Um seine Leidenschaft ausüben zu können, steckt Triathlet Baptiste Neuhaus in anderen Lebensbereichen zurück. Nach seinem ersten Ironman vom Sonntag in Thun will der Freiburger an der WM über die Halbdistanz in die Top 5 laufen.
Am Sonntag ist es für Baptiste Neuhaus so weit: In Thun wird er seinen ersten Ironman bestreiten. Short Distance, olympische Distanz oder Halb-Ironman – der Freiburger ging bereits in den verschiedensten Triathlonformaten an den Start. Die Königsdisziplin, der Kampf über 3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und 42,195 km Laufen, stellt für den 28-Jährigen aus Treyvaux aber eine Premiere dar. «Ich denke, es ist das richtige Alter, um zu schauen, zu was ich über diese Distanzen fähig bin», sagt Neuhaus, der im Mai den Berner Triathlon über die Kurzdistanz gewonnen hatte und zuletzt beim Halb-Ironman in Rapperswil mit Rang 5 in seiner Alterskategorie nicht zufrieden sein konnte. Nachdem er zuvor Leichtathletik betrieben hatte, absolvierte Neuhaus mit 14 seinen ersten Triathlon. Doch erst sieben Jahre später startete der 175 Zentimeter grosse und 62 Kilogramm leichte Athlet so richtig mit einem fundierten Training, das ihm die Qualifikation für die Weltmeisterschaften im Halb-Ironman vom August in Finnland einbrachte.
«Für anderes hab ich später noch genug Zeit»
Erst einmal steht jedoch sein Ironman-Debüt an. «Ich habe noch nie ein Rennen gemacht, das mehr als vier Stunden dauert. Ich werde meine Kräfte gut einteilen und auf die Ernährung achtgeben müssen», blickt Neuhaus voller Vorfreude nach Thun. In Sachen Trainingsvolumen habe er hinsichtlich der neuen Herausforderung nicht viel verändert. «Aber natürlich fuhr ich längere Runden mit dem Rad oder schwamm grössere Distanzen. Und ich passte das Tempo dem eines Ironmans an.» Eine grosse Stütze war Neuhaus während der Vorbereitung Patrick Cometta, mit dem er oftmals trainieren ging. Der Gurmelser ist seit diesem Jahr Triathlon-Profi und bestritt unter anderem auch schon den legendären Ironman auf Hawaii. «Ich kann von seinen Erfahrungen nur profitieren. Wir haben ungefähr das gleiche Niveau und einen ähnlichen Körperbau. Zudem verstehen wir uns auch sonst sehr gut. Ich kann ihm für seinen Support nur einen Dank aussprechen.» Zentral sei für ihn am Sonntag vorab, dass er Freude am Rennen habe. «Und ich möchte eine Zeit von um die neun Stunden erreichen. Ich hoffe, von physischen und materiellen Problemen verschont zu werden.»

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Neuhaus investiert viel, um in seinem Sport erfolgreich sein zu können. Zurzeit arbeitet der gelernte Förster mit einem 40-Prozent-Pensum bei Mahu Sport in Plaffeien. «Das erlaubt mir, gut zu trainieren und mich angemessen zu erholen. Sogar während der Arbeit kann ich so über Mittag laufen gehen oder aufs Rad steigen.» Es versteht sich von allein, dass einzig mit dieser Teilzeitarbeit der Lebensunterhalt nicht verdient werden kann. «Ich konnte einige Sponsoren finden, die mich unterstützen. Das kostet mich aber viel Energie. Ich frage die Leute nicht gerne um Geld an… Um meinen Sport so ausüben zu können, wie ich es momentan mache, muss das aber sein.» Er habe das grosse Glück, mit seiner Freundin, die Vollzeit arbeitet, zusammen zu wohnen. «Ansonsten lebe ich sehr einfach; wir haben nur ein Auto, und Ferien mache ich keine – bis auf die Wettkämpfe.» Keine Kompromisse geht Neuhaus derweil für die richtige Ernährung und das qualitativ hochwertige Material ein – diese Aspekte seien zentral für einen erfolgreichen Triathlon. «Die 40 Prozent erlauben es mir letztlich, zu bezahlen, was Ende des Monats zu bezahlen ist, wie Steuern oder Versicherungen. Für den Moment ist das gut so, aber ich weiss, dass es nicht ewig so sein wird. Triathlon ist meine Leidenschaft. Für anderes habe ich später noch genug Zeit. Auf schöne Erlebnisse zurückblicken zu können, ist das, was zählt – und voll auszuleben, was dich passioniert.»
