Autor: Nicole Jegerlehner
Das erste Mal, als ich es hörte, war ich beim Zahnarzt. Etwas genervt sah dieser hinter seinem Mundschutz hervor und meinte: «Eine gründliche Zahnpflege braucht nur fünf Minuten im Tag – diese Zeit sollten Sie schon aufbringen.» Später wars die Coiffeuse: «Sie brauchen morgens nur fünf Minuten mehr, und Ihr Haar erhält einen wunderbaren Glanz.» Dann die Podologin: «Täglich nur fünf Minuten, und ihre Zehennägel sind schön wie nie zuvor.»
Auch der Mann mit Waschbrettbauch meinte nach meinem neidischen Blick auf seine gestählten Muskeln: «Ach, nur fünf Minuten täglich die Muskeln trainieren, das reicht.» Als ich mit verspannter Nackenmuskulatur bei der Osteopathin war, riet mir diese: «Täglich fünf Minuten einige Lockerungsübungen, und sie fühlen sich wie neu geboren.»
Die Pflanzen giessen, die Kopfhaut massieren, die Hornhaut an den Füssen abfeilen, die Nachrichten verfolgen; alles braucht nur fünf Minuten. Die Katze will gestreichelt und gefüttert werden – in fünf Minuten ist auch das erledigt. Und im Radio hörte ich: «Nur fünf Minuten Hirntraining im Tag, und Ihr Gedächtnis bleibt fit bis ins hohe Alter.»
Auch ohne tägliches Hirntraining wird mir klar: Nebst acht Stunden Schlaf, zwei Stunden fürs Mahlzeitenzubereiten und Essen und all diesen nötigen Fünf-Minuten-Einsätzen – bleiben mir am Tag noch ganze fünf Minuten für die Arbeit. Mal sehen, was mein Chef dazu meint.