletzungen noch bewusster um», analysiert Markus Stöckli, Direktor der Sensler Stiftung für Behinderte, SSB.

Fall von Bern rüttelte auf

 Stöckli bezieht sich auf die Zeit vor 2011, als in Bern der grösste Missbrauchsfall der Schweiz die Öffentlichkeit und die Sozialbranche schockierte. Der Sozialtherapeut H.S. soll während fast 30 Jahren mehr als 120 Menschen mit Behinderung missbraucht haben. In der Folge haben sich zwölf Verbände, Organisationen und Institutionen in der verbandsübergreifenden Arbeitsgruppe Prävention zusammengeschlossen und gemeinsam die Charta zur Prävention von sexueller Ausbeutung, Missbrauch und anderen Grenzverletzungen verfasst. Der Einschätzung von Markus Stöckli stimmen auch André Schneuwly und Rahel Suter zu, Co-Geschäftsleiter der Stiftung Applico für Menschen mit psychischer Beeinträchtigung in Deutschfreiburg. «Die Situation in den Institutionen hat sich seither massgeblich verbessert, wir sind deutlich sensibilisierter.»

Präventionskonzepte

Neben der Charta Prävention gibt es sowohl in der SSB als auch bei Applico umfassende Konzepte im Umgang mit Grenzverletzungen respektive zur Gewaltprävention. Sexuelle Übergriffe stellen darin jeweils eine Teilproblematik dar. In diesem Zusammenhang ist es Maryse Aebischer, Dienstchefin des kantonalen Sozialvorsorgeamtes, ein Anliegen, die Gefahr von sexuellen Übergriffen in die richtigen Relationen zu setzen: «Ich bin seit zehn Jahren im Amt und bin seither erst mit zwei Fällen von sexuellem Missbrauch in Einrichtungen für behinderte Erwachsene konfrontiert worden.»

Dennoch gehört das genaue Hinschauen zu den zentralen Pflichten in der Arbeit mit behinderten oder beeinträchtigten Menschen, erklärt Stöckli: «Wer in einer Institution lebt, ist immer in einem Abhängigkeitsverhältnis.» Ganz besonders stark trifft dies auch für die Heimbewohner von Homato der Stiftung Les Buissonnets in der Stadt Freiburg zu. Dort leben schwer- oder mehrfachbehinderte Menschen. «Das Einbeziehen des familiären und persönlichen Umfeldes der betreuten Person ist eine fest integrierte Säule in unserem Betreuungskonzept und ist uns sehr wichtig», erklärt der Gesamtleiter von Homato, Mario Seebacher.

Meldeverfahren

SSB, Applico und Homato haben alle drei ein internes Meldeverfahren auf die Beine gestellt, welches regelt, an wen sich Mitarbeiter oder Betroffene im Verdachtsfall oder bei einer konkreten Verletzung wenden können. Seit 2011 neu ist auch, dass bei der Anstellung von Betreuerinnen und Betreuern ein Strafregisterauszug verlangt wird und im Rahmen eines sorgfältigen Anstellungsprozesses bewusster Referenzen unter anderem bei ehemaligen Arbeitgebern eingeholt werden. Die Zustimmung zum jeweiligen Präventionskonzept ist zudem zwingender Bestandteil eines Einstellungsgesprächs: «Das Bekenntnis zur Null-Toleranz gehört dazu», so Markus Stöckli.

Massnahmen im Alltag

Klare, nachvollziehbare Abmachungen, Regeln, Werte und Abläufe bestimmen den Arbeitsalltag. So werden bei Homato etwa pflegerische Handlungen wenn notwendig zu zweit ausgeführt, keinesfalls aber hinter verschlossenen Türen. Ein wichtiger Punkt für die Prävention ist auch die Selbstkompetenz der Betreuten. «Das Thema Sexualität soll im institutionellen Rahmen ein offenes und alltägliches Thema sein. Alle zwei Monate greifen wir mithilfe von Bildern und Fragestellungen diverse Themen zu Grenzverletzungen auf», erzählt Markus Stöckli von SSB. «Dein Körper gehört dir» oder «Du hast das Recht, Nein zu sagen», sind dabei wichtige Botschaften.