Trainingsvariationen gegen die Monotonie
Seine Leidenschaft diktiert denn auch das Leben des Freiburgers. «Morgens gehe ich laufen, dann steige ich aufs Rad. Nicht selten trainiere ich alle drei Disziplinen an einem Tag. Die Frage nach der Motivation stellt sich für mich gar nicht mehr. Es ist einfach so. Es ist ein Lebensstil. Und der Triathlon vereint drei Sportarten, die super miteinander korrespondieren.» Neuhaus räumt ein, dass bei der Ausübung dieser Ausdauersportarten zuweilen etwas Monotonie aufkommen könne. «Ich sehe deshalb jeden Tag als Herausforderung. Wenn ich weiss, dass ich heute ein hartes Schwimmtraining auf dem Programm habe, belohne ich mich damit, im Nachgang einen Kaffee trinken zu gehen. Es sind kleine Dinge, die mich antreiben.» Zudem bringe er Abwechslung in sein Training, indem er statt aufs Rennrad alternativ auf das Mountainbike steige oder statt auf der Strasse zu laufen in die Berge gehe. «Durch diese Variationen wird das Training weniger eintönig.»

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Ganz gefeit von einem gewissen Verdruss sei aber auch er nicht, erklärt Neuhaus. «Wenn ein Tag mal wirklich hart ist und mir die Motivation fehlt, dann sag ich mir, dass ich da durchmuss, wenn ich für den Wettkampf bereit sein will.» Manchmal müsse man eben hart mit sich selbst sein. «Nur Disziplin und regelmässiges Training erlauben es dir, Fortschritte zu erzielen. Einfach eine Woche nichts zu machen, weil die Lust fehlt, das geht nicht. Der Trainingsplan ist konsequent.» Das ist auch erforderlich, will Neuhaus seine ambitionierten Ziele erreichen. «Ende Jahr muss ich entscheiden, ob ich die Profilizenz will oder nicht.» Dieser Status würde es erlauben, sich kurzfristig für Rennen einzuschreiben und mit den Besten starten zu können. «Aktuell fühle ich mich noch nicht bereit. Dazu fehlt mir das Niveau noch. Ich benötige dazu noch dieses Jahr.»
Nach dem Rennen ist vor dem Rennen
Ein wichtiger Gradmesser wird für Neuhaus deshalb die Halb-Ironman-WM vom 26. und 27. August in Lahti sein. «In meiner Alterskategorie (25 bis 29 Jahre – Red.) wird das Niveau sehr, sehr hoch sein. Wenn ich die Top 5 erreiche, habe ich meine Mission erfüllt.» Um das zu schaffen, müsse er aber in allen drei Disziplinen starke Leistungen abrufen können. «Letztlich wird es auf die Tagesform ankommen. Laufe ich in die ersten zehn, wäre ich darum auch nicht enttäuscht. Alles, was schlechter ist, wäre hingegen nicht das, was ich mir vorstelle.» Noch aber ist es ein paar Wochen hin bis zur WM in Finnland – und erst einmal steht die Ironman-Premiere in Thun an. «Die Erholung danach wird nicht zu vernachlässigen sein. Schon nächste Woche werde ich zwar wieder mit leichtem Training beginnen, aber alles sehr sanft und indem ich auf meinen Körper hören werde.» Erst später werde er die Intensität und das Trainingsvolumen wieder erhöhen. «Schliesslich wird das Tempo beim Halb-Ironman wieder schneller sein, als es in Thun der Fall sein wird.»
Baptiste Neuhaus ist entschlossen und hat Grosses vor. Mit seinen 28 Jahren hat er die besten Zeiten als Triathlet noch vor sich. «Der Peak im Halb-Ironman liegt zwischen 30 und 38 Jahre, ja sogar 40, wenn der Körper es mitmacht. Aber die Jahre gehen schnell vorüber.» Deshalb lebt Neuhaus seine Leidenschaft genau jetzt voll aus – ohne Zugeständnisse.
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