Forderungen an Kanton

Obwohl schon viel getan wird zur Verhinderung von sexuellen Übergriffen, wünschen sich alle drei befragten Einrichtungen eine stärkere Unterstützung durch den Kanton. Sie würden auch die Schaffung einer zentralen Meldestelle begrüssen. Sie hoffen zudem auf eine baldige Verabschiedung des Gesetzes über Menschen mit Behinderung sowie des Gesetzes über die Sondereinrichtungen und die professionellen Pflegefamilien für Minderjährige. Sie sollen die Ziele und Grundsätze der zukünftigen kantonalen Politik für Menschen mit Behinderung konkretisieren. Die Gesetze regeln unter anderem die Betriebsbewilligungen und die Qualitätskriterien, an welche sich die Einrichtungen halten müssen. «Der Kanton hätte die Gesetze schon längst verabschieden sollen», bemängelt André Schneuwly von Applico.

Geplante Massnahmen

Maryse Aebischer vom Sozialvorsorgeamt, welches auch als Aufsichtsbehörde fungiert, sagt dazu, dass der Staatsrat bereits 2010 ein kantonales Konzept verabschiedet und teilweise umgesetzt habe. Dieses regle die Beziehungen zwischen den Institutionen für Menschen mit Behinderung und dem Staat. Die Gesetzgebung zur allgemeinen Politik für Menschen mit Behinderung sollte zudem auf den 1. Januar 2018 in Kraft treten. «Im Konzept wie in der Gesetzgebung ist auch ein externes Schlichtungsverfahren vorgesehen, welches es Menschen mit Behinderung und Institutionen ermöglicht, zur Regelung von Streitigkeiten eine Kommission zu beauftragen.»

 Aebischer betont aber, dass der Kanton schon heute einiges tue, um dem Problem von Grenzverletzungen und sexuellen Missbräuchen zu begegnen. «Freiburg ist einer der wenigen Kantone, die für die Beaufsichtigung der Institutionen für Menschen mit einer Behinderung auf eine ‹Inspektionsstelle› zählen kann. Unsere beiden Inspektoren untersuchen namentlich auch das Wohlbefinden der in der Institution lebenden Personen.» In ihrem Amt könnten überdies schon heute Probleme gemeldet werden, so Aebischer. «Wir haben die Möglichkeit, für einzelne Situationen angemessene Massnahmen zu ergreifen und zum Beispiel psychologische Unterstützung zu finanzieren.»

Restrisiko bleibt

Gesetze und Regelungen bringen aber nur etwas, wenn in den Einrichtungen insgesamt eine Kultur der Transparenz und der Kommunikation herrscht. «Eine solche Kultur lässt sich nicht per Charta verordnen. Sie muss in einer Institution gelebt werden», sagt Mario Seebacher. Dabei sei die Haltung der Heimleitung ein zentraler Aspekt für eine effiziente Prävention. Und schliesslich gibt er zu bedenken: «Beziehungen zwischen Menschen sind nie zu hundert Prozent risikolos.»

«Wer in einer Institution lebt, ist immer in einemAbhängigkeitsverhältnis.»

Markus Stöckli

Direktor Sensler Stiftung für Behinderte, SSB

«Wir sind deutlich sensibilisierter.»

Rahel Suter und André Schneuwly

Co-Geschäftsleitung Applico

 

Fall vor Gericht: Das Opfer war geistig und psychisch beeinträchtigt

V or dem Strafgericht des Saanebezirks steht ab heute ein 26-jähriger Mann, der zwischen 2012 und 2013 in einer Sozialeinrichtung im Saanebezirk als Fachkraft Gesundheit angestellt war. Die Institution steht sowohl unter Aufsicht der Volkswirtschafts- als auch der Erziehungsdirektion. Dem Mann wird vorgeworfen, eine heute 24-jährige Frau, welche geistig und psychisch beeinträchtigt ist, sexuell genötigt und missbraucht zu haben. Laut Anklageschrift kam es zu mehreren sexuellen Berührungen am Opfer gegen dessen Willen. Der Täter zwang die junge Frau zudem, ihn mit der Hand zu befriedigen. Schliesslich schickte er ihr mehrere pornografische SMS von sich, obwohl sie ihn gebeten hatte, dies zu unterlassen. Der Angeschuldigte wurde verwarnt, nachdem er des Nachts in einem Zimmer mit zwei Heimbewohnerinnen überrascht worden war. In der Folge kündigte er seine Stelle. rsa

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